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Immer Vollgas. Dass Nikolai Krasnikov gewinnt, steht im Grunde schon fest.
© imago

Eisspeedway-Team-WM im Eisstadion Wilmersdorf: Nikolai Krasnikow, Halbgott auf Spikes

Im Eisstadion Wilmersdorf treten besten Eisspeedway-Teams der Welt gegeneinander an – Favorit ist eine russische Legende: Nikolai Krasnikow.

Wenn die russische Mannschaft ihre Trainingsrunden dreht, wird es leer im Fahrerlager. Die besten Eisspeedwayfahrer der Welt hören ein paar Minuten lang auf, an ihnen Maschinen zu schrauben – und drängen sich am Zaun des Eisstadions Wilmersdorf. Das russische Trio wird bei der Team-WM an diesem Wochenende nicht zu schlagen sein, das steht schon vor den Wertungsläufen fest, die heute um 17 Uhr beginnen. Und innerhalb des russischen Teams ist Nikolai Krasnikow noch einmal klar der Beste. Der 30-Jährige ist Rekordweltmeister und mit seinem Sport reich geworden, nach acht WM-Titeln in Serie beendete er 2012 einigermaßen gelangweilt seine Karriere. Mittlerweile fährt er wieder, auch wenn ihm der Hunger nach Siegen ein bisschen abhandengekommen ist. „Eigentlich habe ich keine besondere Motivation mehr“, sagt Krasnikow. „Ich mache das nur noch als Hobby.“

Für die Konkurrenz dürfte das in Berlin aber reichen. Auch der Deutsche Meister Günther Bauer, der mit Krasnikow gut befreundet ist, kann den Erfolg des Manns aus dem Ural nicht wirklich erklären. „Der ist einfach komplett verrückt“, sagt Bauer. „Irgendwas haben die bei dem vergessen einzupflanzen.“ Krasnikow sei einzigartig, ein Phänomen, „er fährt gefühlt doppelt so schnell in die Kurven rein wie alle anderen“.

Ehrfurcht vor dem "Spinner"

Die goldene Motorsport-Regel „Wer bremst, verliert“ besitzt beim Eisspeedway keine Gültigkeit. Bremsen gibt es bei dem Sport nämlich keine, nur die Wahl zwischen Vollgas oder weniger Vollgas. Die Fahrer beschleunigen am Ende der Geraden auf bis zu 130 Kilometer pro Stunde, ehe sie sich in die Kurve legen und über das zerfurchte Eis brettern. Wenn sie am Ende der Kurve wieder Gas geben, bäumen sich ihre Maschinen oft auf die Hinterräder auf. Rund 300 Spikes sorgen für Halt, mit den blitzenden 2,8 Zentimeter langen Nägeln wirken die Motorräder wie Kettensägen mit Raketenantrieb. Dass Fleischwunden die häufigsten Verletzungen beim Eisspeedway sind, ist eine ebenso logische wie furchteinflößende Erkenntnis.

Wenn die anderen Fahrer Nikolai Krasnikow einen „Spinner“ nennen, klingt das eher ehrfürchtig als abfällig. Für den Rekordweltmeister gibt es kein Geheimnis hinter seinem Erfolg. „Ich lasse das Gas länger stehen als die anderen“, sagt er. „Und dann gebe ich wieder früher Gas.“ So hält es der Russe auch abseits der Piste. Vor ein paar Jahren war er bei Günther Bauer in Reit im Winkl zu Besuch und stand das erste Mal auf Skiern – zwei Tage vor dem WM-Finale in Inzell. „Er konnte nicht bremsen oder Kurven fahren und hat nur gefragt: Wo ist die schwarze Piste?“, erinnert sich Bauer. „Und dann ist er da kerzengerade runtergefahren.“ Um anzuhalten, habe sich Krasnikow einfach in den Schnee geworfen.

Krasnikow und Bauer seit 2005 befreundet

Im Fahrerlager – einer Baracke, in der sonst die Eismaschinen parken – hocken die Piloten zwischen ihren Maschinen, es riecht nach Abgasen und Schmiermittel. Einen Sonderstatus hat Krasnikow hier nicht, alle nennen ihn „Kolja“, er sitzt auf einem Camping-Klappstuhl wie die anderen. Man leiht sich Werkzeug, tauscht sich aus. 2005 fragte Krasnikow Bauer, ob er dessen Motor für das WM-Finale borgen könne. „Ich war eh im Krankenhaus, also war es egal“, sagt Bauer. Krasnikow wurde erstmals Weltmeister, seitdem sind die beiden befreundet. Bauer hat auch schon versucht, die Maschine des Russen zu fahren. „Aber da fallen dir die Plomben aus den Zähnen“, sagt er. „Die Federung der Karre ist so hart – das funktioniert nur bei seinem Fahrstil.“

So bleibt es dabei, dass Krasnikow dem 13 Jahre älteren Bauer Ratschläge gibt. Auch wenn sich das meistens auf einen Tipp reduzieren lässt. Im Prinzip sei die Eisspeedway-Legende zufrieden mit Bauers Fahrstil, sagt der Deutsche. Das Problem? „Er sagt, ich gehe zu früh vom Gas“, sagt Günther Bauer. „Einfach nur Vollgas – und alles wäre super.“

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