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Eric Frenzel nach seinem Sieg von der Normalschanze.
© AFP PHOTO / Christof STACHE

Olympia 2018 in Pyeongchang: Krise? War gestern bei Eric Frenzel

Eric Frenzel träumt beim zweiten Wettkampf vom zweiten Gold. Der Nordische Kombinierer ist genau zum richtigen Zeitpunkt topfit.

Jeder kennt diese Momente. Wenn es einen ergreift, das Herz rast und man die Freude herausschreien will. Eric Frenzel hatte bei diesen Spielen schon zwei solcher Momente. Beim ersten war der Nordische Kombinierer aus Oberwiesenthal auserwählt, das deutsche Team bei der Eröffnungsfeier als Fahnenträger anzuführen. Beim zweiten sprang er erst von der Normalschanze und lief dann zu Gold. Geht es nach dem 29-Jährigen, soll noch mindestens einer dieser Momente hinzukommen. An diesem Dienstag (11/13.45 Uhr) startet Frenzel im Wettbewerb von der Großschanze. Es könnte wieder für Gold reichen.

Dabei war in diesem Winter lange nicht abzusehen, dass ein Deutscher in der Kombination Anspruch auf Gold oder überhaupt irgendetwas erheben könnte. Die Saison verlief, milde formuliert, unglücklich. Im Weltcup führt der Japaner Akito Watabe vor den Norwegern Jan Schmid und Joergen Graabak. Auf den Plätzen vier und fünf folgen Fabian Rießle und Johannes Rydzek, Frenzel ist Achter. Frustrierend. Von 2013 bis 2017 hatte er sich der durchweg den Gesamt-Weltcup gesichert.

Aber dieses Jahr war es eben wie verhext. Nicht nur bei ihm – bei all deutschen Kombinierern, die in der Vorsaison noch so souverän die Podestplätze eins bis drei und manchmal auch vier belegt hatten. Ein Sommer lag nur dazwischen. Waren die Deutschen zu satt? Oder hatten die anderen sie einfach überholt? Frenzel, sonst eher zurückhaltend, schüttelt vehement den Kopf. „Man kann sagen, dass sie aufgeholt haben, wenn ich wieder auf meinem Niveau bin.“

„Im Kopf ist Eric brutal stark"

Die Ursachenforschung dauerte bis Ende Januar, wenige Wochen vor den Spielen. Ein Muskel war Schuld. Der hatte „immer wieder zugemacht“ bei den Sprüngen. Frenzel konnte nicht so recht in die Hocke gehen, wie er gern wollte. In Potsdam suchte er Rat beim Physiotherapeuten seines Vertrauens. „Wir wollten die Muskeln nochmal mobilisieren, die letzten Reserven rauskitzeln.“ Es ging auch darum, das Selbstvertrauen wieder aufzubauen.

Es gehört zum überragenden Athleten Eric Frenzel, dass er in Pyeongchang auf den Punkt genau fit ist, wie schon so oft in seiner Karriere. Noch ist es nicht perfekt. Aber es klappt wieder besser auf dem Bakken. In der Loipe ist der schmale Frenzel, Idealgewicht um die 60 Kilo bei 1,72 Meter, in der Lage, nach vorn die Lücke zu schließen. Von der Normalschanze waren 36 Sekunden Rückstand in der Spur schnell aufgeholt. Es ist nicht nur die physische und taktische Leistung, die immer wieder verblüfft. Selbst Hermann Weinbuch, seit gut 25 Jahren Bundestrainer, sagte einmal, so einen wie Frenzel habe er noch nie erlebt. „Im Kopf ist Eric brutal stark. Kann Kräfte bündeln, sich fokussieren und bleibt trotzdem locker, wo andere verkrampfen.“

Frenzel, das war zu hören, hat nach dem Gold-Gewinn und der Sektdusche im Deutschen Haus keine Wettkämpfe anderer Sportler besucht. Zerstreuung findet er lieber in Hörbüchern. Am liebsten Krimis oder Biografien. Bücher selbst sind seine Sache nicht – wenn er nicht gerade seinem Ältesten aus dem „Kleinen Prinzen“ vorliest.

Frenzel ist ein Familienmensch

Frenzel und die Familie. Das ist ihm weit wichtiger als der Sport und alles, was daran hängt. Als der 29-Jährige als einer von fünf für Kandidaten für das Tragen der Fahne nominiert wurde, teilte er auf Facebook ein Bild mit dem jüngeren Sohn Leopold auf den Schultern, der eine schwarz-rot-goldene Spielzeugfahne schwenkte. Auch sonst findet man von ihm eher Familienfotos als Selbstdarstellung. Wie er etwa mit dem Großen, Philipp, in verschneiten Wäldern auf die Loipe geht oder mit Töchterchen Emma vorneweg im Kinderwagen auf die Laufrunde abdreht. Frenzel ist authentisch, nicht inszeniert. Auch diese Sympathie brachte ihm neben WM- und Olympia-Medaillen schon 2014 von Kollegen den Titel „Champion des Jahres“ ein.

Eric Frenzel wird froh sein, dass ein Teil seiner Lieben ihn trotz Kosten und Strapazen auch nach Südkorea begleitet hat. Seine Frau Laura und der Älteste sind mitgekommen. Philipp hat gerade Winterferien, und so passte es, auch wenn sie vor Ort eher getrennte Wege gehen. Sie wollten gern etwas von der Kultur erleben, sagten sie. Seoul sehen, während der Papa sich auf die Wettkämpfe fokussiert. Oder koreanisches Barbecue genießen. „Das ist Okay. Wir kennen das nicht anders“, sagt Laura Frenzel. Wobei Eric Frenzel es selbst schon manchmal bedauert, wie er nach seiner Goldmedaille von der Normalschanze kundtat. „Meine Frau hat schon viel zurückstecken müssen“, sagt er.

Zweimal muss er sich noch fokussieren, bevor wieder die Familie im Mittelpunkt steht. Frenzel hat gute Chancen, dass zwei Medaillen daraus werden. Und auch ein anderer Deutscher will sich noch nicht abschreiben lassen: Johannes Rydzek, mit dem er sich teamintern in den vergangenen Jahren immer wieder Duelle um die Weltspitze lieferte. Vielleicht schaffen es die Rivalen sogar noch einmal gemeinsam zu jubeln: Nach der Konkurrenz von der Großschanze steht am Donnerstag noch der Mannschaftswettbewerb an. Es wäre noch so ein Moment für Eric Frenzel, in dem das Herz rast und er die Freude herausschreien will.

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