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Mit verkniffenem Gesicht. Die jüngsten Auftritte von Borussia Mönchengladbach haben bei Trainer Dieter Hecking nicht gerade zu guter Laune geführt. Zuletzt verlor die Mannschaft drei Mal hintereinander und erzielte dabei kein Tor.
© Arne Dedert/dpa

Borussia Mönchengladbach: Mit Argumenten gegen die Krise

Seitdem Borussia Mönchengladbach im November die Bayern geschlagen hat, geht es für die Mannschaft in der Bundesliga bergab.

Max Eberl zog das Mikrofon heran, langsam, ganz langsaaaam. Er strich sich kurz mit der Zunge über die Oberlippe und holte noch einmal tief Luft. Es wirkte wie eine dramaturgische Pause, um die Spannung noch ein bisschen zu erhöhen, nachdem der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach neun Minuten lang schweigend neben seinem Trainer Dieter Hecking gesessen hatte. Und Eberl setzte in der Tat zu einer kleinen Grundsatzrede an. „Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir drei Spiele verloren. Nicht neun. Nicht zehn oder zwölf“, sagte er. „Aber mir kommt es so vor, als ob wir gerade am Abgrund stehen.“

Sieben Jahre ist es her, dass Borussia Mönchengladbach zu diesem Zeitpunkt des Jahres tatsächlich am Abgrund stand. Der Verein war Tabellenletzter der Fußball-Bundesliga mit exakt so viel Abstand auf den Relegationsplatz, wie ihn im Moment der 1. FC Köln hat, und er hatte gerade Trainer Michael Frontzeck durch Lucien Favre ersetzt. Seitdem ist es mehr oder weniger kontinuierlich nach oben gegangen. Trotzdem haben Favre und Eberl immer darauf verwiesen, dass man nicht vergessen dürfe, wo man herkomme.

Das tun die Anhänger der Gladbacher auch weiterhin. Das Problem ist nur: Ihre Bezugsgröße ist nicht mehr der Februar 2011, als der Abstieg in die Zweite Liga drohte; ihre Bezugsgröße ist Platz drei am Ende der Saison 2014/15, Platz vier am Ende der Saison 2015/16 – oder der vergangene November.

Ende November ist Heckings Team der letzte große Coup gelungen. Die Gladbacher besiegten die Bayern 2:1, sie waren damit die Ersten, die deren Trainer Jupp Heynckes eine Niederlage zufügen konnten – und sind bis heute die Einzigen. Nach dem Spiel war Borussia Vierter, mit nur zwei Punkten Rückstand auf Platz zwei. Im Nachhinein aber scheint ihr dieser Triumph nicht besonders gut bekommen zu sein. Während die Münchner seitdem immer gewonnen gewonnen haben, lägen die Gladbacher in einer virtuellen Tabelle ihrer letzten neun Spieltage mit sieben Punkten und nur dank der besseren Tordifferenz nicht auf einem Abstiegsplatz.

In der realen Tabelle sind sie Zehnter. „Das ist definitiv nicht das, was wir haben wollen. Wir sind nicht glücklich, wir reden auch nichts schön“, sagt Eberl. „Aber ich bin weit davon entfernt, alles in Frage zu stellen.“ Auch Trainer Hecking findet nicht, „dass alles im Argen liegt, so wie man manchmal den Eindruck haben könnte“.

In der Rückrunde gab es in fünf Spielen vier Niederlagen

Die Stimmung rund um den Verein ist in der Tat nicht mehr ganz so entspannt, nachdem die Mannschaft die jüngsten drei Spiele verloren und dabei kein einziges Tor erzielt hat. In der Rückrunde gab es in fünf Spielen vier Niederlagen, unter anderem gegen die beiden Abstiegskandidaten Köln und Stuttgart. „Wir brauchen momentan nicht von Europa zu reden“, sagt Sportdirektor Eberl. „Es geht jetzt darum, den Trend zu ändern.“

Da ist es – auf den ersten Blick – nicht gerade hilfreich, dass an diesem Sonntag das Heimspiel gegen Borussia Dortmund ansteht. Im Duell der beiden Borussias gab es für die Gladbacher zuletzt fünf Niederlagen hintereinander, bei einer Tordifferenz von 5:20. „Es ist noch nicht lang her, da sind sie zu Recht sehr gelobt worden“, sagt Dortmunds Trainer Peter Stöger über den kommenden Gegner. „Jetzt haben sie gefühlt ein richtiges Problem. Aber ich seh’ das nicht so.“

Die Gladbacher gelten immer noch als Mannschaft mit großem Potenzial, als spielerisch überdurchschnittlich befähigter Bundesligist – aber derzeit tut sich die Mannschaft gerade mit den leichten Dingen schwer. Vorne lassen die Offensivspieler ihre Chancen ungenutzt, hinten kassiert die Defensive in unpassenden Momenten entscheidende Gegentore. „Der letzte Punch gelingt uns nicht“, sagt Kapitän Lars Stindl, der Mitte November, eine Woche vor dem Sieg gegen die Bayern, zuletzt getroffen hat. Dazu gab es ein paar diskutable Schiedsrichterentscheidungen und ein schwer zu erklärendes Verletzungspech. Aber nach einem trägen Auftritt wie jüngst in Stuttgart wirken solche Erklärungen eher wie Ausflüchte.

„Wir sind auf der Suche nach der Leichtigkeit, nach dem fehlenden Glücksmoment, nach dem Vertrauen“, sagt Trainer Hecking. Der 53-Jährige hält sich für erfahren genug, mit der Situation fertig zu werden. Er macht auch nicht den Eindruck, über alle Maßen alarmiert zu sein – schon um die zittrigen Spieler nicht noch mehr zu verunsichern: „Wenn man Fehler vermeiden möchte, spielt man Sicherheitsfußball.“ Im Training lag der Schwerpunkt daher auf der Offensive und der Verwertung von Torchancen. Die Notwendigkeit einer grundlegenden Neuausrichtung sehen weder Hecking noch Eberl.

Borussias Sportdirektor lässt sich nur ungern von Emotionen leiten. Er hat die ersten fünf Spiele der Rückrunde analysiert und dabei festgestellt: „Wir sind in fast allen Statistiken besser als in den ersten fünf Spielen der Hinrunde.“ Bei Chancen nämlich, zugelassenen Chancen, Laufleistung und Zweikämpfen. Der einzige gravierende Unterschied sei, dass die Mannschaft statt acht nur drei Punkte geholt habe. Auch wenn es nicht die unwichtigste Kategorie ist: Eberl schließt daraus vor allem „dass nichts gravierend falsch läuft, sondern dass es nur an Details liegt“.

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