UEFA Euro 2020: Modus, Favoriten, Corona – die wichtigsten Fragen und Antworten zur EM
Am Freitag startet die UEFA Euro 2020, verteilt über den Kontinent und darüber hinaus. Wer spielt mit, wer ist Favorit und wer darf zuschauen? Fragen und Antworten.
Sie kommt schneller und unvermittelter als sonst: die Fußball-Europameisterschaft. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu einem Turnier, das man wohl erst noch liebgewinnen muss.
Wann geht die UEFA Euro 2020 los?
Früher wäre diese Frage geradezu frevelhaft gewesen. In Zeiten aber, in denen der Fußball einem veritablen Bedeutungsverlust unterliegt, ist sie berechtigt. Also, liebe Leserinnen und Leser: es geht am Freitag los. Um 21 Uhr beginnt die Europameisterschaft in Rom mit dem Spiel zwischen der Türkei und Italien. Die ARD überträgt. Und bevor Sie nachschlagen: Deutschland startet am Dienstag um 21 Uhr gegen Frankreich ins Turnier. Das ZDF überträgt.
Wann hört es auf?
Für Fußballfremde oder gar -feinde eine ebenso berechtigte Frage. Die Antwort für sie ist ernüchternd: Die Fußballeuropameisterschaft endet erst am 11. Juli mit dem Finale in London. Das Turnier dauert vier Wochen und zwei Tage und damit genauso lange wie die vergangene EM 2016 in Frankreich. Für Fußballfreunde dagegen ist das natürlich immer noch viel zu kurz.
Wo wird gespielt?
Traurig aber wahr: Trotz der Pandemie, die auch durch stark eingeschränkten Reiseverkehr ausgebremst werden soll, hielten die Organisatoren an ihren Turnierplänen in ganz Europa fest. Genau genommen ist es sogar eine interkontinentale Europameisterschaft, weil auch in Aserbaidschan gespielt wird. Am schlimmsten aber ist, dass die Organisatoren von den politischen Entscheidungsträgern nicht gestoppt worden sind. Die Teams, der Anhang, die Journalistinnen und Journalisten und viele mehr werden quer durch Europa bis nach Asien fliegen, als hätte es ein Virus namens Covid-19 nie gegeben. Die Ziele sind folgende Städte: London, St. Petersburg, Baku, München, Rom, Amsterdam, Budapest, Bukarest, Glasgow, Kopenhagen und Sevilla.
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Wie ist der Modus bei der UEFA Euro 2020?
Er ist wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1990. Es gibt sechs Gruppen mit jeweils vier Mannschaften. Das wiederum ist der Spannung der Gruppenspiele abträglich, weil danach der K.-o.-Modus mit dem Achtelfinale beginnt. Und das bedeutet: Nicht nur die Gruppenerst- und zweiplatzierten kommen weiter, sondern auch die vier besten Gruppendritten. Die eigentliche Nachricht bei so einem Modus ist daher nicht, wer es ins Achtelfinale schafft, sondern vielmehr, wer ausscheidet.
Wer spielt mit?
Bei diesem riesigen Teilnehmerfeld natürlich alles, was Rang und Namen hat. Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich, England, Holland, und, und, und. Interessant sind immer die Debütanten. Zum ersten Mal sind Nordmazedonien und Finnland dabei. Die Nordmazedonier (die Bürger des Landes würden sich niemals selbst so bezeichnen, sie nennen sich Mazedonier) müssen dabei erst einmal noch ihre Trikotfarbe klären. Das Rot von Ausrüster Jako ist viel zu dunkel. Es gleicht dem portugiesischen Rot und hat wenig mit dem Landesfarbenrot gemeinsam. Bevor es am Sonntag gegen Österreich losgeht, soll Jako das Problem klären. Und die Finnen? Merken gerade, dass es noch andere schöne Sportarten außer Eishockey gibt (auch wenn sie bei der WM in Lettland Deutschland besiegten und wieder mal bis ins Finale kamen). Fußball ist in dem nordischen Land drauf und dran, Eishockey als beliebteste Sportart abzulösen. Ein Star der Finnen ist Torhüter Lukas Hradecky, der bei Bayer Leverkusen unter Vertrag steht. Er sagte jüngst: „Bier ist dazu da, getrunken zu werden.“ Mit dieser Einstellung macht man sich in Finnland Freunde.
Wer spielt nicht mit?
