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Krönender Abschluss? Dirk Nowitzki könnte 2015 mit einer Basketball-EM im eigenen Land Abschied aus dem Nationalteam nehmen, falls Deutschland das Turnier von der Ukraine übernimmt.
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Update Exklusiv

Krise in der Ukraine: Krise in der Ukraine: Deutschland will Basketball-EM übernehmen

Der ukrainische Sport versinkt im Chaos. Zwei Fußballklubs von der Krim wollen sich der russischen Liga anschließen, das Land will wohl auf die Basketball-EM 2015 verzichten. Deutschland will als Gastgeber einspringen.

Abgesagte Spiele, Erstliga-Klubs vor dem Absprung nach Russland, verhaftete Mäzene und allgemeine Verwirrung – die Krise auf der Krim und im Rest des Landes stürzt auch den ukrainischen Sport ins Chaos. Angesichts der Instabilität und der Bedrohung durch Russland ist an normalen Spielbetrieb in den meisten Ligen und Wettbewerben nicht mehr zu denken. Zudem scheint die Ukraine ein schon lange fragliches Prestige-Objekt nun auch endgültig zu verlieren.

Über Twitter teilten die ukrainischen Organisatoren der Basketball-EM 2015 am Mittwoch offiziell mit, das Turnier im Herbst des kommenden Jahres nicht ausrichten zu können. „Die schwierige politische und ökonomische Situation in der Ukraine macht die Organisation von Eurobasket 2015 unmöglich“, sagte demnach Organisationschef Markijan Lubkiwski, der auch schon den ukrainischen Teil der Fußball-EM 2012 verantwortet hatte. Kurz darauf war der Tweet wieder verschwunden, die Agentur Reuters zitierte Lubkiwski allerdings ebenfalls mit der Aussage, die Ukraine habe das Turnier abgegeben und wolle dafür die EM 2017 ausrichten: „Wir müssen unsere Prioritäten überprüfen und unsere finanziellen und politischen Ressourcen darauf konzentrieren, unsere territoriale Integrität und sogar unsere Unabhängigkeit zu sichern.“

Auf Anfrage des Tagesspiegels dementierte der europäische Verband Fiba Europe jede Entscheidung über das Turnier. Offiziell und formal sei die Ukraine noch der Ausrichter. Sprecher Sakis Kontos nannte Lubkiwski Äußerungen „eine persönliche Meinung“, alles andere seien „Gerüchte und Spekulationen“. Am Samstag berät der Vorstand von Fiba Europe in München darüber, ob die Ukraine die EM wie geplant ausrichten kann. Das Thema sei „ganz oben auf der Tagesordnung“, sagte Kontos, „das heißt aber nicht, dass es eine Entscheidung gibt“. Genau das scheint aber unausweichlich.

Laut Wolfgang Brenscheidt, dem Generalsekretär des Deutschen Basketball-Bunds (DBB), haben bereits zehn bis zwölf Nationen Interesse an der Ausrichtung des Turniers bekundet – auch Deutschland. „Man ist an uns herangetreten, wir schmeißen unseren Hut in den Ring“, sagte Brenscheidt. Der DBB will sich um einen Teil des Turniers bewerben und steht in engem Kontakt mit dem französischen Verband als Partner. Berlin ist mit der Arena am Ostbahnhof laut Brenscheidt ein möglicher Spielort, wenn auch nicht der einzige: „Die O2-World ist eine der schönsten Hallen Europas und für so eine Veranstaltung ideal. Wir haben aber die Luxus-Situation, in ganz Deutschland viele erstklassige Sportstätten und Hotels anbieten zu können.“ Für den DBB böte sich mit der EM 2015 die Gelegenheit, Dirk Nowitzki einen Nationalmannschafts-Abschied im Nationaltrikot im Heimatland zu verschaffen – und mit dem NBA-Star womöglich die direkte Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro zu erreichen.

Brenscheidt kann allerdings kaum einschätzen, ob die Absage der Ukraine tatsächlich definitiv ist. Bis zuletzt hatte der ukrainische Verbandschef Alexander Wolkow beteuert, die EM wie geplant ausrichten zu wollen. Nicht einmal innerhalb des ukrainischen Verbands und des Organisationskomitees scheint man sich dieser Tage also einig zu sein.

Während der Rest der Ukraine der Krise ohnmächtig zuzuschauen scheint, sollen auf der Krim weiter schnell Fakten geschaffen werden. Wenn es nach den Verantwortlichen auf der Krim geht, soll nach dem politischen Anschluss an Russland möglichst bald auch der sportliche folgen. Der moskautreue Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew sagte der Nachrichtenagentur Ria Nowosti, dass die beiden ukrainischen Fußball-Erstligisten auf der Krim in der russischen Liga antreten sollen. Demnach sollen spätestens zur neuen Saison Tawrija Simferopol und FK Sewastopol Verband und Liga wechseln. Die beiden Klubs hatten laut Reuters bereits am Dienstag erklärt, diesen Weg gehen zu wollen. Der Präsident von Sewastopol, Alexander Krasilnikow, sagte, es werde ein Brief mit diesem Anliegen an Uefa, Fifa und den ukrainischen Fußballverband vorbereitet. Letztlich liege die Entscheidung bei der Fifa und der Uefa. Auf Anfrage des Tagesspiegels wollte sich die Uefa nicht äußern und den Eingang eines Schreibens der Vereine nicht bestätigen. Das Thema stehe auch bei den Sitzungen der Uefa-Exekutive und der Generalversammlung des Verbands in der kommenden Woche in Astana nicht auf der Agenda. Die erste ukrainische Fußball-Liga hat ihren für Ende Februar geplanten Rückrundenstart bereits auf unbestimmte Zeit verschoben, der ukrainische Fußball-Verband verlegte Anfang März ein Testländerspiel gegen die USA nach Zypern.

Ein Ende der chaotischen Zustände ist nicht abzusehen, auch der Sport wird weiter leiden. Und für den Fußballklub Tawrija Simferopol dürfte auch der Wechsel in die russische Liga nicht mit einem Schlag alle Sorgen beseitigen. Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew räumte große finanzielle Probleme des Klubs ein: Der Milliardär und Vereins-Mäzen Dmitri Firtasch sei auf Bitten der USA in Wien verhaftet worden. (mit dpa, Reuters)

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