Herthas Linksverteidiger gegen Brasilien: Marvin Plattenhardt wahrt seine WM-Chance
Marvin Plattenhardt von Hertha BSC zeigt gegen Brasilien eine solide Leistung – seine WM-Chancen dürften sich zumindest nicht verschlechtert haben.
Marvin Plattenhardt kennt den Weg. Plattenhardt kennt vermutlich jeden Weg in diesem Stadion, in dem er alle zwei Wochen seine Arbeit verrichtet. An diesem Abend aber trägt er das grüne Trikot der Nationalmannschaft und nicht das blaue von Hertha BSC, er kommt diesmal nicht aus dem Untergrund aufs Feld, sondern muss den langen Weg vom Marathontor nehmen – aber sein Orientierungssinn funktioniert. Exemplarisch ist das in der sechsten Minute zu sehen, als er sich heimlich davon geschlichen hat, jenseits der Mittellinie von Antonio Rüdiger angespielt wird und den Ball unbedrängt in die Mitte schlagen kann. Plattenhardts Flanke gerät ein bisschen zu lang, so dass Torhüter Alisson keine große Mühe hat.
„Es wird ein großes Highlight für mich im eigenen Stadion“, hat Herthas Linksverteidiger vor dem Länderspiel gegen Rekordweltmeister Brasilien gesagt. Man könnte fast meinen, dass Bundestrainer Joachim Löw seine Viererkette vor allem nach lokalpatriotischen Gesichtspunkten besetzt hätte. In der Mitte verteidigen die gebürtigen Berliner Jerome Boateng und Antonio Rüdiger, links spielt Herthas Plattenhardt, nur Joshua Kimmich, der schwäbische Münchner, passt nicht ganz in die Reihe.
Nun wäre es allerdings unfair gegenüber Plattenhardt, wenn man seinen Einsatz im Olympiastadion allein mit außersportlichen Erwägungen begründete. Es ist das sechste Länderspiel für den 26-Jährigen und der vierte Startelfeinsatz im Nationalteam. Seine Chancen, bei der WM in Russland dabei zu sein, stehen nicht schlecht – daran hat sich, um es mal vorsichtig zu formulieren, nach dem Auftritt gegen Brasilien nichts geändert. Plattenhardt erledigt die Aufgabe so, wie man es von ihm kennt: unaufgeregt, seriös, aber eben auch ein bisschen unspektakulär.
"Es kann noch einiges passieren"
Der Bundestrainer hatte Plattenhardt am Wochenende im Grunde schon vorab für die WM nominiert, ihn und den Kölner Jonas Hector als die ersten beiden Kandidaten für die Position des Linksverteidigers bezeichnet. Für Löw gibt es auch keine anderen mehr. Trotzdem ist Plattenhardt nicht gleich ausgeflippt. Das ist nicht seine Art. „Es war nur ein Statement, keine Nominierung“, hat er gesagt. „Es kann noch einiges passieren.“
Stimmt, so ein Spiel gegen die offensivstarken Brasilianer birgt gerade für die Defensivspieler auf der Gegenseite die Gefahr, sich zu blamieren. Plattenhardt bekommt es vornehmlich mit Willian vom Englischen Meister FC Chelsea zu tun. Aber das scheint ihn nicht weiter zu irritieren. Der Berliner spielt, auch unter Bedrängnis, einen sauberen Ball, bekommt in der Defensive sogar weniger zu tun, als zu erwarten gewesen wäre. Das 1:0 der Brasilianer wird zwar von Willian mit einer Flanke vorbereitet, allerdings liegt der Fehler nicht bei Plattenhardt.
Beim Spielaufbau des Weltmeisters lässt sich Toni Kroos oft neben die beiden Innenverteidiger zurückfallen; er übernimmt quasi Plattenhardts Position, der sich dafür weit nach vorne wagt. Der Herthaner kommt dadurch zu einigen Aktionen in der Offensive. Mit einer flachen Hereingabe erzwingt er die erste Ecke für die Deutschen, mit einer Flanke holt er auch die zweite heraus, weil sich Brasiliens Torhüter und Thiago Silva über den Haufen rennen. Eine weitere Flanke gerät etwas zu lang, so dass Kimmich am zweiten Pfosten keinen Druck mehr auf den Ball bekommt.
Plattenhardt spielt 90 Minuten durch
In der zweiten Halbzeit nimmt Löw fünf Wechsel vor. Plattenhardt bleibt bis zum Schluss auf dem Platz. Das ist nicht weiter schlimm. Beim nächsten Spiel im Olympiastadion, am Samstag zwischen Hertha und dem VfL Wolfsburg, darf sich Marvin Plattenhardt ausruhen. Er ist dann nach der fünften Gelben Karte gesperrt.