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Kaum zu fassen: Alexander Zverev gewann das Olympische Finale von Tokio deutlich.
© Mike Segar/Reuters
Update

Zverev gewinnt historisches Olympia-Gold: „Ohne Tennis wäre ich nicht wirklich jemand“

Der deutsche Tennisspieler Alexander Zverev schafft das, was Michael Stich und Boris Becker nur im Doppel geschafft haben. Sein Gegner ist im Finale chancenlos.

Alexander Zverev ging in die Knie, dann beugte er sich vornüber und sein Kopf berührte den Boden. So verharrte Zverev erst einmal für einige Sekunden. Kurz darauf erhob er sich strahlend, nahm die Glückwünsche von Gegner Karen Chatschanow entgegen, den er zuvor im olympischen Tennis-Finale beim 6:3 und 6:1 eindeutig dominiert hatte und lächelte das Lächeln eines Olympiasiegers.

„Es gab wenige Momente in meinem Leben, wo ich mich besser gefühlt habe“, sagte Zverev später und versuchte, seinen historischen Erfolg irgendwie einzuordnen: „Ich kann es mit nichts vergleichen. Das ist so viel größer als alles andere im Sport. Ich habe die ATP-Finals gewonnen. Aber die Goldmedaille und diese Olympischen Spiele, dieser Wert ist unglaublich“, sagte er. Zverev ist der erste Deutsche, der bei Olympia im Männer-Einzel triumphiert hat. Boris Becker und Michael Stich hatten 1992 in Barcelona gemeinsam im Doppel gewonnen.

[Lesen Sie auch den Kommentar zum Thema: Zverevs Olympiasieg ist die logische Konsequenz seiner jahrelangen Konstanz.]

Der 24 Jahre alte Hamburger war als klarer Favorit in das Match gegen Chatschanow gegangen, obwohl er die beiden letzten direkten Duelle gegen den Russen verloren hatte. Doch am Sonntag spielte Zverev mit einer Selbstverständlichkeit, die auch den Gegner sichtlich beeindruckte. Beim Stand von 1:1 gelang ihm das erste Break, er transportierte es durch den ersten Durchgang und konnte Chatschanow zum 6:3 noch einmal den Aufschlag abnehmen.

Phasenweise funktionierte alles beim Deutschen, die Rückhand zischte mehrere Male wie ein Strich die Linie entlang, mit der Vorhand spielte er immer wieder schöne Winkel. Und der Aufschlag landete ein ums andere Mal krachend im Feld des Gegners. Wer erwartet hatte, dass Zverev zumindest ein bisschen nervös in das Olympia-Finale gehen würde, sah sich getäuscht. Cool spielte er sein Tennis, bestimmte vor allem die längeren Ballwechsel und verteidigte auch deutlich besser als Chatschanow.

Zverev ist der erste deutsche Einzel-Olympiasieger im Männer-Tennis

Noch im Halbfinale gegen Novak Djokovic hatte Zverev anderthalb Sätze gebraucht, um sich freizuspielen. Diesmal benötigte er überhaupt keine Anlaufzeit und leistete sich im gesamten Matchverlauf kaum einen Durchhänger. Auch zu Beginn des zweiten Satzes gelang ihm gleich wieder ein Break zum 2:0, kurz darauf erhöhte er sogar auf 4:0. Der Rest war Formsache, anders als die anschließende Siegerehrung. Die Goldmedaille schaute sich Zverev ganz genau an und als er für die Fotografen dann auch seine Maske abnehmen durfte, war das Grinsen immer noch nicht aus seinem Gesicht gewichen.

„Ich habe so ein goldenes Ding um den Hals rum, und das ist nicht eine von den 50 Ketten, die ich normalerweise trage“, sagte Zverev später und wurde dann beinahe sogar ein bisschen demütig. „Ohne Tennis wäre ich nicht wirklich jemand. Diese Sportart hat mir jetzt eine Goldmedaille gegeben“, sagte er. Sein Ziel sei es nun, den Tennissport in Deutschland wieder populärer zu machen.

Alexander Zverev ist der erste deutsche Tennisspieler, der Olympia-Gold im Männer-Einzel gewinnt.
Alexander Zverev ist der erste deutsche Tennisspieler, der Olympia-Gold im Männer-Einzel gewinnt.
© Edgar Su/Reuters

[Höhepunkte, TV-Termine und Zeitplan der Olympischen Spiele hier auf einen Blick]

Vor einem Jahr hatte Zverev im Finale der US Open noch gewackelt, als er gegen den Österreicher Dominic Thiem zum Matchgewinn aufschlug und am Ende doch verlor. Vielleicht auch dank dieser Erfahrung behielt er diesmal die Nerven und spielte mit der klaren Führung im Rücken locker und leicht auf. Chatschanow wirkte mehr als nur einmal ratlos in diesem einseitigen Endspiel und sagte nach dem Match: „Man kann so viel analysieren wie man will, aber er war einfach nur besser.“

Nun ist es im Tennis wie in jedem anderen Sport: Nach dem Sieg ist schon vor dem nächsten Match. Doch Alexander Zverev wollte so kurz nach dem großen Erfolg noch nicht vorausschauen, auf das, was in dieser Saison noch möglich sein könnte. „Ich will das jetzt genießen, für zwei Minuten“, sagte er.

Dass er im Endspiel von vielen deutschen Athleten im Tennisstadion angefeuert wurde, habe ihn zusätzlich motiviert. „Du spielst nicht nur für dich selbst, du spielst für dein ganzes Land“, sagte er. Dieses Land feiert ihn nun – und das in Zukunft womöglich ja noch häufiger.

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