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Nach einer für seine Verhältnisse schwachen Saison ist für Ole-Einar Björndalen der Zeitpunkt des Abschieds gekommen.
© AFP

Zum Karriereende der Biathlon-Legende: Ole-Einar Björndalen hört auf: Abschied des Außerirdischen

Ein Vierteljahrhundert in der Weltspitze: Ole-Einar Björndalen beendet eine Karriere, wie es sie im internationalen Sport selten gibt.

Die olympischen Biathlon-Wettbewerbe von Sotschi verliefen für die Veranstalter nicht eben glücklich. Auf der wunderschönen Anlage auf dem Psechako-Bergkamm, unweit vom Bergstädtchen Krasnaja Poljana, führte der Nebel zu oft Regie, mussten die Rennen oft verschoben werden. Aber natürlich gab es auch große Lichtblicke im Laura-Biathlon-Stadion. Beim größten Lichtblick war der Größte dieser Sportart mal wieder der Hauptdarsteller. Ole-Einar Björndalen schmetterte einen lauten Freudenschrei durch das olympische Biathlon-Stadion als er ins Ziel lief. Wieder einmal hatte er die Geschichte der Olympischen Winterspiele bereichert. Zum siebten Mal olympisches Gold! Mit 40 Jahren im Sprint über 10 Kilometer, er war damit ältester Olympiasieger aller Zeiten – in einem Biathlon-Einzelrennen. Ole-Einar Björndalen scherzte nach dem Triumph: „Ob ich 2022 bei den Spielen in Oslo noch mal an den Start gehe? Sicher nicht. Dann bin ich ja schon 48 Jahre alt.“

Ole-Einar Björndalen lag richtig, zum Teil jedenfalls. Olympische Winterspiele finden 2022 nicht wie ursprünglich avisiert unweit seiner Heimatstadt Drammen in Oslo statt, sondern in Peking. Björndalens Landsleute wollten die Spiele nicht. Aber der große Star wird 2022 eben tatsächlich nicht am Start sein, am Dienstag verkündete Björndalen sein Karriereende. Mit 44 Jahren und Tränen in den Augen sagte er: „Dies ist meine letzte Saison.“

"Ich hätte gerne noch einige Jahre weitergemacht"

Der Zeitpunkt des Rücktritts ist keine Überraschung, denn in dieser Saison lief es schon weniger gut für den Mann, der bereits am 18. März 1993 seinen ersten Weltcup-Sieg und im Dezember 2015 seine letzten Triumphe im Weltcup hatte. Bei den Winterspielen von Pyeonchang war Björndalen schon nicht mehr am Start, er hatte die interne Olympianorm in Norwegen nicht erfüllen können. Nun sagte Björndalen, er habe im Sommer mehrmals Herzrhythmusstörungen gehabt, auch daher höre er auf. Der Biathlet ist in einem Alter, in dem die meisten Sportler ihre aktive Karriere längst beendet haben, weil sie sich anderen Dingen als dem professionellen Sport widmen möchten. Doch davon redete der Mann mit dem prägnanten Grübchen im Kinn nicht. Vielmehr offenbarte Björndalen auf einer Pressekonferenz live im norwegischen Fernsehen: „Ich hätte auch sagen können: Ich bin satt. Aber so ist es eben nicht. Ich hätte gerne noch einige Jahre weitergemacht.“

Björndalen hinterlässt eine einmalig gute Bilanz: 94 Siege im Weltcup, 20 WM-Titel und acht Olympia-Goldmedaillen (nach dem Sprint gewann er 2014 in Sotschi auch noch Mixed–Team Gold), insgesamt 13 olympische Medaillen. Und: Er war auch ein starker Langläufer. In der nordischen Skiszene heißt es ja oft, dass die schlechten Langläufer zum Biathlon gehen. Björndalen ließ sich so was nicht nachsagen. Er war der erste männliche Wintersportler überhaupt, der in zwei unterschiedlichen Sportarten Weltcupsiege feiern konnte und gewann 2007 zwei Weltmeistertitel im Langlauf – bei Olympia reichte es in diesem Sport 2002 immerhin zu Platz fünf.

Eiszapfen im Gesicht

Aber natürlich, Biathlon, das war lange Zeit bei den Männern gleichzusetzen mit Björndalen. Der deutsche Bundestrainer Frank Ullrich sagte nach Björndalens vier Goldmedaillen von Salt Lake City: „Ole ist ein Außerirdischer!“ Wenn der Außerirdische, oft nach ein paar Fehlschüssen und schon mal mit zu Eiszapfen gefrorener Spucke im Gesicht, Richtung Ziel die Gegner reihenweise stehen ließ, dann hatte das etwas Einmaliges. Das lässt sich nicht in Zahlen belegen, so einen Sportler wird es so schnell wohl nicht mehr geben. Nur Landsfrau Marit Björgen, die ihn nun bei den Spielen von Südkorea von der Spitze der ewigen Bestenliste der erfolgreichsten Winter-Olympioniken verdrängte, ist auf so einem Level noch erfolgreich.

Der Mensch, der auch im reifen Alter noch lange Weltklasse war, wird nun erst einmal Privatier. Mit der viermaligen Biathlon-Olympiasiegerin Darja Domratschewa ist Björndalen verheiratet und hat eine kleine Tochter. Aber Björndalen, den stets diese „unglaubliche Freude am Sport“ antrieb, wird der Szene sicher erhalten bleiben – und nicht nur in der Erinnerung der Biathlon-Anhänger.

Ole-Einer Björndalen steht seit Dienstag nun in einer Reihe mit anderen ganz Großen des Sports, wie zum Beispiel Tennisstar Jimmy Connors oder Boxer George Foreman, die wie Björndalen bis ins hohe Alter noch Großes geleistet haben.

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