Die andere Champions League: Mit Umleitung – das kann der FC Bayern
Warum der Titel in der Champions League in dieser Saison ein ganz besonderer Titel sein wird – auch für die Bayern. Ein Kommentar.
Der Mensch gewöhnt sich an vieles, muss Frau oder Mann ja, um zu überleben. Sicher, das ist eine Binse, aber sie trifft auf die momentan laufenden Wettbewerbe des internationalen Fußballs irgendwie zu. Der Fan muss schlucken, dass sie oder er nicht ins Stadion darf bei den Endrundenspielen der Champions League und Europa League. Aber was soll’s: Im früheren Normalfall wäre ja auch nur ein Bruchteil der Interessierten in die Stadien gegangen.
Das Spiel im durchkommerzialisierten Spitzenfußball funktioniert für die weltweit verstreuten Konsumenten auch prima ohne viele Zuschauer im Stadion. Das kann man immer verkaufen, auch in der Übertragung. Auch wenn dem Sender RTL angeraten sei, die Geräuschkonserve (waren da beim Europa-League-Spiel von Leverkusen gegen Inter wirklich Fangesänge des 1. FC Köln zu hören?) demnächst leiser zu drehen. Braucht es nicht.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Die Champions League war im Viertelfinale sehr unterhaltsam, es gab drei durchaus überraschende Ergebnisse, das 8:2 der Bayern gegen Barcelona muss wegen seiner Deutlichkeit dazu gezählt werden. Der ganze Wettbewerb, ausgetragen in der Lissabon-Blase, hat etwas Knackiges. Da gibt es nicht mehr dieses Hin- und Herrechnen mit Hin- und Rückspiel, dieses Warten auf die nächste Woche, ob dann ein 1:1 zum Weiterkommen reicht oder nicht. Hier geht es sofort und in einem Spiel zur Sache. Zack.
Es ist eine neue Welt für den Klubfußball. Nicht nur die Durchführungsbestimmungen wurden mitten in der Saison geändert, sondern auch der Modus. Natürlich sind die Europapokalwettbewerbe nun nicht mehr die, die sie anfangs der Saison waren. Es ist ein bisschen so, als ob ein 5000-Meter-Lauf nach 4000 Metern über die Sprunggrube umgeleitet wird.
Aber auch das kann aufregend viel Spaß machen, und so gesehen ist der Titel in der Champions League am Ende in jeder Hinsicht ein besonderer – wahrscheinlich für die Bayern, weniger wahrscheinlich für die Leipziger oder die beiden im Wettbewerb verbliebenen Klubs aus Frankreich, Paris und Lyon. Wie auch immer: Es wird der erste Titel sein, der unter den Bedingungen unserer neuen Normalität zustande kam.