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Brust raus. Marco Koch ist gemeinsam mit Paul Biedermann ein Anführer im deutschen WM-Team.
© dpa/Kraemer

Schwimm-WM in Kasan: Marco Koch: Der Vorzeigetüftler

Auf Brustschwimmer Marco Koch war zuletzt immer Verlass – nun will er bei der WM in Kasan glänzen.

Die neueste Errungenschaft des ewigen Tüftlers Marco Koch ist zwei Meter lang und einen Meter breit. Für den Darmstädter Brustschwimmer war es keine Liebe auf den ersten Blick – doch seine Zuneigung hatte die Magnetmatte, mit der er auf einer Messe für Naturheilkunde im Frühjahr erstmals in Berührung kam, rasch gewonnen. „Ich habe die Matte vor Ort ausprobiert, sie danach für acht Wochen zum Testen mit nach Hause genommen – und war begeistert“, erzählt Koch. Und besonders begeistert war sein lädiertes Knie, das ihn zuvor so geplagt hatte.

„Das mit den Knieproblemen wurde sehr schnell wieder besser – sodass ich noch mal ein bisschen härter trainieren konnte“, sagte der 25-Jährige. Bei der WM 2013 holte er mit Silber über 200 Meter Brust die einzige Medaille für die deutschen Beckenschwimmer in Barcelona, in Berlin gewann er im letzten Jahr auf derselben Strecke den einzigen EM-Titel für die Gastgeber. Mit diesen Erfolgen, vor allem aber durch seine professionelle Art, ist Koch im Team von Henning Lambertz zum absoluten Vorzeigeschwimmer aufgestiegen.

„Er ist unheimlich interessiert“, lobt der Chefbundestrainer. „Er unterhält sich mit Medizinern über mögliche Nahrungsergänzungsmittel, mit Physiotherapeuten über Behandlungsmethoden, die er selbstständig durchführen kann – und er tauscht sich international mit anderen Trainern aus.“ Kochs Lieblingsansprechpartner ist dabei seit einigen Jahren Lambertz' Vorgänger Dirk Lange, der in Graz Weltklasse-Brustschwimmer wie Cameron van der Burgh aus Südafrika oder den Italiener Fabio Scozzoli trainiert.

Am Sonntag beginnen die Beckenwettbewerbe bei der Schwimm-WM

Bei seinen Abstechern in die Steiermark lässt sich Deutschlands Gold-Hoffnung für die aktuelle WM in Kasan und für Olympia 2016 von Lange regelmäßig im Wasser quälen. „Dort schwimmen wir in einer Einheit auch mal Brustserien über drei Kilometer. Das ist schon sehr viel. Nach so einem Trainingslager bin ich immer extrem kaputt“, erzählt Koch, der sich danach stets auf das gemäßigtere, abwechslungsreichere Training bei seinem langjährigen Heimcoach Alexander Kreisel freut. Und auf das Essen seiner Mutter, bei der er noch wohnt. „Ich koche auch ab und an, insgesamt aber eher selten. Mir fehlt einfach die Zeit. Meine Mutter ist eine große Hilfe – denn alles in allem trainiere ich knapp 30 Stunden die Woche. Da ist es schon schön, wenn man sich einfach mal ein bisschen zurücklehnen kann“, findet Koch. Und außerdem muss er sein Studium der Wirtschaftspsychologie, das er zuletzt nur sehr sporadisch betreiben konnte, nebenher auch noch stemmen.

In Kasan wird ab Sonntag, wenn die Beckenwettbewerbe beginnen, zunächst nicht mehr an Details gefeilt – sondern um Edelmetall und persönliche Bestzeiten geschwommen. Die größte Medaillenhoffnung des DSV ist dabei, neben Koch, der wiedererstarkte Freistilspezialist Paul Biedermann. Der 28-jährige Hallenser, mit der Jahresweltbestzeit über 200 Meter Kraul nach Russland gereist, steigt am Sonntag mit der 4 x 100-Meter-Freistilstaffel in die WM ein. Für Brustschwimmer Koch wird es auf seiner Hauptstrecke, den 200 Metern, ab nächsten Donnerstag Ernst.

„Für mich zählen eigentlich nur die Zeiten, denn Titel kann ich nicht beeinflussen“, sagt er. Die vier Bahnen Brust würde er gerne schneller schwimmen als bei seinem EM-Erfolg im letzten Jahr. „Wenn ich das erreiche, bin ich zufrieden“, betont Koch – und bezeichnet den Olympiasieg in Rio als seinen „großen Traum“.

Wie Paul Biedermann gibt sich Marco Koch im deutschen Schwimm-Team ansonsten ganz bescheiden. „In lauter Art und Weise eine Führungsposition für sich zu beanspruchen, das wollen beide nicht“, erzählt Bundestrainer Lambertz. „Aber beide sind unheimlich wichtig fürs Team, werden als Leistungsträger akzeptiert. Wobei Biedermann aufgrund seines Standings die absolute Nummer eins ist. Ich glaube, das weiß jeder, das fühlt jeder.“ Und Marco Koch bleibt die Hauptrolle beim Tüfteln.

Andreas Morbach

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