Der Norweger von Hertha BSC: Per Skjelbred: Mit dem Herz auf dem Platz
Beim 0:0 gegen Eintracht Frankfurt erinnert Hertha BSC wieder ein bisschen an die Vorrunde. Dabei steht der Kämpfer Per Skjelbred sinnbildlich für den Auftritt.
Per Skjelbred wurde gleich in ärztliche Obhut genommen, und das schien auch dringend geboten. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC war schon kurz vor dem Abpfiff in die Knie gegangen, weil er nicht mehr konnte, nachdem er gerade ein letztes Mal vom einen Ende des Platzes zum anderen gespurtet war. Kein Spieler hatte mehr Kilometer abgerissen als Skjelbred, kein Berliner mehr intensive Läufe absolviert. Es hätte sich also niemand wundern müssen, wenn der Norweger gleich nach dem Schlusspfiff ins Sauerstoffzelt überwiesen worden wäre. Doch der Arzt, der ihn am Ende des Spielertunnels in Empfang nahm, war der Dopingkontrolleur. Auch das war irgendwie typisch. Selbst als der Arbeitstag eigentlich zu Ende war, ging es für Per Skjelbred immer noch weiter.
„Per ist ein guter Junge. Er lässt sein Herz auf dem Platz“, sagte Herthas Trainer Pal Dardai nach dem 0:0 seiner Mannschaft beim Europapokal-Halbfinalisten Eintracht Frankfurt. „Jeder junge Spieler kann von ihm lernen und ihn als Vorbild nehmen.“ An diesem Nachmittag in Frankfurt am Main stand Skjelbred geradezu sinnbildlich für die ganze Hertha. Für eine Mannschaft, der man nicht besonders viel zugetraut hatte und die dann mit ihrer Leistung an deutlich bessere Zeiten erinnerte. „Ich finde, es war eine der besten Leistungen der Rückrunde“, sagte Valentino Lazaro.
Skjelbred, fast 32 inzwischen, stand erst zum neunten Mal in dieser Saison in der Startelf – und das auch nur, weil die Stammbesetzung im defensiven Mittelfeld, Marko Grujic und Arne Maier, nicht verfügbar war und Fabian Lustenberger wegen der Personalprobleme in der Abwehr als Innenverteidiger gebraucht wurde. „Er hat vorbildliche Arbeit abgeliefert“, sagte Trainer Dardai über Skjelbred. Ähnlich äußerte er sich über das gesamte Team.
Skjelbred lief nicht nur alle Lücken im defensiven Mittelfeld zu, er brachte auch Struktur in Herthas Spiel, lenkte es mit guten Pässen und suchte, wenn sich die Möglichkeit bot, auch den Weg nach vorne. Drei Torschüsse wurden ihm am Ende zugeschrieben. Kein Spieler auf dem Platz hatte mehr. Beim letzten Versuch unmittelbar vor Ablauf der regulären Spielzeit und trotz Unterzahl wegen Klünters Platzverweis hätte er beinahe noch das 1:0 für Hertha erzielt, scheiterte aber an Frankfurts Torhüter Kevin Trapp. „So bleibt ein bitteres Gefühl“, sagte Dardai, der Skjelbred aber wegen der vergebenen Chance „null Komma null Vorwürfe“ machte.
„Es war eine der besten Leistungen der Rückrunde“, findet Lazaro
Hertha hätte den Sieg verdient gehabt. Die Berliner wirkten griffiger als die Eintracht, weniger fehlerhaft und besser strukturiert. „Wir haben geilen Fußball gespielt, sind offensiv und mutig aufgetreten, waren aktiv gegen den Ball und sind früh angelaufen“, sagte Lazaro. „Man hat gemerkt, dass Frankfurt immer mal wieder unsicher war.“
Die Unsicherheit hätte man eher bei Hertha vermutet – nach knapp zwei Monaten ohne Sieg in der Fußball-Bundesliga, nach gerade mal einem Punkt (zu Hause gegen den Tabellenletzten Hannover 96) aus den jüngsten sechs Spielen und dem Trubel rund um den angekündigten Abschied von Trainer Dardai. So war das Spiel weniger wegen seines Ergebnisses als wegen des Auftritts der Mannschaft durchaus als Erfolg für Hertha zu bewerten. „Es ist auf jeden Fall ein guter Schritt gewesen“, sagte Lazaro, „auch fürs Selbstvertrauen riesig.“
Hertha gelingt ein Erfolg gegen die Zweifel
Es war auch ein Erfolg gegen die aufkommenden Zweifel und Selbstzweifel, gegen den im Raum stehenden Vorwurf, dass die Mannschaft, ohne jede Ambition nach oben und ohne Gefahr nach unten, die Saison in aller Gemächlichkeit austrudeln lassen würde. Gegen Frankfurt zeigten die Berliner, was sie auch in der besten Phase der Hinrunde ausgezeichnet hatte: Sie waren gut organisiert, eifrig und in der Lage, einem vermeintlich deutlich überlegenen Gegner mit ihren Mitteln beizukommen. „Jeder war frei im Kopf“, sagte Innenverteidiger Karim Rekik. „Wir haben gezeigt, dass wir gut Fußball spielen können. Aber um uns als Team zu verbessern, müssen wir dieses Niveau konstant halten.“
Es war wichtig, dass die Spieler, die zuletzt wenig Grund zur Freude hatten, sich noch einmal ihrer Qualität vergewissern konnten. „Jeder hat für sich verstanden, dass wir es besser machen müssen, und hat noch ein paar Prozent drauf gelegt“, sagte Kapitän Vedad Ibisevic. „Die Jungs wollen, das hat man gesehen.“ Es ist ein Irrglaube, dass es für Hertha in dieser Saison um nichts mehr geht. Es geht um einen guten letzten Eindruck – und damit auch ein gutes Gefühl für die neue Saison, wenn die Mannschaft von einem neuen Trainer angeleitet wird.