Wie der 1. FC Union von einem Investor profitiert: Mit dem Geld der Anderen
Union Berlin hat weiter gute Karten im Kampf um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Der hätte auch finanzielle Vorteile.
Eines ist bei Heimspielen des 1. FC Union immer gewiss. Dass Nina Hagens Stimme durchs Stadion An der Alten Försterei röhrt, schrill und laut. Und dass diese Stimme fragt: „Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen?“ – woraufhin es aus zigtausend Kehlen tönt: „Eisern Union!, Eisern Union!“. Es ist die Stelle in der Vereinshymne der Unioner, die von den Fans am lautesten begleitet wird. Denkbar ist, dass Hagens Stimme in der nächsten Saison erstligareif wird, wofür Hagen nichts könnte, der 1. FC Union aber schon. Er rangiert aktuell auf Relegationsplatz drei – mit unverändert guten Aussichten auf Platz zwei.
Das 1:1 am Montagabend des Rangzweiten Hamburger SV beim 1. FC Köln lässt den Berlinern weiterhin alle Chancen. Der Rückstand beträgt lediglich drei Punkte, das bessere Torverhältnis hat Union sowieso – und Nina Hagens Stimme muss der HSV in Köpenick auch noch ertragen, am 28. April nämlich, wenn der 31. Spieltag ansteht.
Robert Zulj hat sich die Hamburger am Montag zusammen mit seiner Freundin im TV angeschaut, der späte Ausgleich des HSV habe ihn aber nicht geärgert. „Letztendlich kannst du das eh nicht beeinflussen, wie die anderen spielen“, sagt Zulj. Der 27-Jährige findet, es sei falsch „auf die Gegner zu hoffen“, man habe es in der eigenen Hand – was angesichts des Restprogramms nachweislich stimmt. Gewinnen die Berliner neben dem HSV-Spiel auch die weiteren vier Partien, steigen sie sicher auf. Machbar scheint alles, sowohl die Auswärtsaufgaben gegen Fürth, Darmstadt und Bochum wie das Heimspiel gegen Magdeburg. Zulj sagt dazu: „Fußball ist nicht so leicht. Jeder kann gegen jeden gewinnen. Es ist sehr schwer in der Liga Siege einzufahren, egal gegen wen und egal, wo du spielst.“
Bei Union wissen sie das natürlich, 13 Mal schon teilte sich die Mannschaft von Trainer Urs Fischer in dieser Saison die Punkte mit dem Gegner – Zweitliga-Höchstwert. Wie zuletzt Stürmer Sebastian Polter fordert auch Zulj mehr Mut: „In so einer Situation hast du nichts zu verlieren, du kannst nur gewinnen“, sagt er und zieht einen erklärenden Vergleich: „Wenn wir der HSV oder Köln wären, wäre es etwas ganz anderes. Aber wir können befreit aufspielen.“
Union hat sich 2016 und 2017 am Kapitalmarkt bedient
Zuljs These könnte darauf basieren, dass Köln und Hamburg über erstligareife Kader verfügen, zusammengebastelt mit einem erstligareifen Budget. Das Portal transfermarkt.de beziffert den Kaderwert des FC auf 79,95 Millionen Euro, der HSV liegt bei 58,88 – Union bei 23,25 (und damit auf Rang drei).
Ein bisschen Erfolgsdruck dürften aber auch die Berliner haben. Wie der „Kicker“ berichtete, hat sich Union in den Jahren 2016 und 2017 am Kapitalmarkt bedient. Insgesamt 6,3 Millionen Euro stellte der Fonds „Quattrex German Opportunities“ laut „Kicker“ zur Verfügung, zurückzuzahlen bis 2026. Einen festen Zinssatz gebe es nicht, stattdessen profitiere Quattrex an den TV-Prämien, die Union von der DFL erhält. In Liga eins würde Quattrex demzufolge stärker profitieren, dafür würde Union die Rückzahlung leichter fallen.
Auf Tagesspiegel-Anfrage teilt Unions Präsident Dirk Zingler mit, man habe in den letzten zehn Jahren konsequent in den Kader, Rechte und Infrastruktur investiert und dabei mit mehreren Partnern (Banken, institutionelle und private Anleger) zusammengearbeitet. Ob Nina Hagen nun bekümmert ist, weil sich Union vom Westen Geld leiht (Quattrex sitzt in Luxemburg), steht derweil nicht fest.