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Drin. Mario Gomez schießt den Ball zum 1:0 ins Tor.
© Reuters
Update

Deutschland wird Gruppensieger: Nur die Torausbeute war mangelhaft gegen Nordirland

Die deutsche Mannschaft feiert einen ungefährdeten Sieg gegen biedere Nordiren, vergibt dabei aber zahlreiche gute Chancen. Zum Gruppensieg reicht das 1:0 dennoch.

Erst als das Spiel dann wirklich zu Ende war, fing auch Joachim Löw im halboffenen Hemd an, den schwülwarmen Vorabend im Prinzenpark zu Paris zu genießen. Klar, die Mannschaft des Bundestrainers war den zwar wackeren, aber fußballerisch biederen Nordiren haushoch überlegen. Löws Team hatte sich Chancen für drei oder vier siegreiche Spiele herausgespielt, aber eben leider nur die eine nach einer halben Stunde durch Mario Gomez nutzen können.

Mit dem 1:0 (1:0)-Sieg zieht die deutsche Nationalmannschaft als Gruppenerster in Achtelfinale ein, weil die Polen zeitgleich die Ukraine ebenfalls nur 1:0 schlugen. Auch Nordirland bleibt dem Turnier als einer der besten Gruppendritten erhalten. Löws Team spielt am Sonntag in Lille und trifft auf einen Gruppendritten, wahrscheinlich die Slowakei, vielleicht auch Albanien. Das stimmte dann auch Joachim Löw für den Moment leicht feierlich. Über die mangelnde Chancenverwertung wird zu einem anderen Zeitpunkt zu reden sein. Das aber bitte rasch und eindringlich. Für die Nordiren mag es noch einmal gereicht haben, aber was, wenn es gegen Mannschaften geht, die selbst auch Tore erzielen wollen? „Wir haben überzeugend gespielt, aber entschieden zu wenig Tore geschossen“, sagte Mats Hummels. „Wir sind zufriedener, aber noch nicht endgültig zufrieden.“

Für Löw ist „die Geschichte des Spiels schnell erzählt“. Er hatte seiner Mannschaft ein sanftes Facelifting spendiert. Für Benedikt Höwedes verteidigte der 21 Jahre junge Joshua Kimmich, der erst vor drei Wochen sein Debüt in der Nationalelf gegeben hatte. Kimmich spielte seine Rolle überragend. Und für Julian Draxler kam Mario Gomez ins Spiel. Der 30-Jährige begab sich ins Sturmzentrum, und erzielte das Tor des Abends. Mario Götze, der sonst in den Spitze spielte, wich vorrangig auf den linken Flügel aus, Mesut Özil kam oft über den rechten, und zentral hinter Gomez war das Betätigungsfeld von Thomas Müller.

Das Gesicht der Mannschaft hatte sich auf den ersten Blick also nur leicht verändert, aber die Wirkung war enorm, vor allem weil die vier offensiven Spieler immer wieder ihre Positionen und Laufwege änderten. Plötzlich war mehr Zug im Spiel, mehr Beweglichkeit, Schwung und Raffinesse.

Und so überspielte die Mannschaft von Joachim Löw ihre eigene Zähigkeit und Schwerfälligkeit der ersten beiden EM-Gruppenspiele. Allein in der ersten Hälfte konnte sie sich acht hochkarätige Chancen erspielen. Die Nordiren, die recht bald ihre Grenzen erkannten, waren in diesem so einseitigen Spiel vollends beschäftigt mit dem Verbarrikadieren ihres Heiligtums. Sie unternahmen erst gar keinen ernsthaften Versuch, mal selbst in die Offensive zu kommen. Manuel Neuer hatte einen Fernschuss zu halten gehabt.

Und doch sah man Joachim Löw am Seitenrand oft mit einem Zitronengesicht. Das setzte der 56-Jährige immer dann auf, wenn eine Torchance etwas schludrig vergeben wurde. Thomas Müller, Mesut Özil und Mario Götze scheiterten in der Anfangsviertelstunde am nordirischen Torwart Michael McGovern.

Gegner im Achtelfinale ist am Sonntag mit hoher Wahrscheinlichkeit die Slowakei

Schließlich hatte Müller nach einer wunderbaren Flanke des stark flankenden Kimmichs Pech, dass sein Hechtkopfball nur am Außenpfosten klatschte. Doch dann aber, eine halbe Stunde war gespielt, langte Mario Gomez zu. Müller zögerte einen Doppelpass mit dem 30-Jährigen so lange heraus, bis dieser in guter Einschussposition war.

Mit der Führung im Rücken wurde das Spiel der Deutschen noch dominanter. Müller traf noch einmal die Latte, dann war wieder mal Gomez dran. Doch nach einem zauberhaften Zuspiel des sehr engagierten Özil, geriet der lange Gomez zu sehr in Rücklage – Chance vergeben.

Die nordirischen Fans, die in großer grün-weißer Anzahl und ebenso stimmgewaltig erschienen waren, ließen sich die Laune nicht verderben. Sie sangen und tanzten durch, mit einem Wunder haben sie wohl eher nicht gerechnet. Zumal ihre Mannschaft etwas mutiger wurde. Doch die Chancen ergaben sich auf der anderen Seite.

Erst scheiterte Götze zum wiederholten Male am erstklassig reagierenden McGovern, dann drückte er ein gute Hereingabe Özils am Tor vorbei. Doch dann verschleppten die Deutschen etwas das Tempo, weshalb die nordirischen Kanten auch zwei-, dreimal über die Mittellinie kamen.

Als das dann auch soweit überstanden war, kam Bastian Schweinsteiger für Sami Khedira ins Spiel. Was das deutsche Team aber viel mehr traf, war, dass Jerome Boateng ausgewechselt werden musste. Der Abwehrchef hatte schon in der Halbzeit über Probleme in der Wade geklagt, schließlich wurde er von Höwedes ersetzt.

Das Spiel trudelte dann doch etwas aus. Mario Gomez und Mesut Özil, der hinterher völlig zurecht zum Spieler des Spiels ernannt wurde, hatten kurz vor dem Abpfiff noch zwei schöne Gelegenheiten, das Ergebnis noch etwas auszubauen. Doch das sollte an diesem Abend nicht sein. Und so steckte Löw sich sein Hemd in die Hose, gab den Gegnern die Hand und klatschte seine Spieler ab. Löw: „Wir hätten bei Halbzeit 3:0 oder 4:0 führen müssen, dann hätten wir uns leichter getan.“ In allem.

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