Gibraltar, die Färöer, Zypern, Luxemburg und noch ein paar andere Länder von ähnlicher fußballerischer Strahlkraft. Tatsächlich aber wird man die Isländer in diesem Jahr vermissen. Bei der vergangenen Europameisterschaft in Frankreich besiegten sie im Achtelfinale sogar England, ehe sie eine Runde später gegen Frankreich ausschieden. Es war ein kleines Fußball-Märchen. Aber wer weiß, wenn die (Nord-)Mazedonier erstmal in richtigen Farben auflaufen, geht vielleicht auch was.
Was ist eigentlich mit Corona?
Auch wenn der Profifußball es manchmal nicht wahrhaben will: Ja, Corona ist immer noch da. Und, man glaubt es nicht, auch Fußballer infizieren sich. Folgender Sachstand wird beim Lesen dieser Zeilen vermutlich nicht mehr aktuell sein, trotzdem soll er hier anschauungshalber aufgeführt sein: Bei den Spaniern wurden Kapitän Sergio Busquets und Diego Llorente positiv getestet. Das Team-Training fiel unter der Woche aus und die Sorge geht um, dass sich weitere Spieler mit dem Coronavirus angesteckt haben. Für alle Fälle haben die Spanier unter der Woche schon eine B-Mannschaft auf den Trainingsplatz geschickt. Nächstes Beispiel: Schweden. Dejan Kulusevski und Mattias Svanberg sind positiv getestet worden. Und auch das schwedische Team befürchtet, dass sich noch mehr infiziert haben.
Wer darf zuschauen?
Trotz Corona mehr als wahrscheinlich vernünftig sind. In Budapest werden 69 000 Menschen den Fußballern zujubeln, sie verfluchen oder was auch immer. Mehr passen ins Puskas-Stadion auch nicht hinein. In Kopenhagen dürfen immerhin 25 000 Zuschauer ins 38 000 Fans fassende Stadion Parken, darauf einigte sich die dänische Regierung nur kurz vor Turnierbeginn. In Baku und St. Petersburg sind die Stadien dagegen nur halbvoll. Noch geringer ist die Auslastung zum Beispiel in London, dem Endspielort, wo das Stadion nur zu 25 Prozent gefüllt sein darf. Schlusslicht (oder vielmehr Vorbild) in dieser Statistik ist München. In der der EM-Arena beträgt die Auslastung 20 Prozent. Das heißt, jeweils 14 000 Zuschauer dürfen die vier Spiele im Stadion ansehen. Für alle, die keine Tickets haben, gibt es natürlich das Fernsehen beziehungsweise die Streams. ARD und ZDF übertragen in Deutschland wechselseitig. Doch es gibt noch einen anderen Anbieter aus Deutschland, der sogar alle Spiele zeigt: MagentaTV. Hinter dem Sender steht die Telekom.
Wer sind die Stars der UEFA Euro 2020?
Großes Potenzial haben Kylian Mbappé (Frankreich), Romelu Lukaku (Belgien), Robert Lewandowski (Polen) oder Harry Kane (England). Oft aber kristallisiert sich ein Star erst während eines Turnieres heraus. Es gibt etliche Beispiele. Der Einfachheit halber soll hier nur eines genannt sein: Dieter Eilts. Vor der Europameisterschaft 1996 war der Fußballarbeiter aus Bremen nur Bundesligakennern ein Name. Danach war der Ostfriese europaweit bekannt.
Wer gewinnt eigentlich?
Meine Glaskugel ist kaputt. Aber die Wettanbieter sagen: Frankreich macht es. Und wenn nicht Frankreich, dann England oder Belgien. Und wenn es keiner dieser Kandidaten schafft, dann erst wird Deutschland Europameister. An die Außenseiterrolle müssen sich die Deutschen gewöhnen. Aber sie birgt auch große Vorteile, weshalb Deutschland doch sehr gute Titelchancen hat.
Und sonst so?
Heißt dieses Turnier offiziell immer noch „EURO 2020“, obwohl wir uns im Jahr 2021 befinden. Warum das so ist? Die offizielle Erklärung des europäischen Fußballverbandes Uefa lautet, dass man damit die ursprüngliche Vision der Veranstaltung würdigen wolle. Das klingt unsinnig. Wahrscheinlicher erscheint, dass der Brand „EURO2020“ schon millionenfach gedruckt und vermarktet worden ist. Eine Änderung in „EURO 2021“ hätte die Uefa vermutlich viel Geld gekostet. Und davon hat auch der europäische Dachverband nach anderthalb Pandemiejahren nicht mehr so viel.