Deutsche Tennis-Profis in Wimbledon: Kerber mit Mühe weiter, Alexander Zverev ganz locker
Beim Stand von 4:6 und 2:4 sieht es nicht gut aus für Angelique Kerber in ihrem Drittrundenmatch gegen Shelby Rogers - dann zeigt die Deutsche Kämpferqualitäten. Alexander Zverev muss sich weniger anstrengen.
Angelique Kerber mit einem Kraftakt über drei Sätze und Alexander Zverev mit spielerischer Leichtigkeit: Deutschlands beste Tennisprofis haben in Wimbledon das Achtelfinale erreicht. Der 20 Jahre alte Hamburger gewann am Samstag in nur 93 Minuten gegen den österreichischen Qualifikanten Sebastian Ofner 6:4, 6:4, 6:2 und steht damit zum ersten Mal bei einem der vier wichtigsten Tennisturniere unter den besten 16. Sein Bruder Mischa unterlag trotz guter Leistung Topfavorit Roger Federer 6:7 (3:7), 4:6, 4:6. Die Weltranglisten-Erste Kerber rang die Amerikanerin Shelby Rogers 4:6, 7:6 (7:2), 6:4 nieder.
„Das war heute ein ganz wichtiger Sieg für mich“, sagte die 29 Jahre alte Kielerin. Kerber drehte die Partie nach einem 0:1-Satzrückstand und einem Zwischenstand von 2:4, 0:30 im zweiten Durchgang noch und verwandelte nach 2:17 Stunden ihren zweiten Matchball. Als der Return ihrer Gegnerin im Aus landete, feierte sich Kerber mit einem lauten „Come on“ und schickte eine Kusshand in Richtung Zuschauertribüne. Im Achtelfinale des Grand-Slam-Turniers in London wartet nun allerdings eine äußerst heikle Aufgabe auf die Vorjahresfinalistin. Kerber trifft auf die Spanierin Garbiñe Muguruza. Gegen die French-Open-Siegerin von 2016 und Wimbledon-Finalistin von 2015 hat Kerber die vergangenen vier Partien allesamt verloren. Im direkten Vergleich liegt sie 3:4 zurück.
Alexander Zverev hatte deutlich weniger Mühe mit dem österreichischen Überraschungsmann Ofner, der vor Wimbledon noch nie ein Turnier auf Rasen bestritten hatte. Alexander Zverev bekommt es am sogenannten Manic Monday, an dem alle Achtelfinal-Partien bei Damen und Herren ausgespielt werden, mit dem Vorjahresfinalisten Milos Raonic zu tun. Gegen den Kanadier hatte Zverev zuletzt im Mai auf dem Weg zu seinem Titel beim Masters-Series-Turnier in Rom im Viertelfinale gewonnen.
Nach ihrem Sieg des Willens hofft Kerber nun nicht nur auf ein Ende der Negativserie gegen Muguruza, sondern auch auf eine Wende ihrer bislang enttäuschenden Saison. Nach dem French-Open-Aus in Runde eins als Tiefpunkt vor sechs Wochen kann schon der Achtelfinal-Einzug beim bedeutendsten Turnier im Tennis-Zirkus als kleiner Erfolg gewertet werden. „Es war ein Sieg mit Herz und Leidenschaft, auch wenn ab und zu noch die letzte Überzeugung gefehlt hat“, sagte Bundestrainerin Barbara Rittner auf der Terrasse des Clubhauses.
Als „gefährliche junge Amerikanerin“ hatte sie die 24-Jährige aus Mount Pleasant im US-Bundesstaat South Carolina bezeichnet. Und tatsächlich trumpfte die in ihrem Spielstil ein wenig an Lindsay Davenport erinnernde Rogers zunächst respektlos auf. Zur 2:1-Führung nahm sie Kerber den Aufschlag ab und entschied nach 36 Minuten den ersten Satz für sich. Doch diesmal haderte und schimpfte Kerber weniger mit sich, als zuletzt so häufig bei ihr zu sehen war.
Beim Stand von 2:4 im zweiten Satz wehrte sie einen Breakball zum möglichen 2:5 ab und feierte mit einem langgezogenen „Jaaaaa“ die Entscheidung im Tiebreak zu ihren Gunsten. Im dritten Durchgang nutzte Kerber im 13 Minuten dauernden ersten Spiel ihren siebten Breakball und ging anschließend 2:0 in Führung. Ein Selbstläufer wurde das bis zum letzten Ballwechsel spannende Duell jedoch nicht.
Rogers nahm Kerber zum 2:2 den Aufschlag ab, Mutter Beata und Trainer Torben Beltz zitterten auf der Tribüne mit. Kerber geriet 2:3 in Rückstand, zeigte aber diesmal keine Nerven. Nur 14 leichte Fehler unterliefen ihr im gesamten Match - eine bemerkenswerte Quote. (dpa)