Frauenfußball in Berlin: Lübars soll der Hauptstadtverein werden
Der 1. FC Lübars musste trotz Aufstieg auf die Bundesliga verzichten - auch weil Hertha BSC die Kooperation auslaufen lässt. Nun soll ab 2016 ein eigenständiger Hauptstadtverein für Frauenfußball an den Start gehen.
Für die Fußballerinnen des 1. FC Lübars war der Pfingstmontag ein trauriger Tag. Dabei hätten sie sich eigentlich freuen sollen. Mit einem Sieg beim FFV Leipzig sicherten sich die Reinickendorferinnen die Zweitligameisterschaft und damit den Aufstieg in die Bundesliga – theoretisch zumindest. Aus dem Aufstieg wurde nichts. Der 1. FC Lübars hat verzichtet.
Während Deutschlands kickende Elite gerade in Kanada um den Welttitel spielt, tritt der Frauenfußball im Alltag auf der Stelle. Unterhalb der großen Vier, also des FC Bayern (Meister), des VfL Wolfsburg (Pokalsieger), des 1. FFC Frankfurt (Champions-League-Sieger) und Turbine Potsdam (sechsfacher Deutscher Meister) trägt alles irgendwie Amateur- bis Hobbycharakter. Es fehlt an Strukturen, an Aufmerksamkeit, an Geld.
Ein Stück weit sind auch die Frauen des 1. FC Lübars von ihrer sportlichen Leistungskraft überrumpelt worden. Als absehbar war, dass es vielleicht etwas werden könnte mit der Meisterschaft und sogar der Aufstieg „drohte“, bekamen sie im Verein kalte Füße. Im Januar ging die Mädchen- und Frauenfußballabteilung in Klausur. Und kam anschließend zum Schluss, dass ein Aufstieg in die Bundesliga aus „wirtschaftlicher und struktureller Sicht nicht machbar“ sei, wie es André Eggert sagt. Eggert führt bei den Nordberlinern die Mädchen- und Frauenabteilung.
2009 hatte diese mit Hertha BSC eine Kooperation geschlossen. Das gehörte damals, zwei Jahre vor der Frauen-WM im eigenen Land, zum guten Ton. Diese Kooperation wurde jährlich verlängert, im Vorjahr allerdings ein- und letztmalig um zwei Jahre. Das Präsidium von Hertha entschied sich dafür, die Kooperation über den 30. Juni 2016 hinaus nicht aufrechtzuerhalten. Der Bundesligist unterstützt den 1. FC Lübars mit Know-how, in der Trikotausstattung sowie im physiotherapeutischen und medizinischen Bereich. „Ohne die Unterstützung von Hertha wären wir nicht da, wo wir sind“, sagt Eggert.
Der Etat für die zurückliegende Zweitligaspielzeit der Lübarser Frauen lag bei rund 200.000 Euro, in der Bundesliga wäre das Dreifache nötig, sagt Eggert. Inzwischen haben die Fußballerinnen schon die „Berliner Freunde“, die DKB und zuletzt auch die Bahn als Sponsoren verloren. Diese Sponsoren fanden ausschließlich über Hertha den Weg zum Lübarser Frauenfußball.
„Wir haben uns von der Idee Bundesliga nicht verabschiedet“, sagt Eggert. Im Gegenteil. Im Hintergrund wird an einer anderen, einer neuen, an einer großen Lösung gebastelt. Ziel ist es, die Mädchen- und Frauenabteilung aus dem Stammverein herauszulösen und sich neu zu gründen. „Das ist mit einem Standortwechsel verbunden“, sagt Eggert. Neben den sechs Mädchen- und Frauenmannschaften gehören 19 Jungen- und Männermannschaften zum Gesamtverein. Diesen 25 Mannschaften stehen eineinhalb Kunstrasenplätze zur Verfügung, die arg reparaturbedürftig sind.
Einen Namen für den neuen Verein gibt es noch nicht
Ab der Saison 2016/2017 soll ein eigenständiger Hauptstadtverein für Frauenfußball an den Start gehen. „Einige Leute außerhalb des Vereins aus Politik und Wirtschaft unterstützen dieses Vorhaben“, erzählt Eggert. Allerdings muss erst im August die Mädchen- und Frauenabteilung, circa 220 Mitglieder stark (davon 160 aktiv), darüber befinden. Eine dann folgende außerordentliche Mitgliederversammlung könnte dann über die Herauslösung aus dem Stammverein (circa 650 Mitglieder) entscheiden.
Ein Name für den neuen Verein ist noch nicht gefunden. Eggert schwebt so etwas wie Berliner FFC vor, ein Vereinsname, der vielleicht die Herzen aller Berliner erreichen und die Vermarktungschancen erhöhen könnte. Der 47 Jahre alte Unternehmer ist so alt wie die Mädchen- und Frauenabteilung des 1. FC Lübars. Sie gilt als eine Wiege des deutschen Frauenfußballs.
Für die kommende Spielzeit konnte gerade das deutsche Torhütertalent Inga Buchholz, 18, verpflichtet werden, die gerade ihr Abitur bestanden hat. Sie durchlief zahlreiche Nachwuchsteams des DFB. Dort, beim Deutschen Fußball-Bund, darf man sich derweil die Frage stellen, wie ernst man es meint mit dem Frauenfußball, unterhalb der nationalen Elite? Während beispielsweise jeder Männerverein für die Teilnahme an der ersten Runde des DFB-Pokals eine Prämie von 140 000 Euro kassiert, sind es bei den Frauen in der ersten und zweiten Runde jeweils 2500 Euro. Das ist dann wohl mehr als traurig.