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„Er ist ein sehr lernwilliger Spieler, mit dem man sich beschäftigen muss“, sagt Hertha-Trainer Bruno Labbadia über Jordan Torunarigha.
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Hertha BSC und der eigene Nachwuchs: Jordan Torunarigha ist zum Stammspieler gereift

Dass Jordan Torunarigha alles mitbringt, war schon länger bekannt. Unter Trainer Bruno Labbadia ruft er sein Potenzial bei Hertha BSC jetzt auch verlässlich ab.

Jordan Torunarigha kehrt an diesem Samstag an einen Ort zurück, der in seiner Karriere eine nicht ganz unbedeutende Rolle gespielt hat. An diesem Samstag tritt er mit Hertha BSC im Mönchengladbacher Borussia-Park an. Dort hat Torunarigha am 5. April 2017 nach zuvor zwei Kurzeinsätzen in der Fußball-Bundesliga sein Startelfdebüt für die Berliner gefeiert. Und auch wenn Hertha den Gladbachern mit 0:1 unterlag, durfte sich der damals 19-Jährige, der als linker Außenverteidiger zum Einsatz gekommen war, als kleiner Gewinner fühlen. „Wir trauen ihm eine Menge zu“, sagte Manager Michael Preetz nach dem Spiel.

Das galt auch für den 17 Jahre alten Offensivspieler, der an jenem Tag in Mönchengladbach erstmals überhaupt in der Bundesliga zum Einsatz kam. Zehn Minuten vor Schluss wurde Julius Kade für Salomon Kalou eingewechselt. In jener Zeit galt es als ausgemachte Sache, dass Kade das Zeug für eine glänzende Karriere hat. Seit dem 5. April 2017 ist für ihn kein einziges Bundesligaspiel mehr dazu gekommen.

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Inzwischen steht Kade seit einem Jahr bei Herthas Lokalrivale 1. FC Union unter Vertrag. Zweimal schaffte er es bei Bundesligaspielen des Aufsteigers in den Kader, gespielt hat er nie. Und so zeigt sein Fall, dass der Karriereverlauf bei einem jungen Talent nur in den seltensten Fällen verlässlich vorherzusagen ist. Und fast ebenso selten verläuft diese Karriere linear immer nur nach oben. Das gilt auch für Jordan Torunarigha. Selbst wenn das im Moment anders aussehen mag: Sein Weg vom Startelfdebütanten im April 2017 zum Stammspieler im Juni 2020 war ebenfalls nicht frei von Irrungen und Wirrungen.

Torunarigha ist schnell, robust und mutig

An Torunarighas Anlagen haben nie begründete Zweifel bestanden: Er ist schnell, körperlich robust und verteidigt, vielleicht auch wegen seiner Vergangenheit als Stürmer, mutig nach vorne. „Jordan bringt vieles mit“, sagt Herthas Trainer Bruno Labbadia. „Wenn er die Sicherheit hat, hat er einen sehr guten Spielaufbau, spielt gute Pässe und kann auch sehr konsequent am Mann sein.“ Allerdings müsse man mit ihm auch immer an den relevanten Dingen arbeiten. Offenbar tut er das. Torunarigha hat erzählt, dass Labbadia oft mit ihm spreche, ihm viel Feedback und Anweisungen gebe. „Ich bin noch immer ein junger Spieler und froh, wenn ich durch Hinweise lernen kann“, sagt er.

Trotz seines offenkundigen Talents ist es Torunarigha lange nicht gelungen, die nötige Konstanz in sein Spiel zu bekommen. Ob das an ihm lag oder an den Umständen, das sei mal dahingestellt. Die Konkurrenz in der Innenverteidigung war bei Hertha in den vergangenen Jahren immer außergewöhnlich groß, und im Zweifel haben Herthas Trainer erfahrene Leute wie Karim Rekik, Niklas Stark oder – seit Beginn dieser Saison – Dedryck Boyata bevorzugt. Für Jordan Torunarigha, den Jungen aus dem eigenen Nachwuchs, war vor allem die Rolle des Back-ups vorgesehen, den man jederzeit bedenkenlos bringen kann, wenn Not am Mann ist.

Unter Labbadia spielte Torunarigha jede Minute

Das hat sich in diesem Jahr grundlegend geändert: An diesem Samstag gegen Borussia Mönchengladbach (15.30 Uhr, live bei Sky) wird der bald 23 Jahre alte Torunarigha zum elften Mal hintereinander in Herthas Startelf stehen. Das gab es nie zuvor in seiner Karriere. Natürlich hat er davon profitiert, dass im Mai, beim Re-Start der Bundesliga, Niklas Stark und Karim Rekik verletzt fehlten; aber Stark, immerhin deutscher Nationalspieler, ist längst wieder fit. Trotzdem bilden in der Regel Torunarigha und Boyata Herthas Innenverteidigung. Nur einmal spielte Stark – als Boyata rotgesperrt fehlte.

Jordan Torunarigha ist der einzige Feldspieler, der seit dem Amtsantritt von Bruno Labbadia noch keine einzige Minute verpasst hat. „Ich weiß, was ich kann, aber ich bin mir sicher, dass ich mit meiner Entwicklung noch nicht am Ende bin“, sagt er. „Im Endeffekt hilft nur viel Spielpraxis, um besser zu werden. Gerade als Innenverteidiger gehört einfach auch Erfahrung dazu, um Situationen zu lesen und das Stellungsspiel zu verbessern.“

Der Reifeprozess, den Torunarigha in den vergangenen Wochen durchlaufen hat, ist offenkundig. In der Vergangenheit hat er sich auch mal von seinen Gefühlen übermannen lassen, ist nach Niederlagen weinend vom Platz gestapft oder übermotiviert in Zweikämpfe gegangen. Inzwischen wirkt er auch mental deutlich stabiler, fast unbeirrbar und sich seiner Stärken zunehmend bewusster. „Er ist ein sehr lernwilliger Spieler, mit dem man sich beschäftigen muss“, sagt Bruno Labbadia. Herthas Trainer tut das. Es zahlt sich aus.

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