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Borussia Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre kommentiert im Tagesspiegel das WM-Geschehen.
© AFP

Gastkommentar zur WM 2014: Lucien Favre: Die Schweiz hat mich beeindruckt

Bundesliga-Trainer Lucien Favre freut sich auf die Partie seiner Schweizer gegen Frankreich - auch weil er seinen Landsleuten bei dieser WM viel zutraut. Was die Eidgenossen aus Favres Sicht so stark macht, lesen Sie hier in seinem Gastkommentar.

Ich kann nicht sagen, dass mich die WM bisher sehr begeistert hat – jedenfalls nicht, was das taktische Niveau betrifft. Gut möglich, dass sich das an diesem Freitag ändert. Frankreich gegen die Schweiz – das ist ein Spiel, auf das ich mich sehr freue. Ich bin in der französischen Schweiz aufgewachsen, da hat uns früher die französische Liga mehr interessiert als die Bundesliga. Diese Gewichte haben sich jetzt natürlich verschoben, aber den französischen Fußball verfolge ich immer noch sehr aufmerksam und den in der Schweiz sowieso.

Frankreich gegen Schweiz, das ist auch das Duell zweier sehr guter Trainer. Didier Deschamps gegen Ottmar Hitzfeld – ich schätze beide sehr, vor allem ihr taktisches Verständnis. Frankreichs 4-3-3 gegen das Schweizer 4-2-3-1, das verspricht hochinteressant zu werden. Für mich sind die Franzosen leichter Favorit, ich kann gar nicht genau sagen warum, wahrscheinlich wegen der prominenten Namen. Matuidi, Pogba, Griezmann oder Benzema, das sind schon hervorragende Leute. Schwächen? Waren im ersten Spiel nicht zu sehen, dafür war Honduras zu schwach. Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Abwehr auf der linken Seite mit Evra und Sakho auf höchstem Niveau fehlerfrei spielt. Das wird der weitere Verlauf zeigen. Und natürlich ist das Fehlen von Ribéry ein großer Verlust.

Kompliment an Ottmar Hitzfeld

Die Schweizer haben mich sehr beeindruckt im ersten Spiel gegen Ecuador. Ihre größte Stärke ist die mannschaftliche Geschlossenheit. Und anders als in der Vergangenheit haben sie jetzt auch Offensivspieler, die den Unterschied machen können. Manchmal sitzen sie auch erst mal auf der Bank wie gegen Ecuador. Dann kommen Mehmedi und Seferovic, der eine macht den Ausgleich und der andere das Siegtor. Das waren zwei sehr gute Wechsel von Hitzfeld, mein Kompliment!

Ohne solche Spieler, die 1:1-Situationen für sich entscheiden und mit ihrem Speed in die Tiefe gehen, bist du heute international ohne Chance. Du brauchst einen guten Torwart und vor allem eine gute Nummer neun, und perfekt ist es, wenn du auf der Bank so starke Alternativen hast. Früher hatte die Schweiz diese Optionen nicht. Die Qualifikation für die EM 2012 wurde ja auch deshalb verpasst, weil Mehmedi in Kiew nicht recht glücklich war, Seferovic kam in Lecce kaum zum Zug und Drmic war in Zürich noch nicht so weit.

Dieser Last-Minute-Sieg gegen Ecuador hat den Schweizern sehr viel Selbstbewusstsein gegeben. Ich will mich nicht so weit vorwagen und behaupten, dass das schon fast der Einzug ins Achtelfinale war. Aber die Chancen dafür sind sehr gut, selbst wenn das Spiel gegen Frankreich verloren gehen sollte. Aber dann geht es ja im letzten Spiel in der Hitze von Manaus gegen das schon von einer Roten Karte geschwächte Honduras, und da sehe ich sehr gute Chancen.

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