Gastgeber der Paralympics: Korea - ein Land, zwei Seiten
Als Gastgeber der Winterspiele steht Südkorea an einem Wendepunkt in seiner Geschichte – selbst eine Annäherung an den Norden gab es bereits bei Olympia.
Eine simple Geste der Begrüßung, deren Bedeutung aber kaum größer sein könnte: Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele reichte der südkoreanische Präsident Moon Jae-in der Schwester des nordkoreanischen Diktators, Kim Yo Jong, seine Hand, beide lächelten. Eine historische Begegnung. Kim Yo Jong ist das erste Mitglied der Kim-Dynastie, das Südkorea seit dem Waffenstillstand von 1953 besuchte.
Südkorea, Gastland der Paralympics, wie schon 1988 bei den Sommerspielen, das seit dem Koreakrieg vom Norden abgeschnitten ist, hat die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung noch nicht aufgegeben.
Provokationen durch Raketen- und Atomtests seitens Nordkorea hatten den Konflikt verschärft – die Handreichung könnte ein Anfang von etwas Neuem sein.
Die südkoreanische Gesellschaft sehnt sich nach Frieden und mehr Demokratie. Noch nicht vergessen sind die innenpolitischen Unruhen um die wegen Korruption vor einem Jahr aus dem Präsidentenamt enthobene Park Geun-hye. Vor allem die Befürworter einer politischen Reform sehen in Moon Jae-in, der seit Mai vergangenen Jahres im Amt ist, eine große Hoffnung für das Land.
Das Land ist religiös vom Protestantismus und Buddhismus geprägt
Südkoreas Weg vom militärischen Regime zu einer aufstrebenden Demokratie war beschwerlich und lang, und um das Land verstehen zu können, ist ein Blick auf seine Geschichte und Kultur nötig. Nach Beendigung der Kriegsführung in Korea im Jahr 1953 war die südliche Halbinsel stark auf Entwicklungshilfen angewiesen. Doch mithilfe von Mischkonzernen und sich rasch wandelnden inländischen Reformen wurde die koreanische Wirtschaft immer weiter ausgebaut, es ergaben sich neue Wege für Handel und Gewerbe und Südkorea wurde vor allem für seine Dienstleistungen, seine Autoproduktion und Elektronik bekannt.
Mit den Sommerspielen 1988 wurde die Halbinsel in die globale Gemeinschaft aufgenommen und hat sich mittlerweile zu einer führenden Hightech-Nation etabliert. Und Nord- und Südkorea haben trotz der Trennung noch immer einiges gemein: Die koreanische Schrift „Hangeul“ gilt sowohl in wissenschaftlicher, als auch kreativer Hinsicht als weltweit einzigartiges Schriftsystem, das auf den koreanischen König Sejong zurückzuführen ist. Auch die traditionsreiche Küche Koreas hat ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht zuletzt ist das Land religiös vor allem vom Protestantismus und Buddhismus geprägt und durch seine Leidenschaft für Innovation und Unterhaltungskultur bekannt – „K-Pop“ ist mehr als nur Musik und praktisch eine ganze Kultur für sich.
Nun werden auch aus Nordkorea zwei Athleten antreten
Als Gastgeber der Winterspiele wird Südkorea erneut einen Wendepunkt in seiner Geschichte erfahren. Unter dem Motto „New Horizon“ sollen die Spiele in Pyeongchang dabei vor allem die Wirtschaft beleben, neue Arbeitsplätze schaffen und die Halbinsel als Zentrum des Wintersports populär machen. Der kulturelle Austausch und die positive Energie während der Spiele sollen, so erhoffen es sich die Organisatoren und Politiker, dem Land neue Impulse geben, die die jüngsten politischen Krisen in den Hintergrund rücken sollen.
Ursprünglich sollten rund 670 Para-Athleten aus insgesamt 45 Ländern in 80 Medaillenentscheidungen mit einer gemeinsamen Leidenschaft für Sport miteinander in die Wettbewerbe gehen – nun werden auch aus Nordkorea zwei Athleten antreten. Und so passt der Slogan, den sich das Land für die Ausrichtung seiner Spiele gegeben hat vielleicht gar nicht so schlecht, er lautet: „Passion. Connected.“
Jana Rudolf, 20, ist Nachwuchsreporterin der Paralympics Zeitung.
Jana Rudolf