Die Saison von Borussia Dortmund: Jürgen Klopp weiß schon, warum er geht
Borussia Dortmund kann die eher durchwachsene Saison mit dem Sieg im DFB-Pokal noch krönen. Doch nüchtern betrachtet war der BVB unter Jürgen Klopp am Ende seiner Möglichkeiten. Ein Zwischenruf.
Letztes Heimspiel der Bundesliga-Saison 2014/15 in Dortmund: Der grandios inszenierte Abschied von Trainer Jürgen Klopp (und Kapitän Sebastian Kehl) führte allen Fernsehzuschauern nochmals eindrucksvoll das Image des „Fußballvereins mit Herz“ vor Augen, das die Verantwortlichen von Borussia Dortmund seit Jahren sorgfältig pflegen. 80 667 Zuschauer im stets ausverkauften größten deutschen Stadion sorgten an diesem letzten Saisonspieltag zuverlässig für die Stimmung, die sich – im Unterschied zu guten Spielern – eben nicht kaufen lässt, wohl aber organisieren, wenn der Humus dafür, eine begeisterungsfähige Anhängerschaft, vorhanden ist.
Und hat nicht die Mannschaft in dieser Saison, der so lange völlig verkorksten, schließlich doch Großes geleistet! Von Rang 17 zur Winterpause stieg der Verein noch auf Rang sieben. Selten, wenn überhaupt, ist eine solche Energieleistung in der Bundesliga zu verzeichnen gewesen, und wenn denn das Pokalfinale am Samstag in Berlin gegen den VfL Wolfsburg gewonnen wird, könnte es sogar noch eine richtig schöne Saison werden.
Ein Blick auf die unbestechlichen Hin- und Rückrundentabellen zeigt jedoch jenseits aller Pokaleuphorie ein differenzierteres Bild. Demnach rangiert die Mannschaft des BVB in der Rückrunde, der ach so gloriosen, nach Punkten doch nur auf Platz fünf. Die ersten vier Plätze, man ahnt es schon, werden von denjenigen Mannschaften eingenommen, die auch in der Abschlusstabelle der Gesamtsaison die ersten vier Plätze besetzen. Und mehr noch: Eben diese vier Mannschaften lagen bereits in der Hinrunde vorn. Das Quartett der Champions-League-Anwärter stand bereits zur Halbzeit fest und hat seine Position bis zum Ende der Saison nur mehr ausgebaut, mit der ganz leichten Verschiebung, dass Borussia Mönchengladbach sich noch auf Platz drei verbessern konnte. Keine andere Mannschaft kam in der Rückrunde auch nur in die Nähe des Spitzenquartetts. Am Ende beträgt der Abstand zwischen den Plätzen vier und fünf glatte zwölf Punkte.
Borussia Dortmund war auch in der Rückrunde kein Spitzenteam
Hätte doch Dortmund, wie schwärmerische Fans wehklagen, bereits in der Hinrunde die Leistung der Rückrunde gezeigt! Es hätte dennoch mitnichten zur Spitzengruppe der Tabelle, sondern auch dort nur zu Platz fünf gereicht; mit dem Ergebnis in der Abschlusstabelle ebenfalls von Platz fünf – lediglich zwei Positionen besser, als was jetzt, trotz der total verunglückten Hinrunde, erreicht wurde. Das Ziel der Teilnahme an der Champions League, das angeblich allein in der Hinrunde hinfällig wurde, wäre mithin über die ganze Saison unerreichbar geblieben.
Fazit: Borussia Dortmund muss sich, über die Leistung der Rückrunde der jetzt abgelaufenen Bundesliga-Saison mit dem Hochhangeln von Platz 17 auf Platz sieben hinaus, mächtig steigern, will der Verein tatsächlich wieder für die Champions League startberechtigt werden. Mit welcher Konkurrenz es die Dortmunder dann zu tun haben werden, zeigt die jetzige Abschlusstabelle. Der VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach dürften sich auch in der kommenden Saison nicht aus der Spitzengruppe verdrängen lassen. Die (wenigen) Jahre, in denen allein Dortmund hinter den schier unbezwingbaren Bayern locker das Feld anführte, dürften auf lange Zeit Geschichte bleiben.
Andere Bayern-Jäger haben dem BVB den Rang abgelaufen
Im Lichte dieser Umstände erscheint der Rücktritt von Trainer Klopp, der vielen Fans angesichts des Durchmarschs in der Rückrunde so voreilig vorkam, mit einem Mal als sehr rational. Klopp dürfte erkannt haben, dass der Einbruch seiner Mannschaft in der abgelaufenen Saison keine Delle in einer ansonsten glatten Erfolgskurve darstellt, sondern deren definitives Ende. Ein neues, ein zumindest stark modifiziertes Spielmodell muss her. Mit seinen Motivationskünsten, mehr aber noch mit seiner Außendarstellung hat Klopp diese unabweisbare Tatsache zu überspielen vermocht. In der kommenden Saison wäre offenbar geworden, dass das Modell Klopp der Vergangenheit angehört, schon aufgrund des Kräfteverschleißes in der ganzen Mannschaft.
So aber kann Nachfolger Thomas Tuchel unbelastet einen Neuaufbau beginnen und alle zutage tretenden Probleme der Kloppschen Vergangenheit zuweisen. Mit dem grandiosen Saisonfinale im Dortmunder Stadion haben sich Klopp, aber nicht zuletzt auch die Verantwortlichen des BVB genau jenen Abschluss organisiert, der das so sorgsam aufgebaute Image des Klubs nicht verdüstert, sondern im Gegenteil auf Jahre hinaus weiter strahlen lässt.