Kommentar: Jürgen Klopp und der Klassenkampf
Jürgen Klopp versucht auf hintersinnige Weise, das Champions-League-Finale zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München zum Klassenkampf umzudeuten. Tagesspiegel-Journalist Stefan Hermanns hat jedoch eine Schwachstelle in der Argumentation ausgemacht.
Subtilität gehörte nicht unbedingt zu den bevorzugten Methoden des Fußballtrainers Christoph Daum. „Cassius vom Rhein“ wurde Daum vor gut 25 Jahren genannt, als der Trainer des 1. FC Köln im Titelkampf mit Bayern München wilde Schwinger verteilte. Jürgen Klopp ist etwas weniger rabiat vorgegangen, als er jetzt dem englischen „Guardian“ ein bemerkenswertes Interview gegeben hat. Doch bei allen Unterschieden in der Methodik, seine Botschaft ist die gleiche wie 1989 bei Daum: „Wir sind die Guten, die Bayern die Bösen.“
In Wembley treffen am Samstag die reichsten Fußballklubs Deutschlands aufeinander, und trotzdem ist es Klopp auf sehr hintersinnige Weise gelungen, das Finale der Champions League zu einer Art Klassenkampf umzudeuten. Da steht auf der einen Seite der Multi Bayern München, das Hätschelkind der deutschen Industrie, der es wie die Bösewichte aus den James-Bond-Filmen auf die Weltherrschaft abgesehen hat. Auf der anderen Seite: der ehrliche Malocherklub Borussia Dortmund (in Wirklichkeit die einzige börsennotierte Aktiengesellschaft der Bundesliga), der sich anschickt, die Fußballwelt zu retten. Wem da die Sympathien zustehen, ist ja wohl klar.
1989 kam es im Sportstudio zum großen Showdown. Bayerns Manager Uli Hoeneß keilte gegen Daum zurück – während Jupp Heynckes, das eigentliche Ziel von Daums Attacken, schweigend zuhörte. Dass Heynckes auch jetzt wieder die Bayern trainiert, ist die menschliche Schwachstelle in Klopps Argumentation. Spätestens seit seinen Tränen vom Wochenende ist klar: Jupp Heynckes taugt definitiv nicht zum Gesicht des Bösen.