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Pep Guardiola hat sich nicht nur Freunde gemacht in seiner Zeit beim FC Bayern München.
© AFP

Bayern München gegen Atlético Madrid in der Champions League: Pep Guardiola: Sein letzter Schuss

Was bleibt von Pep Guardiola, wenn er nach dieser Saison den FC Bayern verlässt? Die Antwort auf diese Frage hängt auch vom Rückspiel gegen Atlético Madrid ab.

Tief in seinem Herzen müsste sich Pep Guardiola glücklich wähnen. Vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Atlético Madrid (20.45 Uhr/live im ZDF) wird in der Öffentlichkeit lebhaft über die Aufstellung seines FC Bayern diskutiert, über die Taktik auch. Es geht also um fachspezifische Themen. Ganz so, wie es der 45-Jährige liebt. Unglücklich nur aus Sicht des Trainers, dass beide Komplexe lediglich die Brücke zu einem viel größeren, viel kontroverser diskutiertem Gebiet schlagen: Es geht um Guardiola selbst. Um sein Wirken und Handeln beim FC Bayern.

Das ist nur normal, nun, da sein Ende als Trainer des deutschen Rekordmeisters näher rückt. Guardiola wird in der kommenden Saison Manchester City in der englischen Premier League trainieren. Er hat es selbst so gewählt. Zwei Spiele in der Bundesliga bleiben ihm noch, eines im DFB-Pokal, das Finale. Soviel ist sicher. Vermutlich wird er mit seiner Mannschaft in beiden Wettbewerben triumphieren und auch wenn es sich grotesk anhört – zwei Titel mehr, darauf wird es am Ende nicht ankommen. Sie werden das Urteil nicht mildern, wenn es darum geht, Guardiolas Arbeit einzuordnen. Worauf es ankommt, ist dieser eine Pokal, für dessen Gewinn ihn der FC Bayern vor drei Jahren angeheuert hatte, auf den sie seitdem aber vergeblich warten: die Champions League. Das Rückspiel gegen Atlético Madrid ist wohl das wichtigste für den Katalanen als Trainer des FC Bayern München.

An Thomas Müller entzündete sich die ganze Diskussion um Guardiolas Eigensinn

Dass sich der Fokus vor dem Rückspiel hauptsächlich auf Guardiola richtet, liegt in erster Linie an: Guardiola. Es war seine Aufstellung im Hinspiel bei Atlético Madrid, die zuerst für Verwunderung und später für Kopfschütteln sorgte, als Bayern 0:1 verlor. Ohne eigenen Treffer gegen die Defensivkünstler von Atlético geblieben zu sein, ist eine nicht zu unterschätzende Hypothek fürs Rückspiel. Guardiola hatte Franck Ribéry zunächst draußen gelassen und Thomas Müller auch. Ribéry, gut, der war lange verletzt. Aber Müller? Der war gesund. Ihn nicht zu bringen, wurde dem Trainer als folgenschwere Fehlentscheidung ausgelegt. Auch intern soll sich das Verständnis dafür in Grenzen gehalten haben. Weil Müller immer für Tore gut ist, auch wenn er nicht gut spielt.

An Müller, diesem Schlacks, der so unkonventionell und manchmal auch ungelenk Fußball spielt, entzündete sich die ganze Diskussion um Guardiolas Eigensinn. Statt Müller spielte Thiago, Guardiolas Protégé, und er spielte schlecht. Auch wenn es niemand so offen aussprach, stand doch auch die Frage im Raum: Bevorzugt Guardiola in wichtigen Spielen seine Landsleute Thiago, Xabi Alonso und Juan Bernat, die er zum FC Bayern geholt hatte? Zum Wohle seines geliebten Positionsspiels? Da galt es wenig, dass hinter Müllers Absenz die Überlegung stand, die Außen in Person von Douglas Costa und Kingsley Coman zu stärken, um Robert Lewandowski mit Flanken zu füttern, weil Atléticos kopfballstärkster Verteidiger Diego Godín ausgefallen war.

Der Plan ging nicht auf, Guardiola hatte sich vercoacht. Wie vor zwei Jahren gegen Real Madrid, als er sich von seinen Spielern überstimmen ließ und das Mittelfeld preisgab, um im Angriff personell präsenter zu sein. Oder wie letztes Jahr, als er im Pokal-Halbfinale Müller auswechselte und das Spiel anschließend kippte. Sollte Bayern im dritten Jahr unter seiner Führung zum dritten Mal im Halbfinale der Champions League scheitern, wird es auch als Scheitern Guardiolas in entscheidenden Momenten ausgelegt werden. Nach dem 0:1 gegen Atlético wirkten seine Überlegungen wie die Sprache eines Philosophen, dessen Worte an der Faust seines rauflustigen Gegenübers Diego Simeone zerschellt waren. „Noch bin ich nicht tot“, raunte er danach. „Eine Kugel hab ich noch übrig. Erst nach dem Spiel gegen Atlético könnt ihr mich killen.“

Guardiola ist reizbarer geworden, dünnhäutiger, aber auch müder

Seine Rhetorik hat sich geändert in den vergangenen Monaten, er ist reizbarer geworden, dünnhäutiger, aber auch müder. In Zügen erinnert Guardiola im Frühjahr 2016 an jenen aus dem Frühjahr 2012. Damals, in seinem letzten Jahr als Trainer des FC Barcelona, traf er auch so manch fragwürdige Entscheidung. Beim Clasico gegen Real setzte er auf die jungen Isaac Cuenca und Christian Tello, beide spielten schwach, Barça verlor 1:2 und verspielte die letzte Chance auf die Meisterschaft.

Heute wieder mit Müller? Vermutlich.
Heute wieder mit Müller? Vermutlich.
© dpa

Liebe wird es nicht mehr werden zwischen Pep Guardiola und der Fußballnation Deutschland samt FC-Bayern-Anhang. Dafür ist zu viel passiert. Die latente Hispanisierung der Mannschaft, der Streit mit Mannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt, der im unehrenhaften Abschied des Mediziners endete, der Weggang von Klubikone Bastian Schweinsteiger und auch der Verkauf von Toni Kroos, das alles wurde, teils zu Recht, teils zu Unrecht, Guardiola angelastet.

Im Streit mit Müller-Wohlfahrt outete er sich als Freund davon, Spieler nach einer Verletzungspause so schnell wie möglich wieder einzusetzen. „Wenn einer drei Wochen ausfällt, will ich ihn am liebsten nach zwei wieder bei der Mannschaft haben“, sagte er damals. Vor diesem Hintergrund lässt sich leicht vorstellen, wie sehr Guardiola auf eine schnelle Rückkehr von Jerome Boateng gedrängt haben dürfte. Der Verteidiger spielte am Wochenende gegen Gladbach zum ersten Mal nach dreimonatiger Pause. Die fehlende Praxis war ihm anzumerken. Nimmt Guardiola gegen Atlético das Risiko in Kauf und bietet Boateng von Beginn an auf? Anderseits hat er kaum eine andere Wahl, gleichwertigen Ersatz gibt es nicht. Egal wie er sich auch entscheidet: Gegen Ende seiner Zeit beim FC Bayern scheint es, als könnte Pep Guardiola nur verlieren.

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