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Auch nach Weihnachten. Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann wünscht sich Verstärkungen.
© Imago/osnapix

Hertha BSC nach der Niederlage gegen Bayern: Jürgen Klinsmann braucht neue Offensivspieler

Der frühere Angreifer Jürgen Klinsmann sucht neue Spieler, um mit Hertha BSC offensiver zu spielen. Bedarf besteht auf zwei Positionen.

Zu einem perfekten Debüt für Hertha BSC fehlte Santiago Ascacibar ein bisschen was. Um genau zu sein: Es fehlten 19 Zentimeter. Ascacibar ist 1,68 Meter groß, Ivan Perisic vom FC Bayern München 1,87 Meter. In der 60. Minute des Bundesligaspiels zwischen Hertha und den Bayern trafen beide bei einem Kopfballduell im Berliner Strafraum aufeinander. Perisic nutzte seinen Größenvorteil und bereitete per Kopf die Führung durch Thomas Müller vor. Danach nahmen die Dinge ihren Lauf.

0:4 hieß es am Ende aus Sicht der Berliner. Und auch wenn Ascacibar, Herthas bisher einziger Neuer in diesem Winter, an der Entstehung des ersten Tors beteiligt war, ist er nur bedingt für die deutliche Niederlage in Haftung zu nehmen. „Ihr habt einen ersten Geschmack gekriegt“, sagte Trainer Jürgen Klinsmann am Morgen nach dem Debüt des Argentiniers zu den Journalisten. „Das ist einer, der sich nicht versteckt, der sofort Verantwortung übernehmen will. Der ist wirklich eine Riesenbereicherung für uns.“

Bedarf besteht in der Hertha-Offensive gleich doppelt

Jürgen Klinsmann ist bisher nicht dadurch aufgefallen, dass er sich in der Öffentlichkeit besonders kritisch über seine Spieler äußert. Im Gegenteil: Ein nettes Wort findet er eigentlich für jeden. Die Worte aber, die er zuletzt dem früheren Stuttgarter Ascacibar gewidmet hat, sind noch ein bisschen freundlicher ausgefallen, als es bei ihm ohnehin schon der Fall ist – weil sie nicht zuletzt die Botschaft transportieren sollen, wie wichtig der Zukauf externer Qualität für das Gelingen der Mission Klassenerhalt sein wird.

Das Spiel gegen Bayern und die deutliche Niederlage haben die Notwendigkeit weiterer Transfers noch einmal unterstrichen. „Wenn wir im offensiven Bereich noch etwas finden, würde uns das enorm helfen“, sagte Klinsmann. Ob das Interesse eher einem Stürmer gilt oder einem offensiven Mittelfeldspieler, darauf wollte sich der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten nicht festlegen. Bedarf besteht auf beiden Positionen.

Aber Qualität auf diesen Positionen kostet. Das macht die Sache für Manager Michael Preetz nicht gerade einfach. Gemessen an all den prominenten Namen, die in den vergangenen Wochen mit Hertha in Verbindung gebracht worden sind, ist bei den bisherigen Bemühungen reichlich wenig herumgekommen. Aber Namen sind nicht das Wichtigste. Es gehe um Qualitätsverbesserung, sagte Klinsmann. „Wenn wir was tun können, was machbar ist, wäre es eine schöne Sache; wenn nicht, ist es überhaupt gar kein Problem. Der Kader ist gut genug, um in der Liga zu bleiben. Das schaffen wir auch.“

Ohne Durchschlagskraft. Davie Selke bekommt vermutlich bald Konkurrenz.
Ohne Durchschlagskraft. Davie Selke bekommt vermutlich bald Konkurrenz.
© Annegret Hilse/Reuters

Zuletzt schien Hertha in dieser Hinsicht auf einem guten Weg zu sein. Zum Ende der Hinrunde, nach vier Spielen ohne Niederlage gegen durchaus stattliche Gegner, sah es so aus, als seien die Berliner schon aus dem Gröbsten raus. Das 0:4 gegen die Bayern aber erwies sich nun als arger Dämpfer. „Das Resultat fühlt sich echt mies an“, sagte Klinsmann. Nur noch zwei Punkte sind es bis zum Relegationsrang. Von Entspannung kann erst einmal keine Rede sein. „Dieser Prozess ist schon nervenaufreibend für viele“, sagte Klinsmann. „Das kostet viel Substanz.“

Natürlich ist eine Niederlage gegen die Bayern nichts Ehrenrühriges, aber in den vergangenen Jahren haben die Berliner dem Rekordmeister deutlich mehr abverlangt als am Sonntag im Olympiastadion. Die ultradefensive Herangehensweise, mit der sich Hertha gegen Freiburg, Leverkusen und Mönchengladbach einige unerwartete Punkte ergattert hatte, stieß gegen die Münchner an ihre Grenzen.

„Wir haben ein bisschen darauf spekuliert, dass wir durch einen Konter in Führung gehen“, sagte Klinsmann. Es war eine dünne Hoffnung. Im gesamten Spiel hatte Hertha keinen einzigen Eckball; bis Manuel Neuer zum ersten Mal einen Ball auf sein Tor bekam, dauerte es 85 Minuten. Da stand es bereits 0:4. „Es ist schwierig gegen eine solche Mannschaft, wenn man keine Belastung mehr hinbekommt“, klagte Linksverteidiger Marvin Plattenhardt. Klinsmann hingegen verteidigte seinen Matchplan: „Wir hatten immer das Gefühl: Irgendwann kommen wir mal durch. Von daher war das der richtige Ansatz.“

Jürgen Klinsmann hat „irgendwo der Glaube gefehlt“

Hinten sicher und kompakt stehen – und dann über die schnellen Offensivleute Selke, Lukebakio und Dilrosun durch Konter zum Erfolg kommen: Teil eins dieses Plans funktionierte zumindest eine Stunde lang, Teil zwei überhaupt nicht. „Die Vorgabe war, mit der Viererkette fünf, zehn Meter hinter der Mittellinie zu stehen und den Bayern im Mittelfeld einen Fight zu geben“, berichtete Klinsmann. Doch instinktiv ließ sich seine Mannschaft von den Gästen zu sehr nach hinten drängen. „Es hat irgendwo der Glaube gefehlt, der Mut, nach vorne mehr zu bewegen“, sagte Herthas Trainer.

Klinsmann hatte es als Ziel für die Vorbereitung ausgegeben, das eigene Spiel Stück für Stück weiter nach vorne zu verlagern. Gegen die Bayern ging es eher noch in die andere Richtung. Natürlich verfügen in der Bundesliga nur wenige bis gar keine Teams über deren Qualitäten.

Trotzdem bleibt die Frage, ob Hertha in der aktuellen Besetzung in der Lage ist, einen anderen Fußball zu spielen als den, mit dem sie zum Ende der Hinrunde hinreichend erfolgreich war. Jürgen Klinsmann zweifelt nicht daran: „Die Mannschaft wird immer mehr Glauben an sich finden, immer mehr Selbstvertrauen“, sagt er. „Weil unsere Arbeit immer mehr fruchten wird.“

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