Hertha BSC: Pal Dardai will Trainer in Ungarn bleiben
Nach dem Sieg in Finnland erklärt Herthas Cheftrainer, dass er die EM-Qualifikation mit der ungarischen Nationalmannschaft zu Ende spielen will.
Die Sache schien klar geregelt zu sein, zumindest wurde es so kolportiert. Bis zum Saisonende zeigt sich Hertha BSC kulant, was die Nebentätigkeit von Pal Dardai als Trainer der ungarischen Fußball-Nationalmannschaft betrifft. Ab der neuen Saison aber hat der Berliner Bundesligist vollen Zugriff auf seinen Cheftrainer. Eine entsprechende Auflösungsklausel soll das Vertragswerk mit dem ungarischen Fußballverband enthalten. "Wir haben das in der Hand", hatte Manager Michael Preetz schon vor Wochen gesagt. Folglich galten die beiden Länderspiele gegen Litauen in der vergangenen Woche und in Finnland am Samstag als die vorerst letzten Dardais als Nationaltrainer. Dardai selbst aber scheint das anders zu sehen. Er will die Nationalmannschaft auch im Herbst noch betreuen, um die Qualifikation für die Europameisterschaft 2016 perfekt zu machen. "Wer mich kennt, weiß, wie ich bin. Ich bin gewohnt die Dinge, die ich anfange, auch zu beenden", sagte er.
Die Aussichten für sein Team haben sich am Wochenende deutlich verbessert. Durch den 1:0-Erfolg in Helsinki, den der Hamburger Zoltan Stieber mit seinem Tor in der 82. Minute perfekt gemacht hatte, sind die Ungarn aktuell mit elf Punkten aus sechs Spielen (gemeinsam mit Schottland) bester Gruppendritter. Das würde ihnen zumindest die Teilnahme an den Play-offs einbringen. Aber auch die beiden ersten Plätze und damit die direkte Qualifikation für die EM sind nun wieder in Reichweite. Auf den Gruppenzweiten Nordirland beträgt der Abstand zwei Punkte, auf den Tabellenführer Rumänien sind es drei. "Ich sage nicht, dass Platz drei schon sicher ist, aber der Moment ist gekommen, dass wir nicht versprechen müssen, wir werden unseren beiden nächsten Gegner das Leben schwer machen", sagte Dardai in der Pressekonferenz nach dem Auswärtssieg in Finnland. "Unser Ziel wird sein, Platz zwei zu erreichen."
Zu Dardais Vertrag gibt es widersprüchliche Aussagen
Salloi Istvan aus dem Trainerteam der Nationalmannschaft hat dem ungarischen Fernsehsender M1 gesagt: "Wenn ich ein Geheimnis verraten darf, Dardai hat mir vor dem Spiegel gesagt, seine Zukunft liegt in Gottes Hand: wenn wir in Finland gewinnen, dann bleibt er unser Trainer. Wir haben gewonnen.". Dardai hat offensichtlich Blut geleckt. Der 39-Jährige hat die Chance, als der Nationaltrainer in die Geschichte einzugehen, der Ungarn zum ersten Mal seit 1972 wieder zu einer Europameisterschaft geführt hat. Dass er für das Turnier selbst nicht zur Verfügung stehen dürfte, ist ihm hingegen längst klar. Schon vor seiner Beförderung zum Cheftrainer bei Hertha hat er gesagt, dass es in diesem Fall schwierig werden dürfte, "mich für die EM sechs Wochen rauszunehmen. Das kann man vergessen."
Dardais Vertrag mit dem ungarischen Verband läuft bis zum Ende der Qualifikation, also längstens bis November, wenn die Play-offs ausgespielt werden. Dass Hertha das einseitige Recht zur Kündigung besitzt, hat Verbandspräsident Sandor Csanyi schon vor einem Monat bestritten: "Der Vertrag ist von allen drei Seiten unterschrieben. In dem steht, dass Pal Dardai bis zum 30. November dieses Jahres Trainer der ungarischen Nationalmannschaft bleibt." Laut Csanyi kann Hertha nur darüber entscheiden, ob Dardai Ungarn bei erfolgreicher Qualifikation auch bei der EM 2016 betreuen darf. Der "Kicker" hingegen berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass Dardais Vertrag eine Klausel besitzt, die es Hertha erlaubt, den Vertrag mit dem ungarischen Verband zu lösen. Der Klub werde von dieser Klausel Gebrauch machen, und darüber sei auch Dardai informiert.
Bisher hat sich Dardai nie klar zu den Details in seinem Vertrag geäußert – angeblich, weil er sie gar nicht kennt. "Ich habe keine Ahnung, was in meinem Vertrag steht", sagte er auch nach dem Spiel in Finnland. "Aber es ist jetzt schwierig, mich von hier zu entfernen. Ich habe ein ungarisches Herz."