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Bestens umsorgt. Die drei großen Teams Mercedes (im Bild mit Lewis Hamilton), Ferrari und Red Bull haben weiter klare Vorteile gegenüber der Konkurrenz.
© AFP

Formel 1: Keine Revolution in Sicht

Die neuen Formel-1-Besitzer von Liberty Media hatten große Reformen angekündigt, doch geändert haben sich nur Kleinigkeiten.

Es ist knapp zwei Jahre her: Im Herbst 2016 wurde klar, dass die Formel 1 endgültig neue Besitzer bekommen wird: Bernie Ecclestone und sein ganzes Firmengeflecht raus, die neuen amerikanischen Herren von Liberty Media mit Chase Carey und Sean Bratches an der Spitze rein. Und die verkündeten dann auch bald lautstark, dass sie nun alles besser machen und die Formel 1 zu neuen Höhen führen würden. Mit dem Unterton, man müsse da nur mal mit amerikanischem Elan in den alten, verkrusteten europäischen Strukturen aufräumen, dann würde das schon was werden.

Als sie merkten, dass von jetzt auf gleich gar nicht viel zu machen war, weil da noch bis Ende 2020 lästige bestehende Verträge im Weg standen, hieß es: Aber zumindest danach, ab 2021, da gibt es dann die ganz große Formel-1-Revolution, da wird dann alles anders, neu und toll.

Ein paar gute Ideen in Sachen Motoren, Kostendämpfung oder Geldverteilung hatten die neuen Chefs ja auch tatsächlich. Aber inzwischen zeigt sich immer mehr: Auch davon läuft sehr vieles ins Leere, weil es in der Praxis offensichtlich nicht durchsetzbar ist. So steht etwa fest, dass es kein neues Motorenkonzept geben wird. Es bleibt bei den 1,6-Liter-V6-Hybrid-Turbos, und sogar die sehr umstrittene, weil komplizierte, teure und aufwändige Energie-Rückgewinnungseinheit (M-GUH) wird bleiben. Herumgebastelt wird nur an Details, die die Leistung weiter steigern sollen – mehr als 1000 PS dürften dann bald normal sein. Die geplante Motorrevolution wird verschoben, wahrscheinlich auf 2023 oder 2024, wenn sie überhaupt je kommt. Der Grund: Die aktuellen Hersteller werden sich nicht einig, potenzielle Neueinsteiger sind längst wieder abgesprungen.

Für eine neue Verteilung der TV-Gelder gibt es noch kein Konzept

Auch in Sachen Finanzen geht alles höchstens halbherzig voran. In den letzten 111 Rennen konnten nur drei Teams, Mercedes, Ferrari und Red Bull, einen Grand Prix gewinnen. Das Mittelfeld, mit höchstens dem halben Budget der Großen, hat keine Chancen. Bestes Beispiel: Mercedes investierte 350 Millionen Euro in den WM-Titelgewinn 2017. Um die Chancen für Mittelfeldteams zu erhöhen, sollte deshalb eine Budgetobergrenze eingeführt werden. Geplant waren 130 Millionen Euro für 2021. Inzwischen wurde der Plan deutlich aufgeweicht: Im ersten Schritt wird das Budget 2021 auf rund 173 Millionen Euro gedeckelt, 2022 dürfen die Teams dann nur noch je 151 Millionen Euro ausgeben, 2023 im letzten Schritt noch 130 Millionen Euro. Ausgenommen sind Fahrergehälter, der Lohn für den bestbezahlten Mitarbeiter sowie Marketing- und Hospitality-Ausgaben. Noch unklar ist zum Beispiel auch, welche Strafen es bei Missachtung der Limits geben wird.

Mindestens ebenso wichtig wie eine Kostenobergrenze wäre die Geldverteilung aus den Fernseh- und sonstigen Rechte-Einnahmen. Die ist derzeit höchst ungleich geregelt. Ferrari streicht für die Saison 2017 stolze 166 Millionen Euro ein, Sauber aber nur 39 Millionen. Allein der Bonus für Ferrari (93 Millionen) ist höher als die Einnahmen, die Sauber, Force India oder Haas im Falle eines WM-Titels (82 Millionen) einnehmen würde. Das hat mit den Privilegien der Großen und Etablierten zu tun, die sich einst diese Vorteile in das sogenannte Concorde-Abkommen schreiben ließen. Die kleinen Teams hofften immer darauf, dass es danach für sie besser würde. Doch Liberty schiebt, natürlich die Widerstände der großen Rennställe fürchtend, das Thema immer weiter vor sich her. Obwohl es wahrscheinlich die beste Möglichkeit wäre, etwas mehr Chancengleichheit herzustellen. Aber bisher gibt es immer noch keinerlei Konzept, wie die Geldverteilung 2021 aussehen wird.

Dafür bastelt man lieber schon wieder an Kleinigkeiten herum, die eigentlich gar keiner Änderung bedürften. So wie bei den geänderten Startzeiten für 2018, die bei den Fans vor allem für eines sorgten: für zusätzliche Verwirrung. Oder bei der zwar grundsätzlich nicht falschen, aber trotzdem gewaltig aufgeblasenen Gridgirl-Debatte – das tatsächliche Grundproblem der Formel 1 war das sicher nicht. Jetzt ist mal wieder das Qualifying dran – statt drei soll es in Zukunft vier Qualifying-Abschnitte geben, damit öfters Fahrer ausscheiden, angeblich der Spannung wegen. Selbst Sebastian Vettel kann da vor dem Japan-Grand-Prix am Sonntag in Suzuka (7.10 Uhr/RTL), bei dem der Hesse lediglich als Achter hinter dem Qualifying-Sieger Lewis Hamilton startet, nur noch den Kopf schütteln: „Und in ein paar Jahren reden wir dann vom neunten und zehnten Qualifying.“ Die Formel 1 hat wirklich andere Baustellen.

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