Beginn der Sommerspiele in Rio: Olympia vom Ende her denken
Auch Rio wird wieder große Gefühle entstehen lassen und symbolstarke Bilder um die Welt senden. Doch immer klarer wird: Es geht darum, was am Ende von Olympia bleibt. Ein Kommentar.
Olympische Spiele, bei denen vorher schon alles toll und fertig war, hat es, wenn überhaupt, zum letzten Mal in der Antike gegeben. Wenn jedoch die Flamme erst einmal lodert und der erste Startschuss knallt, ist bisher vieles Schwere und Tragische schnell wieder vergessen worden. Sollte das diesmal in Rio de Janeiro wirklich anders sein?
Die Olympischen Spiele sind leider längst abgehoben. Wie ein Raumschiff landen sie an einem Ort und fliegen nach zweieinhalb Wochen wieder weiter. In Peking, 2008, kam Olympia in unwirtlichem Gelände an, wirkte aber noch gut in Schuss. 2012 in London machte es Station im Land des Sportsgeistes, aber da schlingerte es selbst schon etwas, beschädigt von Skandalen des Weltsports. Diesmal ist gleich beides ramponiert, Landeplatz und Raumschiff.
Rio hat sich wirklich große Mühe gegeben, im vorolympischen Steigerungslauf korrupter, unbeliebter, desaströser an die Spitze zu rennen. Die Mücke, die Zika und anderes überträgt, mag noch als Naturgewalt durchgehen, nicht aber all der Baupfusch, das verdreckte Wasser und andere Umweltsünden, umgesiedelte Menschen, entrechtete Bauarbeiter, der entfesselte Drogenkrieg.
Und Olympia? Hat in Gestalt seines deutschen Präsidenten Thomas Bach gerade nicht den Eindruck erweckt, dass es alles, aber auch wirklich alles gegen die Drogen im Sport tun will. Es werden sicher auch viele ungedopte russische Athleten in Rio an den Start gehen. Aber ob Julia Stepanowa, die Whistleblowerin, die das russische Staatsdoping mit ans Licht befördert hatte, an den Spielen teilnehmen darf, steht immer noch nicht fest.
Rio und Olympia ziehen sich hoffentlich nicht noch weiter gegenseitig runter
Rio und Olympia ziehen sich hoffentlich in den nächsten Tagen nicht noch weiter gegenseitig runter. Es sind die ersten Olympischen Spiele in Südamerika, das war eigentlich als Zeichen des Aufbruchs gedacht, als Rio auch dank des Charismas des damaligen brasilianischen Präsidenten Lula da Silva den Zuschlag bekam. Europa schaut bei diesen Spielen ohnehin müde aus der Wäsche. Usain Bolt wird um 3.25 Uhr sein 100-Meter-Rennen laufen. Dafür bleibt man hierzulande kaum wach. Und steht wohl auch kaum auf. Immerhin lassen sich viele Disziplinen, in denen die deutsche Mannschaft traditionell gut abschneidet, ohne Gähnen verfolgen, Rudern und Kanu zum Beispiel.
Eine der wichtigsten Fragen dieser Spiele wird jedoch nicht die nach dem Erfolg einzelner Athleten oder Mannschaften sein. Sondern die, welche Botschaft von Olympia überhaupt noch ausgehen kann. London hatte sich vor vier Jahren vorgenommen, eine ganze Generation für den Sport zu begeistern. Rio schien dazu wenigstens gute Laune und Rhythmus beisteuern zu können. Olympia wird auch in den nächsten Tagen wieder große Gefühle entstehen lassen und symbolstarke Bilder wie das gemeinsame Feiern von Siegern und Verlierern oder Sportlern aus Ländern, die sonst gegeneinander Krieg führen. Aber wie viel Inspiration wird diesmal bleiben, wenn die Flamme erloschen sein wird?
Was muss aufgeräumt werden? Wie viele Schulden bleiben? Was hat die Bevölkerung dann von diesem gigantischen Spektakel? Die olympische Bewegung hat es bislang nicht geschafft, ihre Spiele vom Ende her zu denken. Dabei ist der wichtigste Tag der Spiele, das wird immer deutlicher, der Tag danach.