FC Bayern München - Juventus Turin: Pep Guardiola setzt auf Joshua Kimmich
Joshua Kimmich hat sich in das Herz seines Trainers Pep Guardiola gespielt – und wird auch gegen Juventus Turin für die Bayern verteidigen.
Vermutlich kommt am Ende seiner Ära beim FC Bayern München niemand auf die Idee, Pep Guardiola als väterlichen Trainer-Typen zu bezeichnen. Mittlerweile ist er zwar in dem Alter, in dem ein paar der Spieler des FC Bayern locker seine Kinder sein könnten. Und es mag auch sein, dass er den einen oder anderen schwer vermissen wird, wenn er in der kommenden Saison die Mannschaft von Manchester City die hohe Kunst des Ballbesitzfußball lehrt. Das aber betrifft vor allem den Fußballtrainer Guardiola.
Und doch gibt es da einen Spieler, für den er so etwas wie väterliche Gefühle zu hegen scheint. „Ich liebe Joshua Kimmich“, sagte er neulich über jenen 21-Jährigen, der im Moment in aller Munde ist, weil er ziemlich abgeklärt in der Abwehr der Münchner spielt, auf einer Position, die bis vor ein paar Wochen fremdes Terrain für den gelernten Mittelfeldspieler gewesen war.
Auch im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Juventus Turin an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF live) wird es bei den Kontern der Italiener auf das Stellungsspiel Kimmichs ankommen. Er gilt mittlerweile schon als Kandidat für die EM. „Wenn einer auf dem Niveau regelmäßig beim FC Bayern Champions League spielt, ist er immer eine Option für die Nationalmannschaft“, findet Philipp Lahm.
"Er hat Herz, hat Leidenschaft"
Guardiola wirkt bei Kimmich wie ein ehrgeiziger Sportler-Papa, der aus dem Sohnemann einen ganz Großen machen will. Denn er hat in seiner Karriere, in der als Fußballspieler und der nun als Trainer, schon viele Hochbegabte erlebt. Einige starteten durch, andere stagnierten.
Der FC Bayern gilt als besonders hohe Hürde für junge Spieler. Die Liste der Talente, die beim Rekordmeister gescheitert sind, ist lang. Guardiola weiß, es hat nicht nur mit Begabung zu tun, ob der Durchbruch gelingt. Sondern auch mit dem Willen, sich ständig zu verbessern und sich nicht damit zufrieden zu geben, bei einem Spitzenklub gelandet zu sein, ein schnelles Auto und einige andere Annehmlichkeiten genießen zu können. „Unglaublich, wie er sich auf dieser Position entwickelt hat“, sagt Kapitän Lahm. „Man sieht, was alles möglich ist, was man umsetzen kann, wenn man willig ist und gerne lernt.“ Für Guardiola bringt Kimmich „absolut alles mit. Er hat Herz, hat Leidenschaft.“
Es gab auch Zweifler
Als die Bayern auf Empfehlung ihres Talentspähers Michael Reschke den Spieler im vergangenen Sommer dem VfB Stuttgart für 8,5 Millionen Euro abkauften, kannten Kimmich vor allem die Liebhaber der Zweiten Liga – er war für zwei Jahre an RB Leipzig ausgeliehen worden – und jene, die im Juni die U-21-EM in Tschechien verfolgt hatten. Zweifler, ob der Schritt nicht zu früh komme, gab es genügend im Umfeld. Für Horst Hrubesch, Kimmichs Trainer in der U21, war hingegen klar, „dass es der richtige Weg ist. Das gilt nicht für jeden, aber dieser Junge bringt eben Eigenschaften mit, die einfach gut sind.“
Das hat auch Guardiola schnell festgestellt und das Juwel behutsam aufgebaut. In der Hinrunde kam Kimmich zu zehn Bundesliga-Einsätzen und fünf in der Champions League, allerdings stets im Mittelfeld. Als im Februar sich ein Innenverteidiger nach dem anderen verletzt abmeldete, kam dem Trainer die Idee, es mit Kimmich zu versuchen – und erntete nicht nur Lob. Zu klein, zu unerfahren, so hieß es. Der Trainer stärkte Kimmich den Rücken, lobte ihn in der Öffentlichkeit regelmäßig, manchmal auch eine Spur zu überschwänglich. Bei Kimmich kann er aber sicher sein, dass solche Schwärmereien keine Auswirkungen auf den Trainingseifer haben. Das Hinspiel in Turin war dann die Reifeprüfung für den gebürtigen Schwaben, allerdings mit Makeln behaftet.
Nur Sammer ist der Hype zu viel
Eine Stunde lang spielte er souverän, ehe ihm zwei kleine, aber folgenschwere Fehler unterliefen, die zu den beiden Gegentreffern führten und die Bayern statt mit einem komfortablen 2:0 nur mit einem 2:2 ins Rückspiel starten lassen. Er ließ sich davon nicht beirren, sondern machte es gegen den nächsten großen Gegner, Borussia Dortmund, gleich besser. Hinterher schwärmten alle von Kimmich, am meisten natürlich Guardiola – nachdem er ihn zuvor mitten auf dem Platz noch zurechtgewiesen hatte. Nur Sportvorstand Matthias Sammer ist der Hype zu viel, er fordert Mäßigung. In diesem Sinne monierte Sammer: „Wir sind Weltmeister im Übertreiben.“
Sein Trainer manchmal auch.