zum Hauptinhalt
Obenauf. Marius Grigonis' bester Freund war am Sonntag der Ball.
© imago/Oryk Haist

Albas Basketballer trifft in München fast alles: Marius Grigonis: Der Iceman aus Kaunas

Der Spieler aus Litauen überzeugt beim 106:95-Sieg von Alba Berlin bei Bayern München mit hoher Präzision. Die Wechselgerüchte wird dies eher noch befeuern.

Von

Im dritten Viertel war es soweit. Zwar mussten in diesem Abschnitt noch vier Minuten und 47 Sekunden heruntergespielt werden – Marius Grigonis, die Nummer 13 von Alba Berlin, jubelte aber schon ausgelassen. Kurz zuvor hatte er den Ball erhalten, war minimal in die Hocke gegangen, dabei stets das Ziel anvisierend. Dann hatte der Ball die Hand des Schützen verlassen, eine parabelförmige Flugkurve genommen und war angenehm fluffig im Korb der Münchner gelandet. Ziemlich lässig hatte Grigonis die Punkte zum 62:51 für Alba Berlin aussehen lassen, eine höhere Führung sollte es in diesem ersten Play-Off-Spiel um die deutsche Basketballmeisterschaft gegen Bayern München nicht mehr geben.

Grigonis freute sich darüber ausgiebig, indem er beide Arme nach oben riss, drei-, viermal energisch mit dem Kopf nickte und einen kurzen Gruß in die feiernde Alba-Kurve sandte. Der Mann schien schwer emotionalisiert – ein Zustand, der nicht unbedingt der Art des 24-jährigen Litauers entspricht. Bisweilen wirkt Marius Grigonis ja wie ein Iceman, cool, abgezockt, präzise, und eben selten überkochend. Für einen Schützen, der bevorzugt aus der Distanz und von der Freiwurflinie ran muss, ist das sicher nicht die schlechteste Eigenschaft.

Beim 106:95-Sieg nach Verlängerung gegen München fand Grigonis erstaunlich schnell den totalen Fokus. Erstaunlich deshalb, weil in der Gerüchteküche derzeit auch Marius Grigonis ziemlich heiß gekocht wird. Sein ehemaliger Klub Zalgiris Kaunas soll Interesse bekundet haben, schon zur neuen Saison wolle der große litauische Traditionsklub Albas Forward verpflichten. Hört man jedenfalls. Grigonis sagte dazu bislang wenig, im Grunde genommen nur dies: „Ich habe mit niemandem gesprochen, vielleicht mein Agent. Ich konzentriere mich nur auf die Finals, danach muss man sehen, ob es irgendwelche Optionen gibt. Ich habe einen Drei-Jahres-Vertrag.“ Nicht selten leidet die Physis dann aber doch unter der Psyche, wird der Arm schwer, weil der Kopf woanders weilt.

13 von 14 Freiwürfen landen im Korb

Nach Grigonis’ grandioser Show erübrigten sich alle Zweifel. Mit zwei Dreiern hatte er das emotionale Duell gegen Bayern eröffnet, dem er in der Folgezeit entschlossen und leichtfüßig zugleich seinen Stempel aufdrückte. Die Bayern bekamen ihn kaum zu fassen, die hitzige Atmosphäre kühlte Grigonis mit seiner unorthodoxen Wurftechnik schnell ab. „Ich habe vielleicht ein paar Lektionen verpasst, aber es ist letztlich egal, wie es aussieht, solange du die Würfe triffst“, findet Grigonis und lieferte am Sonntag den Beweis.

Gerade in den Anfangsminuten, in der insbesondere einige Bayernspieler nervös wirkten, erschien Grigonis’ trockene und präzise Spielweise besonders wertvoll. Dem perfekten Start ließ er 24 weitere Punkte folgen, darunter 13 Freiwürfe – bei 14 Versuchen. Vielmehr Iceman geht eigentlich nicht.

Aus der Nähe betrachtet schaut Grigonis sogar aus wie ein solcher. Akkurate Kurzhaarfrisur, Pokerface, ein bisschen erinnert er an den Formel-1-Pilot Kimi Räikkönen, den erfolgreichen Weltmeister-Iceman aus Finnland.

Dieser Größenordnung kann sich Grigonis natürlich noch nicht angehörig fühlen, obschon er mit 1,98 Meter eine ziemliche Kante darstellt. Und Erfolge hat der in Kaunas geborene Spieler auch schon verbucht. In der vergangenen Saison gewann Grigonis mit Teneriffa die Champions League und spielte im Final Four dermaßen stark, dass er zum wertvollsten Spieler gekürt wurde.

Es war der vorläufige Höhepunkt seiner Karriere in Spanien. 2013 hatte Grigonis in Südeuropa angeheuert, zunächst beim Zweitligisten Huesca, dann in der ersten Liga für Manresa und Teneriffa gepunktet. Mit der litauischen Nationalmannschaft schaffte er es in Rio 2016 bis ins olympische Viertelfinale.

Trainer Aito Garcia Reneses gab den Ausschlag pro Alba

Als Alba im Juli den Transfer bekanntgab, durfte man sich schon wundern, warum dieses Toptalent vom Champions-League-Sieger nach Berlin wechselte. „Ich bin überzeugt, dass Coach Aito mir helfen wird, mich zu verbessern und den nächsten Schritt in meiner Karriere zu gehen“, zitierte Alba den Spieler. Von Aito Garcia Reneses, der spanischen Trainerlegende, ist Grigonis weiter überzeugt. „Ich hatte schon vor der Saison, als ich gehört habe, dass Aito hierherkommt, erwartet, dass wir ins Finale kommen. Es ist schließlich Aito, er regelt das schon“, sagte Grigonis, bevor die Serie gegen München startete.

In der Sedlmayer-Halle belegte Alba die Grigonis-These. Speziell in den kritischen Phasen im dritten und letzten Viertel, als das Spiel zu kippen drohte, blieben die Berliner stabil. „Es war ein großartiges Spiel, aber es war nur das erste Duell“, sagte Grigonis hinterher gewohnt sachlich. Dass er die Verlängerung wegen seines persönlichen fünften Fouls verpasst hatte, war da schon vergessen. Auch die Wut darüber.

Und am Donnerstag geht es ab 19 Uhr bereits weiter – mit einem Iceman, der wieder präzise liefern will.

Zur Startseite