Biathlon in Nove Mesto: Laura Dahlmeier wird beim Comeback Zweite
Olympiasiegerin Laura Dahlmeier kehrt in Nove Mesto nach vielen Erkrankungen in den Biathlon-Weltcup zurück.
Sogar Sombreros lugen auf den Rängen hervor, und das ist dann schon eine Eigenart, die es vielleicht nur beim Biathlon gibt. Beim Biathlon in Nove Mesto, was für Außenstehende zwar nach Pampa klingt, für Sportler und Kenner der Szene allerdings für etwas steht, das unvergleichbar ist im Weltcup: Nirgends sind die Tribünen so riesig wie in der Arena nahe der tschechischen Kleinstadt: 20.000 Zuschauer passen rein, so geballt trifft die Begeisterung nicht mal in Oberhof oder Ruhpolding auf die Athleten. Sucht man sich so einen Ort aus, wenn man unbemerkt in den Weltcup zurückzukommen will? Laura Dahlmeier schon.
Dahlmeier ist lieber abseits von Fernsehkameras unterwegs, was ihr das Leben als Doppelolympiasiegerin nicht unbedingt einfacher macht. Und vielleicht ist die Kulisse in Nove Mesto an diesem Wochenende dann doch die perfekte, einmal untertauchen im Lärm bitteschön, während die Augen auf die tschechischen Athleten gerichtet sind. Dass sie verspätet in die Saison startet, liegt an diversen Verletzungen, die sie sich nach der erfolgreichen Olympia-Saison zugezogen hat: Wundinfektion im Oberschenkel nach einem Sturz mit dem Mountainbike, Weisheitszahn-OP, Infekte. „Ich hatte einen schwierigen Sommer“, sagt Dahlmeier, „ich habe nicht gewusst, wann komme ich zurück, kann ich überhaupt wieder Hochleistungssport auf dem Niveau betreiben, wie ich es gerne machen würde.“ Und an ihren Worten merkte man, dass die Lage ernster war, „das war eine Situation, ein Gefühl, das wünsche ich keinem“.
Natürlich soll das jetzt erstmal ein Rantasten werden an die Konkurrenz, das sagt Dahlmeier selber („Ich fühle mich nicht als amtierende Olympiasiegerin, die da jetzt zurückkommt und die Welt retten muss“), das sagen auch die Trainer („Welche Platzierungen Laura bei diesen beiden ersten Weltcup-Rennen erreicht, ist absolut zweitrangig“). Im Sprint am Freitag überzeugte sie aber auf Anhieb. Mit einem Schießfehler und 4,5 Sekunden Rückstand musste sich Dahlmeier nur der Norwegerin Marte Olsbu Röiseland geschlagen geben. In der Verfolgung am Samstag (17Uhr/ARD und Eurosport) hat sie damit beste Chancen auf ihren 20. Weltcupsieg.
Ohne Dahlmeier starteten die deutschen Frauen so schlecht wie lange nicht in die Saison
Ohne Dahlmeier starteten die deutschen Frauen so schlecht in die Saison wie seit 2013 nicht mehr. Franziska Preuß und Franziska Hildebrand erreichten jeweils neunte Plätze, darüber ging es bisher nicht hinaus – ganz im Gegensatz zu den Männern, bei denen mit Arnd Peiffer, Benedikt Doll und Johannes Kühn gleich drei Athleten Podestplätze erreichen konnten. Die Frauen zeigten vor allem am Schießstand erstaunliche Schwächen. „Eine Sportlerin hat in der Vergangenheit viel kaschiert“, sagt Kristian Mehringer, der im Sommer das Amt des Frauen-Bundestrainers von Gerald Hönig übernommen hat, „wenn eine Sportlerin auf dem Podium steht, interessiert es keinen, wenn andere 20. oder 30. werden.“
So ganz unbeobachtet wird Dahlmeier in Nove Mesto also nicht bleiben können. Und ohnehin wird es spannend zu sehen sein, wo sie jetzt steht: Mit Kaisa Mäkkäräinen aus Finnland und der Italienerin Dorothea Wierer haben sich gerade zwei in der Weltspitze festgesetzt, die vor allem läuferisch nur schwer zu bezwingen sind. „Ich bin noch nicht bei 100 Prozent“, sagt Dahlmeier, „ich fühle mich noch nicht so, dass ich jetzt einen ganzen Weltcup-Winter durchballere.“ Pausen hat sie sich in den vergangenen Jahren immer wieder gegönnt und da war schon interessant, wie sie selber auf Rückstände reagierte.
Im Winter 2017 kullerten die Tränen, als sie nach verspätetem Saisoneinstieg in Hochfilzen auf Rang 16 im Sprint und Rang zehn in der Verfolgung kam. „Sie ist erfolgsverwöhnt, sie hat eine hohe Erwartungshaltung an sich“, hatte Hönig damals gesagt, „sie muss ihre Form erstmal akzeptieren.“ Das dürfte nach dem starken Comeback kein Problem sein.
Saskia Aleythe