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Novak Djokovic darf sich freuen. Er ist nun Rekordchampion in Melbourne.
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Update

Finalsieg gegen Andy Murray: Novak Djokovic gewinnt Australian Open - und dankt Boris Becker

Zwei Sätze lang liefern sich Novak Djokovic und Andy Murray im Finale der Australian Open ein beinahe episches Duell. Dann geht plötzlich alles ganz schnell - sehr zur Freude auch von Boris Becker.

Es hatte Siege gegeben, bei denen sich Novak Djokovic in wüster Robert-Harting-Manier im Freudentaumel das Shirt am Leib zerriss. Man hatte auch schon oft wilde, martialische Posen von ihm wie die eines wackeren Kriegers gesehen. Manchmal war er bloß überwältigt zu Boden gesunken, hatte Tränen verdrückt oder seine Freude lautstark herausgebrüllt. Egal wie, beim 27-jährigen Serben müssen die Gefühle einfach irgendwie raus. Doch als Djokovic am Sonntag in der Rod-Laver-Arena Andy Murray mit 7:6, 6:7, 6:3 und 6:0 nach 3:40 Stunden niedergerungen hatte, fiel der Jubel anders aus. Der Serbe riss einfach die Arme hoch, dann warf er ein Küsschen hinüber zu seiner Box, in der Boris Becker, so gut es seine lädierte Hüfte zuließ, aufgesprungen war – und deutete mit dem Finger auf seinen Trainer. Sie hatten es gemeinsam geschafft, diesen fünften Titel bei den Australian Open – in der Profi-Ära war das noch niemandem gelungen.

„Ich will meinem tollen Team danken“, sagte Djokovic mit dem Pokal in Händen, „ihr wart in guten und schlechten Momenten immer für mich da. Ohne euch stünde ich jetzt nicht hier.“ Und Cheftrainer Becker strahlte bis über beide Ohren. Vor einem Jahr hatte er seine Arbeit mit Djokovic begonnen, und es war ein überraschender Coup gewesen. Denn mit seiner zweiten Biographie hatte Becker hierzulande zuvor gerade seinen Ruf als dreimaliger Wimbledonchampion völlig ruiniert. Und Kritiker fragten nun, was Djokovic als einer der besten Spieler der Welt mit Becker überhaupt wolle. Beim Debüt in Melbourne scheiterte der Serbe als Titelverteidiger dann bereits im Viertelfinale, ein klarer Misserfolg. Und Becker gab zu, dass sie damals „einen schwierigen Start“ hatten. Zwölf Monate später war der 47 Jahre alte Leimener nun wieder nach Melbourne gereist und sein Schützling ist amtierender Wimbledonsieger, Weltmeister und wieder die Nummer eins – und zudem jetzt achtmaliger Grand-Slam-Sieger. Ein wenig Genugtuung konnte sich Becker nicht verkneifen. „Ein Jahr ist vergangen und einiges hat sich verändert“, sagte er und meinte damit nicht nur die Schlagzeilen in der Heimat.

Boris Becker hat aus einem der besten Tennisspieler einen noch besseren gemacht

Becker hatte tatsächlich aus einem der besten Tennisspieler der Welt einen noch besseren gemacht. Mit Kleinigkeiten, die große Wirkung haben. Djokovic sucht inzwischen oft den Weg ans Netz und steht viel dichter an der Grundlinie als früher. Zudem schlägt er mit wesentlich höherer Quote auf. „Ich fühle mich schon wie Boris“, hatte der Serbe während des Turniers gewitzelt, da er bis zum Halbfinale nur ein einziges Break kassierte. „Ich glaube, wir sind beide froh über die Entwicklung“, meinte Becker, „ich habe Novak inzwischen sehr gut kennen gelernt, seine Stärken und Schwächen – und an beidem arbeiten wir.“

Die Veränderung bekam Murray in ihrem vierten Duell bei den Australian Open und dem 24. insgesamt nun zu spüren. Der Schotte, der nur eine Woche älter als Djokovic ist, wollte seine schwarze Serie von drei verlorenen Finals in Melbourne endlich durchbrechen und seinen dritten Major-Titel gewinnen. Und es entwickelte sich ein Kampf, der die Kontrahenten an ihre physische und mentale Grenze trieb. Die ersten beiden Sätze dauerten zweieinhalb Stunden, „das war eine Herausforderung für den Körper“, meinte Djokovic, der zu Beginn des dritten Satzes scheinbar die Kontrolle über seine Beinmuskeln verlor und schnell mit 0:2 hinten lag. „Ich habe nur gekämpft und gehofft“, meinte der Serbe. Murray allerdings vermutete hinter dem so offensichtlichen Leiden seines Gegners mal wieder eine taktische Finte von Djokovic. „Es war schon seltsam. Erst bricht er fast zusammen und dann kommt er Ende des Satzes derart stark zurück“, wunderte sich Murray, „ich weiß nicht, ob es Methode war.“ Noch mehr ärgerte sich der nun wieder Weltranglistenvierte, dass er sich von den Mätzchen des Serben so aus dem Konzept bringen ließ. Murray verwickelte sich in wüste Selbstbeschimpfungen, schrie und fluchte – und gewann nach dem 3:3 im dritten Satz kein Spiel mehr.

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