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Macher. Softwaremilliardär Hasso Plattner will „etwas zurückgeben“. Mit fast einer Milliarde Euro engagiert sich der gebürtige Berliner in der Landeshauptstadt Potsdam.
© Andreas Klaer

Neue Pläne: Milliardär Plattner will Potsdam eine Kunsthalle stiften

Hasso Plattner zeigt sich wieder von seiner spendablen Seite: Der Softwaremilliardär will in Potsdam eine Kunsthalle schaffen. Der Neubau könnte am Standort des Hotel Mercure entstehen. Politiker zeigen sich hoch erfreut.

Die neuen Pläne des Softwaremilliardärs und Mäzens Hasso Plattner sind für Potsdam eine Sensation: Plattner will der brandenburgischen Landeshauptstadt eine Kunsthalle stiften. Den Bau soll die „Hasso Plattner Förderstiftung“ in naher Zukunft im historischen Stadtzentrum errichten. In der Kunsthalle – Potsdam besitzt bisher kein Kunstmuseum – sollen eigenständige Sammlungen aufgebaut und gezeigt werden.

Plattner, selbst angesehener Kunstsammler, bestätigte seine Pläne gegenüber dieser Zeitung. Zu Details wollte er sich jedoch nicht äußern. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte am Donnerstag auf Anfrage: „Ich freue mich, dass Hasso Plattner die Idee für eine Kunsthalle in Potsdam umsetzen will. Das würde unsere Landeshauptstadt schmücken und wäre eine Auszeichnung von internationaler Bedeutung.“ Daher unterstütze das Rathaus Plattner und suche mit ihm nach einem „geeigneten Standort für eine solche Kunsthalle“, so der Oberbürgermeister.

Erste Wahl als Ort für die Kunsthalle ist nach Informationen dieser Zeitung das einzige für die Stadt noch frei verfügbare und somit wertvollste Grundstück in der Potsdamer Stadtmitte: Es liegt direkt gegenüber dem im Bau befindlichen Stadtschloss; heute befindet sich dort der 17-stöckige DDR-Plattenbau des einstigen Interhotels, heute Hotel Mercure. Kritiker halten das Hochhaus für einen der größten städtebaulichen Schandflecke Potsdams. Mit der Kunsthalle an diesem Ort würde Plattner somit erneut bewirken, dass die im Zweiten Weltkrieg und in der DDR zerstörte historische Potsdamer Mitte aufgewertet wird.

Zudem würde sich Plattners Engagement in der Landeshauptstadt in den vergangenen knapp 15 Jahren nicht nur durch sein Mäzenatentum, sondern auch mit den Investitionen in die neue Kunsthalle auf geschätzt nahezu eine Milliarde Euro summieren. 1998 stiftete der Gründer und heutige Aufsichtsratschef des Softwarekonzerns SAP der Stadt und ihrer Universität für 200 Millionen Euro das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI). Für den Aufbau des Potsdamer Schlosses hat Plattner 20 Millionen Euro gespendet – zunächst, damit der Bau, in den im Herbst 2013 das Landesparlament einziehen wird, die historische Fassade erhalten kann. Als es in Potsdam Proteste wegen des billigen Zinkdachs gab, legte Plattner geschätzte knapp zwei Millionen Euro nach, damit das Schloss wie das Knobelsdorffsche Vorbild ein Dach aus Kupfer erhält.

Plattners Pläne bringen Potsdam in eine neue Lage

Viele Details des Geheimprojekts Plattner-Kunsthalle – von dem seit dem Angebot des Mäzens im vergangenen Herbst selbst im Potsdamer Rathaus nur eine Handvoll Mitarbeiter wissen – sind noch unbekannt. Auch einige Schwierigkeiten sind zu lösen. Doch für den Abriss des Hotelhochhauses bietet sich derzeit ein bisher einmaliges Zeitfenster: Ende des Jahres läuft der Vertrag zwischen dem Hotelbetreiber, der Accor-Gruppe, und dem US-Finanzinvestor Blackstone als Eigentümer aus. Doch bisher schien es ausgeschlossen, dass Potsdam die Millionen für den Kaufpreis – ein Gutachten hatte vor fünf Jahren eine Summe von rund zehn Millionen Euro ausgewiesen – aufbringen kann. Ganz zu schweigen davon, dass eine solche Entscheidung politisch weder vermittel- noch durchsetzbar gewesen wäre: eine Millioneninvestition nur für einen Abriss.

Angesichts der Pläne des 68-jährigen Plattner befindet sich die Landeshauptstadt nun in einer neuen Lage: Mit einem sicheren Käufer in der Hinterhand könnte sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Eine breite Zustimmung der von einer Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Bündnisgrünen und FDP dominierten Stadtpolitik scheint wahrscheinlich. In der beständig geführten politischen Debatte zum Umgang mit DDR-Bauten im barocken Potsdamer Zentrum hatte sich die Rathausspitze erst Ende März auf einen Abriss des einstigen Interhotels festgelegt. Oberbürgermeister Jakobs hatte sich sogar schon im Juli 2010 dafür ausgesprochen: „Der Bau passt dort schon jetzt nicht mehr hin.“

Dass das Hotel eines Tages fallen wird, darüber hegte zuletzt nicht einmal die Potsdamer Linke Zweifel. Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sieht zwar keine Schwierigkeiten in der direkten Nachbarschaft von Hochhaus und Stadtschloss – doch selbst er forderte keine Bestandsgarantie für die Ewigkeit. Von rund 20 Jahren Lebensdauer, die das Gebäude noch haben könnte, war zuletzt die Rede. Andere Stimmen gegen einen Abriss gibt es in der Potsdamer Stadtpolitik kaum. Das Stadtschloss wirkt für viele eingeengt zwischen dem DDR-Fachhochschulbau auf der einen und dem 54 Meter hohen Hotel auf der anderen Seite.

Plattners Kunsthalle könnte mehr Freiraum gewähren – und ein modernes Pendant zum alten Knobelsdorff-Schloss werden. Eine Vorgabe für die Bebauung des Grundstücks gibt es nicht, moderne Architektur gilt für die Kunsthalle aber als sehr wahrscheinlich.

Hasso Plattner, gebürtiger Berliner, ist seit Jahren bekennender Mäzen. Mit einem geschätzten Vermögen von knapp sieben Milliarden Euro gilt Plattner laut dem Wirtschaftsmagazin „Forbes“ als einer der reichsten Deutschen. „Vom Zurückgeben halte ich viel, wenn man sehr erfolgreich gewesen ist im Leben“, sagte Plattner jüngst in einer Fernsehdokumentation von RBB und Arte. „Man kann das Geld ja auch nicht mitnehmen.“ Wenn er in Potsdam ist, wohnt Plattner am Griebnitzsee. Dort hat er die von Architekt Mies van der Rohe erbaute „Villa Urbig“ erworben. In dem 1915 errichteten Bau residierte während der Potsdamer Konferenz 1945 der britische Premierminister Winston Churchill.

Sabine Schicketanz, Peer Straube

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