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Aus Erfahrung gut. Manuel Schmiedebach hat bereits mehr als 150 Bundesligaspiele bestritten.
© Hendrik Schmidt/dpa

1. FC Union Berlin: Manuel Schmiedebach: Der Stabilisator

Neuzugang Manuel Schmiedebach hat sich beim 1. FC Union jetzt schon unverzichtbar gemacht. Am Sonntag tritt er mit den Köpenickern in Sandhausen an.

Besonders viel Zeit hatte Manuel Schmiedebach in diesem Sommer nicht. Vereinswechsel, Trainingslager, Saisonstart: In den vergangenen Monaten prasselte viel auf den 29 Jahre alten Neuzugang des 1. FC Union ein. Auf dem Rasen hat sich Schmiedebach schnell eingelebt, in seiner neuen Gegend in Adlershof eher weniger. „Ich habe mich noch nicht so umgeschaut“, sagt er. Der Umzug war zeitaufwändig, in der neuen Wohnung viel zu tun und Schmiedebach ist ein bodenständiger Typ. Er packt trotz seines üppigen Gehalts lieber selbst an und lässt sich nicht alle Aufgaben abnehmen. Überall sei Baustaub gewesen, erzählt er, „da muss man wischen und wieder wischen.“

Eine seiner liebsten Beschäftigungen in der Sommerpause musste daher ausfallen. Normalerweise verbringt der gebürtige Spandauer Teile seiner trainingsfreien Zeit gerne mit seinen Freunden auf den Bolzplätzen der Stadt, den „Roten“, wie er die Käfige angelehnt an die Farbe des Tartanbelags nennt. In Hannover, wo er zehn Jahre lang spielte und zum Bundesligaprofi reifte, gab es davon nicht viele. In Berlin schon eher.

In einem Interview hat er dem Tagesspiegel 2015 erzählt, dass ihn viele Leute in Hannover nicht erkennen und irgendwann fragen, ob er denn eigentlich im Verein spiele. Im Falkenhagener Feld, wo er im äußersten Westen der Stadt aufwuchs, dürfte ihm das nicht passieren. Und in seiner neuen Heimat, in den Union-Hochburgen im äußersten Osten nun auch nicht mehr.

Schmiedebachs Qualitäten auf der Sechserposition sind bei Union der Maßstab

Denn Schmiedebach hat sich bei dem Berliner Zweitligisten in den zwei Monaten seit dem Beginn der Vorbereitung bereits unverzichtbar gemacht. In allen vier Pflichtspielen stand er in der Startaufstellung, und das wird auch am Sonntag im Auswärtsspiel beim SV Sandhausen (13.30 Uhr/Sky) so sein. Denn obwohl Unions Kader in der Breite gut aufgestellt ist, gibt es keinen Spieler mit Schmiedebachs Qualitäten auf der Sechserposition.

Am vergangenen Sonntag gegen St. Pauli zeigte der Mittelfeldspieler sein ganzes Repertoire. Er baute das Spiel mit viel Ruhe auf, unterband einen gefährlichen Konter mit einer gut getimten Grätsche, bereitete ein Tor mit einem butterweichen Pass vor und ermöglichte Sebastian Andersson den Treffer zum 4:1, weil er kurz vor dem Strafraum nicht selbst schoss, sondern den Ball clever passieren ließ. „Manuel hat ein sehr gutes Spiel gemacht“, sagte sein Trainer Urs Fischer. „Er hat seine Position gut gefunden und eine klare Struktur.“

Gerade davon profitieren die Berliner momentan besonders. Mit seiner Erfahrung von 176 Bundesliga- und 24 Europapokalspielen weiß Schmiedebach genau, wo er stehen und in welche Räume er laufen muss. Mal lässt er sich hinter die Innenverteidiger fallen und holt den Ball ab, mal rückt er auf, um eine weitere Anspielstation zu schaffen. In der enttäuschenden vergangenen Saison war gerade die Position im zentralen Mittelfeld eine der größten Probleme der Berliner Mannschaft. Einen echten Stammspieler gab es nicht, es wurde häufig gewechselt und so fehlte in der strategisch wichtigsten Zone des Spielfeldes die Sicherheit.

Fußballerisch lief zwar auch beim 4:1 gegen St. Pauli noch nicht alles rund

In den bisherigen vier Spielen hat das deutlich besser ausgesehen. Fußballerisch lief zwar auch beim 4:1 gegen St. Pauli noch nicht alles rund, aber die Ergebnisse stimmen und die Mannschaft macht einen stabilen Eindruck. „Wir sind immer noch in der Findungsphase“, sagt Schmiedebach. Bis diese abgeschlossen ist, könne es noch ein paar Wochen dauern. „Dann lernen wir auch mal unser wahres Gesicht kennen. Da wird man sehen, wie wir Fußball spielen können und wo unsere Limits sind.“

Schmiedebachs wahres Gesicht ist schwer zu ergründen. Die Öffentlichkeit meidet er so gut es geht. Interviews sind selten. „Ich bin kein Lautsprecher“, sagt Schmiedebach. Auf Statussymbole und Luxus legt er keinen großen Wert, seinen Führerschein hat er erst vor ein paar Jahren gemacht, „mit Familie und Kind ist es mit dem Auto schon bequemer.“ Zum Training oder in seine alte Gegend nach Spandau fährt er trotzdem oft mit der Bahn. In seinen ersten Jahren bei Hannover 96 ist er noch mehrmals die Woche nach Berlin gependelt. Später seltener. Jetzt ist er einfach nur froh, wieder zu Hause zu sein, wenn auch am anderen Ende der Stadt.

Auch hier wird sich Schmiedebach einleben. Er redet vielleicht nicht gerne öffentlich und nicht laut, anders als viele Profis spricht er aber nicht nur in Floskeln. Auch wenn es über seinen Wechsel geht. „Die Leihe war ein Konstrukt, wenn ich da ins Detail gehe“, sagt Schmiedebach und stockt kurz. „Sagen wir es so: Wirklich ausgeliehen bin ich nicht, ich bin für zwei Jahre hier.“ Zeit genug also, um auch in Adlershof einen guten Bolzplatz zu finden.

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