Leichtathletik-EM in Amsterdam: Max Heß holt Gold im Dreisprung
Überraschend triumphiert Max Heß im Dreisprung. Speerwerferin Linda Stahl und Stabhochspringerin Lisa Ryzih holen Silber. Christoph Harting verpasst Bronze.
Max Heß konnte es selbst kaum fassen. „Das ist ein bisschen unbegreiflich“, sagte er zum größten Erfolg seiner noch jungen Karriere. Vier Tage vor seinem 20. Geburtstag gewann der Chemnitzer überraschend Gold im Dreisprung bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Amsterdam. Mit der persönlichen Bestleistung von 17,20 Metern düpierte der 19-Jährige am Samstag die gesamte Konkurrenz und siegte mit dem knappen Vorsprung von nur vier Zentimetern auf den Polen Karol Hoffmann. „Es war eng. Ich hätte nicht mehr nachlegen können, weil mein Fuß nicht mitmachte“, sagte Heß. Bronze holte sich der Brite Julian Reid mit 16,76 Metern.
„Der Junge hat ein Riesentalent, der kann 17,50 Meter weit springen“, hatte Heß’ Heimtrainer Harry Marusch vor dem Wettkampf gesagt. Dazu fehlen jetzt auch nur noch 30 Zentimeter. Schon in der diesjährigen Hallensaison ließ Heß aufhorchen. Bei den Weltmeisterschaften in Portland (USA) gewann er mit 17,14 Metern die Silbermedaille.
Nun hat Heß hat als zweiter deutscher Dreispringer EM-Gold geholt. Bis dato einziger deutscher Dreisprung-Europameister war der DDR-Athlet Jörg Drehmel, der 1971 in Helsinki den Titel gewann.
Heß siegt mit vier Zentimetern Vorsprung
Auch Stabhochspringerin Lisa Ryzih gewann überraschend die Silbermedaille. Die 27 Jahre alte Athletin vom ABC Ludwigshafen übersprang am Samstag im Finale 4,70 Meter. Europameisterin wurde Ekaterini Stefanidi aus Griechenland. EM-Bronze sicherte sich die Schwedin Angelica Bengtsson mit 4,65 Metern. Die deutsche Meisterin Martina Strutz aus Schwerin wurde mit 4,45 Metern Zehnte vor Anna Roloff (Holzminden/4,35 Meter)
Speerwerferin Linda Stahl konnte ebenfalls jubeln. Die 30-Jährige hat mit dem letzten Versuch über 65,25 Meter noch die Silbermedaille gewonnen. „Alles oder nichts - und es gab irgendwie alles“, sagte die Oberärztin vom TSV Bayer Leverkusen, nachdem sie ihrer Freude bei der letzte Landung des Speers mit einem lauten Schrei Luft machte. „Im letzten Versuch hab ich nur gedacht, egal, hau drauf.“ Weiter warf nur Tatjana Chaladowitsch aus Weißrussland mit 66,34 Metern.
Leidtragende des letzten Wurfs ihrer Vereinskollegin war Katharina Molitor. Die Weltmeisterin von 2015 lag bis dahin mit Saisonbestweite von 63,20 Metern noch auf dem Bronze-Rang und wurde am Ende mit 30 Zentimetern Rückstand auf Sara Kolak (Kroatien) Vierte. Die 32-Jährige Leverkusenerin muss jetzt sogar um die Teilnahme an den Olympischen Spielen bangen. „Der vierte Platz an sich ist natürlich ärgerlich. Die Bedingungen waren nicht ganz einfach“, sagte sie geknickt. „Nichtsdestotrotz hätte man vielleicht weiter werfen müssen. Jetzt ist wieder Unsicherheit da, weil ich noch nicht weiß, ob ich bei Olympia dabei bin. Die Ungewissheit ist das Schlimmste.“
Harting verpasst Bronze knapp
Enttäuscht war ebenso Diskuswerfer Christoph Harting. Er verpasste EM-Bronze und damit seine erste internationale Medaille nur um 14 Zentimeter. Der jüngere Bruder von Olympiasieger Robert Harting musste sich am Samstagabend im Finale mit 65,13 Metern und Platz vier begnügen. Der Pole Piotr Malachowski holte sich mit 67,06 Metern seinen zweiten EM-Titel nach 2010. Silber gewann der WM-Zweite Philip Milanov aus Belgien (65,71), Dritter wurde Gerd Kanter aus Estland (65,27). Der Wattenscheider Daniel Jasinski wurde mit 63,35 Metern Achter.
Robert Harting hatte auf eine Titelverteidigung verzichtet. Der Berliner ist für Olympia als Deutscher Meister schon qualifiziert und will in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Rio seinen Trainingsrückstand aufholen.
Über 1500 Meter verpasste Homiyu Tesfaye eine Medaille. Der Frankfurter wurde Zehnter, der Norweger Filip Ingebrigtsen siegte in 3:46,65 Minuten. (dpa)