NBA-Draft: Moritz Wagner: Von Prenzlauer Berg nach Los Angeles
Die LA Lakers wählen den ehemaligen Alba-Spieler Moritz Wagner im Draft, der 21-Jährige wird der erste NBA-Profi aus Berlin.
Einen ersten Vorgeschmack auf die NBA bekam Moritz Wagner schon vor vier Jahren. Im Oktober 2014 gastierten die San Antonio Spurs in Berlin, der damalige Titelträger der nordamerikanischen Basketball-Profiliga traf in der Arena am Ostbahnhof auf Wagners Verein Alba. Der 17-Jährige durfte eine Minute und 14 Sekunden lang mitspielen, sein einziger Wurfversuch wurde von Spurs-Profi Danny Greene locker weggeblockt. Künftig kann Wagner beweisen, wie hervorragend er sich seitdem entwickelt hat – und dass er sich einen Platz in der NBA redlich verdient hat. Beim Draft, der jährlichen Talentauswahl, wählten die Los Angeles Lakers den Power Forward in New York in der Nacht zu Freitag an 25. Stelle, er wird damit der erste in Berlin geborene und bei Alba ausgebildete NBA-Profi.
„Ich bin sprachlos“, sagte Wagner, nachdem NBA-Chef Adam Silver seinen Namen aufgerufen hatte. „Ich zittere, so aufgeregt bin ich.“ Dann setzte er sich ein Lakers-Cap auf, öffnete sein Sakko – und präsentierte die Logos der beiden Teams, die ihn auf den großen Sprung vorbereitet hatten: links Alba Berlin, rechts die University of Michigan. Bei Alba hatte Wagner alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen und den Titel in der Nachwuchs-Basketballbundesliga (NBBL) gewonnen, in der Saison 2014/15 kam er zu vier Bundesliga-Einsätzen bei den Profis. In Michigan entwickelte sich der 2,11-Meter-Mann zu einem gefürchteten Distanzschützen, legte an Muskelmasse und Erfahrung zu und führte die Wolverines in der vergangenen Saison ins Finale der College-Meisterschaft.
Wagner passt mit seiner Spielweise gut zur aktuellen Entwicklung in der NBA: Weil er als großer Spieler viel Gefahr von der Dreierlinie ausstrahlt, zieht er seine Verteidiger vom Korb weg, was wiederum Räume für seine Mitspieler schafft. Vor dem Draft hatte es allerdings Zweifel gegeben, ob der Deutsche in der Verteidigung flink genug für die NBA ist. Für den Traditionsklub aus Los Angeles war diese Schwäche kein Grund, sich nicht für Wagner zu entscheiden. Und selbst Lakers-Geschäftsführer Magic Johnson konnte sich überwinden, einen Spieler der Universität von Michigan zu verpflichten – die NBA-Legende hatte seine Collegezeit bei Michigan State absolviert, dem Erzrivalen von Wagners Universität. Die Lakers sicherten sich zudem mit dem 39. Pick die Rechte am deutschen Nationalspieler Isaac Bonga von den Frankfurt Skyliners, vermutlich wird der 18-Jährige aber noch mindestens ein Jahr in Europa bleiben, bevor er sich als NBA-Profi versucht.
Wagners jüngerer Bruder Franz spielt noch bei Alba
Für Moritz Wagner ist dieser Traum nun bereits in Erfüllung gegangen. Weil die Lakers ihn unter den ersten 30 Spielern drafteten, hat er einen Vertrag über mindestens zwei Spielzeiten sicher, in seiner ersten Saison wird er zwischen 1,1 und 1,7 Millionen US-Dollar verdienen. Allerdings steht der NBA ein unruhiger Sommer bevor – es ist keinesfalls sicher, dass der Berliner zum Saisonstart im Oktober tatsächlich das lila-goldene Trikot der Lakers trägt. Der 16-fache NBA-Champion hat zuletzt fünf Mal in Folge die Play-offs verpasst und befindet sich in einer Phase des Umbruchs, Magic Johnson und seine Mitarbeiter werden versuchen, Superstar LeBron James oder zumindest prominente Profis wie Kawhi Leonard oder Paul George zu verpflichten. Im komplizierten Gehalts- und Vertragssystem der NBA müssten die Lakers für einen solchen Deal aber mehrere Profis abgeben, Wagner könnte sich von einem Tag auf den anderen in Cleveland, Oklahoma City, San Antonio oder anderswo wiederfinden.
Am Abend des Drafts beschäftigten derartige Überlegungen Wagner überhaupt nicht. Auch über seine Rolle im Team der Lakers habe er sich noch nicht den Kopf zerbrochen. „Im Moment kann ich erst einmal nicht aufhören zu lächeln“, sagte er. „Ich werde jetzt mit meiner Familie und meinen Freunden feiern, die mit mir hier in New York sind.“ Unter anderem hatte Alba-Profi Tim Schneider seinen ehemaligen Mitspieler zum Draft begleitet, die erste Umarmung Wagners galt aber seinem Bruder Franz. Der 16-Jährige ist gerade ebenfalls mit Alba NBBL-Meister geworden, bei den Profis kam er bereits zwei Mal zum Einsatz. Es könnte sein, dass Moritz Wagner nicht der letzte Spieler bleibt, der in naher Zukunft den Weg aus Albas Jugendprogramm in die NBA findet.