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Nicht mehr zu übersehen. Viele Klubs verschmähten Rob Gronkowski, als er zu den Profis wechselte. Mit den New England Patriots könnte er nun NFL-Meister werden.
© dapd

NFL: New England Patriots: Die Heimat der Verstoßenen

Die New England Patriots haben sich in den vergangenen Jahren als Meister der Talentsichtung erwiesen. Nun stehen sie am Sonntag im Super Bowl gegen die New York Giants.

Nicht einmal Tom Brady, der Quarterback und große Star der New England Patriots, ist derzeit so gefragt wie sein Teamkollege Rob Gronkowski. Wann immer es die Möglichkeit gibt, versammeln sich Journalisten um den Footballspieler und löchern ihn mit Fragen nach seiner Gesundheit. Gronkowski hatte sich vor zwei Wochen gegen die Baltimore Ravens am Knöchel verletzt, ob er in der Nacht von Sonntag auf Montag (0.30 Uhr, live bei Sat1) im Endspiel der National Football League (NFL) gegen die New York Giants spielen kann, ist derzeit das große Thema.

Nicht schlecht für einen 22-Jährigen, der erst seit zwei Jahren in der Liga spielt und dem kaum ein Experte eine solche Karriere vorausgesagt hatte. Gronkowski wurde 2010 beim Draft, der Nachwuchslotterie der NFL, erst in der zweiten Runde an 42. Stelle gezogen. Den meisten Teams galt der fast zwei Meter große Passempfänger als zu unerfahren, nur New England hatte nicht die geringsten Zweifel an seinen Qualitäten.

Gronkowski stellte mit 17 Touchdowns einen neuen Rekord für Tight Ends auf

Gronkowski, der in der abgelaufenen Saison mit 17 Touchdowns einen neuen Rekord für Tight Ends aufgestellt hatte, ist damit ein typischer Patriots-Spieler: In den vergangenen Jahren verstand es kein Klub in der NFL besser, unentdeckte Talente zu finden. Allein 18 Spieler des 53-Mann starken Kaders sind undrafted wie die Amerikaner sagen, also glatt übersehen oder für zu schlecht befunden worden. „Es ist die große Stärke des Klubs, jenen Spielern ein neues Zuhause zu geben, an die keiner glaubt“, sagt Ian Rapoport. Er berichtet für die Zeitung Boston Herald dieser Tage aus Indianapolis, dem Austragungsort des Super Bowls. Seit 2001 erreichten die Patriots vier Mal das Finale – drei Endspiele konnten sie gewinnen. Nur 2008 verlor man sensationell gegen die New York Giants, am Sonntag soll es nun zur großen Revanche kommen.

Das Spiel vor vier Jahren markierte einen Wendepunkt in der Geschichte des Klubs. Veteranen wie Mike Vrabel, Tedy Bruschi oder Richard Seymour beendeten ihre Karriere oder wurden an andere Teams abgegeben. Als sich in der Folgesaison Tom Brady schwer verletzte und man zum ersten Mal seit langer Zeit wieder die Play-offs verpasste, glaubten nicht wenige, die Zeit der Patriots wäre vorbei.

Die New England Patriots schaffen es immer wieder, sich an der Spitze zu behaupten

In den USA haben Klubs in den großen Sportarten American Football, Baseball, Basketball und Eishockey gewöhnlich ein Zeitfenster von sechs bis acht Jahren, um Titel zu gewinnen. Weil Klubs, die die Saison als schwächste abschließen, im neuen Jahr als erste die besten Nachwuchsspieler auswählen dürfen, verschiebt sich das Kräfteverhältnis ständig. New England schaffte es trotzdem, sich an der Spitze zu behaupten, obwohl man meist erst nach allen anderen Mannschaften Spieler auswählen konnte. „Trainer Bill Belichick hat einen Blick für Talente wie kein Zweiter“, sagt Rapoport. „Er liegt nur ganz selten daneben und sieht in Spielern etwas, das andere Trainer nicht sehen.“ So auch bei Sebastian Vollmer, dem derzeit einzigen Deutschen in der NFL. Obwohl Vollmer erst sehr spät mit dem Footballspielen begann, war Belichick von seinen Qualitäten überzeugt und sicherte sich frühzeitig die Dienste des ehemaligen Schwimmers. In dieser Saison hatte Vollmer allerdings wenig Glück und war oft verletzt, am Sonntag gegen die Giants wird er aber wahrscheinlich spielen können.

Die Liste der Spieler, die bei anderen Teams weggeschickt oder gar nicht erst gewählt wurden und nun mit den Patriots um die begehrteste Trophäe im amerikanischen Sport spielen, ließe sich beliebig fortsetzen. Der prominenteste von ihnen ist und bleibt aber Tom Brady. Beim Draft im Jahr 2000 wollte niemand diesen dürren, schwächlich aussehenden Quarterback haben, ehe sich New England seiner erbarmte und ihn an Position 199 auswählten. Der Rest ist Geschichte. Brady kann am Sonntag seine vierte Meisterschaft mit den Patriots gewinnen. Er ist längst einer der besten Spielmacher in der Historie des American Footballs.

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