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Halt mich fest. Mathew Leckie (links, mit Vedad Ibisevic) schien zu Saisonbeginn selbst nicht verstehen zu können, warum er plötzlich so verlässlich getroffen hat.
© Maurizio Gambarini/dpa

Hertha BSC spielt bei Athletic Bilbao: Mathew Leckie: Lange nicht gesehen

Hertha BSC spielt bei Athletic Bilbao gegen das Aus in der Europa League. Dabei kann Trainer Pal Dardai endlich wieder auf Mathew Leckie setzen.

Das Baskenland zählt im November nicht unbedingt zu den bevorzugten Reisezielen bei all jenen, die Wärme und Sonnenschein suchen. Normalerweise ist es um diese Jahreszeit an der spanischen Atlantikküste ähnlich grau und nass wie in Berlin. Insofern war es eine schlüssige Entscheidung von Hertha BSC, den Aufenthalt in Bilbao rund um das Europa-League-Spiel gegen Athletic am Donnerstag (19 Uhr, live bei Sky) auf das Nötigste zu beschränken. Pal Dardai hat die Reiseplanung Anfang dieser Woche trotzdem ein wenig bedauert. „Wir haben bei der Organisation einen Riesenfehler gemacht“, sagte der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, nachdem er erfahren hatte, welche Temperaturen im Baskenland herrschen. Um die 20 Grad sind es aktuell. Aber: „Wir fahren ja nicht wegen des Wetters dahin“, sagt Dardai. „Wir haben eine Aufgabe. Eine große Aufgabe.“

Mathew Leckie dürfte die Angelegenheit ohnehin etwas anders gesehen haben als sein Trainer. Abgesehen davon, dass sich die Anreise der Berliner nach Bilbao am Mittwoch etwas schwieriger gestaltete, wird der Australier ganz froh gewesen sein, dass er mal ein paar Nächte hintereinander im eigenen Bett schlafen konnte. Leckie hat gerade erst eine Reise um die halbe Welt hinter sich. Mit der australischen Nationalmannschaft bestritt er vorige Woche in der WM-Qualifikation das Play-off-Rückspiel gegen Honduras. 90 Minuten stand Leckie auf dem Platz, nachdem er zuvor drei Wochen wegen muskulärer Probleme hatte aussetzen müssen – mit der Folge, dass Dardai dem Offensivspieler am Samstag gegen seinen Ex-Klub Borussia Mönchengladbach erst einmal wieder eine Pause gönnen musste. „Ich war ein bisschen müde, die Muskeln waren übersäuert“, sagt Leckie. „Deshalb habe ich ein paar Tage mehr Erholung gebraucht.“

Inzwischen kommt es einem schon wie eine gefühlte Ewigkeit vor, dass Leckie für Hertha gespielt hat. De facto stand er vor exakt einem Monat, beim Auswärtsspiel in Freiburg zuletzt für die Berliner auf dem Platz. Anschließend war der Australier verletzt und mit der Nationalmannschaft unterwegs, womit Trainer Dardai „nicht ganz einverstanden“ war. „Es war das entscheidende Spiel, um sich für die WM zu qualifizieren“, entgegnet Leckie, „ich wollte unbedingt dabei sein.“

Erst war Leckie verletzt, dann bei der Nationalmannschaft

Dass die Umstände bei Leckie durch die regelmäßigen Dienstreisen in die Heimat nicht ganz einfach sind, ist nicht neu. Dardai findet, dass es schon die ganze Saison „einen Tick zu komisch“ sei. Erst stieg Leckie wegen seiner Teilnahme beim Confed-Cup verspätet in die Vorbereitung ein. „Dann hat er einen guten Start und fliegt wieder zur Nationalmannschaft. Wir müssen ihn schonen, weil er sich da ausgepowert hat“, erzählt Herthas Trainer „Er kommt halb kaputt zurück, verletzt sich und fährt dann wieder zur Nationalmannschaft.“

Immerhin: Der Ausflug nach Bilbao ist die letzte Fernreise in diesem Jahr. „Ich muss ihn nicht mehr schonen“, sagt Trainer Dardai, „und hoffe, dass sein körperlicher Zustand jetzt bis Weihnachten hält.“ Einen Mathew Leckie in der Form des Spätsommers können die Berliner für den Jahresendspurt, in dem es um eine gute Position in Bundesliga und Europa League geht, ganz sicher brauchen.

In den ersten fünf Bundesligaspielen nach seinem Wechsel aus Ingolstadt erzielte der 26-Jährige vier Treffer; dazu kamen zwei Vorlagen im DFB-Pokal gegen Hansa Rostock. Und obwohl Leckie seit zwei Monaten nicht mehr getroffen hat, ist er mit vier Toren immer noch Herthas bester Torschütze dieser Saison (zusammen mit Davie Selke). Es spricht also einiges dafür, dass Leckie bei Athletic Bilbao sein Startelfdebüt in der Europa League feiern wird, nachdem er in diesem Wettbewerb bisher nur im Hinspiel gegen die Basken (0:0) für die Schlussviertelstunde eingewechselt worden ist.

„Ich glaube nicht, dass ich viel verloren habe“, sagt Leckie über die Auswirkungen seiner Muskelverletzung. „Ich bin fit, habe keine Verletzung – alles gut.“ Dardai sagt, dass er für das Spiel in Bilbao nicht nur eine frische Mannschaft benötige: „Für uns ist das fast wie ein K.-o.-Spiel, da brauchen wir Erfahrung.“ Für Athletic Bilbao ist es ähnlich. In der nationalen Liga ist die Mannschaft sogar nur Fünfzehnter, und in der Europa League ist Athletic, der vermeintliche Favorit auf den Gruppensieg, mit fünf Punkten aus vier Spielen bisher ebenfalls hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Noch einen Punkt und einen Platz dahinter folgt Hertha BSC. Trotzdem besitzen die Berliner weiterhin die Chance, das Sechzehntelfinale zu erreichen. Neben internationalem Renommee würde ihnen das zusätzliche Einnahmen von gut zwei Millionen Euro einbringen. Um alles in eigener Hand zu haben, muss Hertha bei Athletic gewinnen. Bei einer Niederlage in Bilbao hingegen wären die Berliner bereits vor dem letzten Gruppenspiel zu Hause gegen Östersunds FK (7. Dezember) ausgeschieden. Bei einem Unentschieden gäbe es in jedem Fall noch eine theoretische Chance aufs Weiterkommen. Je nachdem wie das Parallelspiel zwischen Luhansk und Östersund ausgeht, wäre Hertha allerdings auf fremde Hilfe angewiesen.

Mit solchen Rechnungen aber müssen sich die Berliner erst einmal nicht beschäftigen. „Wir fahren dahin, um zu gewinnen“, sagt Mathew Leckie. „Ich bin heiß.“

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