zum Hauptinhalt
Felix Neureuther (links) und Marcel Hirscher mit Kugel.
© dpa

Ski Alpin: Kugel für den Kumpel, Neureuther in Rage

Felix Neureuther muss den Gesamtsieg im Slalom-Weltcup Marcel Hirscher überlassen. Der Deutsche fühlt sich benachteiligt und kritisiert den Kurs in Lenzerheide.

Felix Neureuther bewegte sich keinen Meter. Er stützte sich auf seine Ski und verfolgte mit trauriger Miene die kleine Ski-Show des entfesselten Marcel Hirscher im Zielraum. Als der Österreicher seine kleine Ehrenrunde durch den Zielraum beendet hatte und den Rivalen umarmte, war deutlich eine Distanz erkennbar. Die beiden hatte der Konkurrenzkampf in den vergangenen beiden Jahren menschlich näher gebracht, sie sind jenseits der Skipiste zu guten Kumpeln geworden. Aber das alpine Weltcup-Finale in Lenzerheide stellte die Freundschaft auf eine harte Probe.

Es ging dabei nicht um die Slalomkugel, die am Sonntag Hirscher gewann und nicht Felix Neureuther, der so nahe dran gewesen war. Aber ein zweiter Platz reichte ihm nicht, weil Marcel Hirscher 0,76 Sekunden schneller war. 15 Punkte fehlten ihm schließlich, um Armin Bittner zu folgen, dem letzten Deutschen, der 1990 die Slalomkugel gewann. Es dauerte ein paar Minuten und einen Trostkuss von Freundin Miriam Gössner lang, bis Neureuther wieder lächelte und die Niederlage akzeptierte. „Marcel ist der beste Slalomfahrer der Welt, er hat die Kugel verdient gewonnen.“

Die Art der Kurssetzung im ersten Durchgang hatte die deutsch-österreichische Stimmung getrübt. Hirschers Trainer Mike Pircher war dafür ausgelost worden, und er suchte nicht unbedingt, wie Neureuther und einige andere Athleten fanden, nach der besten Lösung, um ein halbwegs faires Rennen auf dem weichen Schnee zu gewährleisten, sondern danach, wie er Hirscher mit der Startnummer eins einen Vorteil im Kampf um die Slalomkugel verschaffen kann. Pircher setzte den Kurs sehr eckig. Wegen der starken Richtungsänderungen mussten die Slalomfahrer hart in den Schnee drücken. Schon nach den ersten Athleten bildeten sich deshalb tiefe Furchen. In der ersten Rage sprach Neureuther von „einer bodenlosen Frechheit“, weil schon die Fahrer „mit Nummer drei, vier oder fünf nicht den Hauch einer Chance“ gehabt hätten.

Immerhin kam der Garmisch-Partenkirchner als dritter Starter Widersacher Hirscher mit nur sechs Hundertstelsekunden noch sehr nahe. „Es hat für mich nichts mit sportlichem Wettkampf zu tun, dass man um jeden Preis versucht, für seinen Athleten einen Vorteil herauszuholen.“ Den Konkurrenten nahm Neureuther von seiner Kritik bewusst aus. „Marcel hat ja den Kurs nicht gesetzt.“ Hirscher wollte die Diskussion nicht führen, sondern schlug vor, dass der Ski-Weltverband beschließen sollte, „die Möglichkeiten der Kurssetzung zu minimieren“.

Allerdings verlor Neureuther das Rennen im zweiten Durchgang, genauer gesagt im Schlusshang. Manuel Hirscher, der sich bereits am Samstag den Gesamtweltcupsieg gesichert hatte, ging volles Risiko und wurde dafür belohnt. Aber man könnte auch sagen, er hat sich an Neureuther gerächt. Denn im Riesenslalom am Tag zuvor hatte der dafür gesorgt, dass nicht Hirscher die kleine Kristallkugel gewann, sondern Ted Ligety. Beim Sieg des US-Amerikaners hatte sich Felix Neureuther auf den dritten Platz unmittelbar vor Hirscher geschoben. Damit ging die Kugel an den Olympiasieger aus Park City. Der Österreichische Skiverband, sagte Neureuther, habe dann noch versucht, „mich wegen irgendwas am Ski zu disqualifizieren. Aber die müssen akzeptieren, wenn ich eine Hundertstel schneller bin, genauso wie ich akzeptieren muss, wenn Marcel schneller ist.“

Trotz der verpassten Olympia-Medaille und des unglücklichen Abschlusses hat Neureuther den besten Winter seiner Karriere mit insgesamt vier Siegen hinter sich. Immer wieder kündigte der bald 30-Jährige nach dieser Saison eine Zäsur an, die aber nicht das Karriereende bedeute. „Ich will ja unbedingt weiterfahren, aber ich muss mir Gedanken machen, wie es noch Sinn macht“, sagte er. „Dann werde ich mit einem brutalen Masterplan zurückkommen.“ Und vielleicht den Kampf mit Hirscher wieder aufnehmen.

Zur Startseite