Trainerwechsel vor dem Spiel in Frankfurt: Martin Schmidt ist Augsburgs Brandstifter
Martin Schmidt ist der neue Trainer beim abstiegsbedrohten FC Augsburg. Der Schweizer ist ein ganz anderer Trainertyp als sein Vorgänger.
Martin Schmidt geht die Sache nicht unbedingt als Feuerwehrmann an. Martin Schmidt kommt eher als Brandstifter. Will den Funken entfachen. Das Feuer. Der Motivationskünstler soll den FC Augsburg vor dem Abstieg retten.
Von dieser Aufgabe war sein Vorgänger Manuel Baum am vergangenen Dienstagabend entbunden worden. Der FCA reagierte damit als letzter der fünf abgeschlagenen Vereine und wechselte seinen Trainer. Viel gebracht hatte dieses Stilmittel zuvor in Hannover, Nürnberg, Stuttgart und bei Schalke nicht. Drei dieser fünf Klubs (inklusive Augsburg) werden am Saisonende mit ziemlicher Sicherheit die hinteren Plätze belegen. Nur die Reihenfolge steht dabei noch aus.
Unter Baum hatte der FCA in dieser Saison immerhin das Viertelfinale im DFB- Pokal erreicht und stand in der Bundesliga nie tiefer als Rang 15. An den letzten 13 Spieltagen – mit einer Ausnahme – aber auch nie höher. Baum, der als äußerst versierter Fachmann gilt und seit drei Jahren in Augsburg tätig war, scheiterte in dieser Spielzeit vor allem auch an seiner eigenen Mannschaft, die ihren Trainer ein ums andere Mal recht deutlich und in aller Öffentlichkeit abwatschte. Zwei Spieler mussten den Klub aus disziplinarischen Gründen bereits verlassen – noch mehr, und man hätte den Spielbetrieb bald einstellen müssen. Nach zuletzt wenig wehrhaften Auftritten traf es nun also den Trainer und seinen gesamten Stab um Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann. Martin Schmidt nahm bereits am Mittwochmorgen seine Arbeit auf.
Der etwas andere Trainer
An den verbleibenden sechs Spieltagen soll es für den 52 Jahre alten Schweizer vor allem darum gehen, weiterhin den rettenden Platz 15 zu verteidigen. Das Restprogramm, das die Schwaben an diesem Sonntag zu dem schweren Auswärtsspiel nach Frankfurt (18 Uhr) führt, hält am übernächsten Spieltag auch gleich das Duell mit dem direkten Verfolger aus Stuttgart bereit. Sollten diese beiden Spiele ohne Punktgewinn bleiben, dann müsste der neue Trainer wohl doch ganz schnell den Feuerwehrmann geben.
Bis zu seinem Debüt wird Martin Schmidt die kurze Vorbereitungszeit aber vor allem dafür nutzen, um in die Köpfe seiner neuen Spieler zu gelangen. „Wir brauchen zunächst einen einfachen Plan, der zum Team passt und mit dem sich jeder identifizieren kann“, sagte Schmidt bei seiner Vorstellung. Seine Mannschaft solle „einen hochintensiven, leidenschaftlichen, schnörkellosen Fußball spielen“, sagte Schmidt weiter, der in seinen ersten Tagen rund um den Klub zwar für etwas Aufbruchstimmung sorgen konnte, die angebrachten Zweifel bei der lokalen Presse aber auch noch nicht in Luft auflösen konnte. „Man darf gespannt sein, ob Martin Schmidt es schafft, dem dergestalt geschwächten FCA neues Leben einzuhauchen. Zu rechnen ist damit nicht, falls aber wider erwarten doch, dann wird Baums Entlassung als harte aber richtige Zäsur in die Geschichte des FCA eingehen“, schrieb die „Augsburger Zeitung“ jüngst in einem Kommentar.
Martin Schmidt hatte sich einst in Mainz einen Namen gemacht. Und das soll bei einem Allerweltsnamen schon einiges heißen. Sein Gesicht ist mittlerweile mit der Assoziation „des etwas anderen Trainers“ verquickt, des Bundesliga-Quereinsteigers aus dem Wallis. Schmidt war in seinem Leben schon Besitzer einer Autowerkstatt und besitzt noch heute ein Bekleidungsgeschäft. Seine langen Haaren gelten als Erinnerung an eine Zeit, in der er Skirennen fuhr und Mountainbike, beides vor allem schnell und extrem, Angst kennt dieser Mann wohl nur aus den Gesichtern der anderen.
Nebenbei war er noch Fußballtrainer, klar. 2010 verließ Schmidt seine Heimat und übernahm die zweite Mannschaft aus Mainz. Nach seiner Beförderung zu den Profis steht er dort heute in einer Reihe mit seinen prominenten Vorgängern Jürgen Klopp und Thomas Tuchel – wobei der größte Erfolg der Klubgeschichte mit dem Einzug in die Gruppenphase der Europa League tatsächlich unter Schmidt gelang. Der Anruf aus Dortmund – wie für Mainzer Trainer einmal üblich – blieb für ihn aber aus. Schmidt ging stattdessen zum VW-Klub nach Wolfsburg, wo er in der vergangenen Saison nach 22 mehr oder weniger erfolglosen Spielen von selbst aufgab. An dieser Stelle endeten die Parallelen zu Klopp und Tuchel dann endgültig. Für Schmidt wartet in Augsburg heute keine Millionentruppe mit Aussicht Champions League, sondern Abstiegskampf.
Beim VfL startete Schmidt seinerzeit mit sechs Unentschieden. Diese Serie brachte ihm beim Boulevard – in Anlehnung an einen Weinbrand – den Namen „Remis-Martin“ ein. Für Augsburg würde eine solche Punkteausbeute in den letzten sechs Spielen aber vielleicht sogar schon zum Klassenerhalt reichen. Na dann, prost.