Hertha BSC: Johannes van den Bergh ist noch da
Im Sommer war Johannes van den Bergh bei Hertha außen vor. Jetzt hofft er auf eine Vertragsverlängerung.
In der vergangenen Woche hat Johannes van den Bergh ein ziemlich unvorteilhaftes Bild abgegeben. Unbewusst natürlich – und doch in voller Absicht. Wie früher beim Straßenfußball hatte Pal Dardai, der Trainer von Hertha BSC, die Mannschaften für ein kleines Turnier wählen lassen. Rechts standen die Kapitäne, links der Rest, und während die Zahl der Spieler auf der rechten Seite stetig zunahm, wurden es links immer weniger.
Am Ende stand dort nur noch Johannes van den Bergh.
Van den Bergh lacht, als er auf diese Szene angesprochen wird, die doch scheinbar perfekt ins Bild passt. Demnach wäre er der kleine Dicke, der am Ende übrig bleibt, weil ihn keiner in seinem Team haben will. Zuletzt hat sich ja immer mehr der Eindruck verfestigt, dass van den Bergh nur noch seinen Vertrag bei Hertha absitzt und bis Saisonende durchgeschleppt wird. „Es sind noch ein paar Spieler nach mir gewählt worden“, sagt van den Bergh. Er war einfach stehen geblieben, um sich ein paar unnötige Meter zu ersparen, „weil ich wusste, dass das eine harte Einheit wird“.
Johannes van den Bergh hat nicht nur harte Trainingseinheiten hinter sich. Wie für Hertha insgesamt, so war auch für ihn der Trainerwechsel vor elf Monaten ein tiefer Einschnitt. Anderthalb Jahre lang war der Linksverteidiger unter Jos Luhukay mehr oder weniger Stammspieler; dann kam Pal Dardai – und van den Bergh spielte fortan keine Rolle mehr. Bis Saisonende schaffte er es nur noch einmal in den 18er-Kader, spielen durfte er nie, und als in der Sommerpause eine halb offizielle Streichliste bekannt wurde, fand sich van den Berghs Name darauf an prominenter Stelle wieder. „Ich gebe nicht viel darauf, was auf irgendwelchen Listen steht, wer wo wann weg muss“, sagt er. Über Details aus dem Einzelgespräch mit Dardai will er nicht reden. „Es war aber nicht so, dass man mir gesagt hat: Wir bauen um dich herum eine Mannschaft, du kriegst die Nummer 10 und schießt alle Elfmeter.“
In dem halben Jahr seitdem hat sich van den Bergh nie zu seiner Situation geäußert. Interviewanfragen hat er freundlich, aber entschieden abgeblockt, und nach dem Training geht er in der Regel grußlos an den Journalisten vorbei, den Blick starr ins Nirgendwo gerichtet, als wollte er sagen: Sprecht mich lieber nicht an!
„Mit dem Trainerwechsel kam für mich erst mal eine ganz harte Zeit“, sagt van den Bergh. Nach der Saison wurde ihm mitgeteilt, dass man seinen Vertrag respektiere, dass er auch weiterhin willkommen sei, es aber schwierig für ihn werden dürfte, die alte Rolle wieder einzunehmen. „Das war in dem Moment aber auch nicht wirklich überraschend für mich.“
Natürlich hat er sich im Sommer umgehört und nach Alternativen umgeschaut. Ein paar interessante Dinge seien dabei gewesen, „aber nicht so interessant, dass ich gesagt habe: Ja, das ist es, das wird meine Karriere nach vorne bringen.“ Im Leistungssport sei es nun mal so, dass man durch äußere Umstände, einen Trainerwechsel zum Beispiel, sein Standing verlieren könne und sich dann „auf dem Markt im wahrsten Sinne des Wortes unter Wert verkaufen“ müsse. Das sei nicht leicht zu akzeptieren, „weil man nicht plötzlich ein schlechterer Fußballer ist als noch drei Wochen zuvor“.
Van den Bergh hat vier Jahre bei Borussia Mönchengladbach gespielt, vier bei Fortuna Düsseldorf und ist inzwischen zweieinhalb in Berlin. Er ist kein Jobhopper, „der nach einem halben Jahr schon wieder eine Luftveränderung braucht“. Auch deshalb hat er sich im Sommer anders als John Heitinga, Peter Niemeyer oder Sandro Wagner für den schweren Weg entschieden. „Ich habe da auch ein bisschen Ehrgeiz raus gezogen“, sagt er. Trotzdem sei es in den ersten Wochen nicht immer leicht gewesen, „zum Training zu gehen und im Prinzip zu wissen: Man kann machen, was man will, man kommt trotzdem nicht zum Zuge. Das ist schon ein Stück weit frustrierend.“
"Er hat sich enorm entwickelt"
Zuletzt aber hat Dardai den beinahe Vergessenen ausdrücklich gelobt: „Er hat sich enorm entwickelt.“ Dardai schwärmte, wie van den Bergh „mit ein, zwei Kontakten spielt und offensiv in die Tiefe geht“. Dass sich van den Bergh vom Rand wieder mehr ins Zentrum bewegt hat, lässt sich auch mit Zahlen belegen. Auf zehn Pflichtspieleinsätze hat er es in der Hinrunde gebracht; immerhin zwei Mal stand er in der Anfangsformation, und seit seinem überraschenden Startelfdebüt unter Dardai, am dritten Spieltag in Dortmund, fehlte er nur noch einmal im 18er-Kader.
„ Ich habe in keiner einzigen Trainingseinheit den Kopf hängen lassen, sondern weiter meine Leistung gebracht“, sagt der 29-Jährige. Es habe eben nur ein bisschen gedauert … – van den Bergh muss lachen –, „… bis beim Trainer angekommen ist, dass er auf mich setzen kann. Aber irgendwann ging der Weg an mir auch nicht mehr vorbei.“ Van den Bergh kann im doppelten Sinne nichts Schlechtes über Dardai sagen. Der Trainer sei gerecht und fair gewesen, „ich glaube, für ihn war es auch nicht leicht: Er kam Woche für Woche zu mir und sagte: ,Ich kann dir eigentlich nichts vorwerfen, aber du bist wieder nicht dabei. Die Mannschaft spielt erfolgreich.’“
Wesentlicher Bestandteil dieser Mannschaft ist inzwischen Marvin Plattenhardt, der sich als Linksverteidiger festgespielt hat. Van den Bergh weiß, dass er realistisch betrachtet erst mal keine Chance hat, seinen alten Stammplatz zurückzuerobern. „Ich musste ein bisschen eine andere Rolle akzeptieren“, sagt er. Geholfen hat ihm dabei auch, dass er nicht nur eingewechselt wird, wenn es schon 3:0 steht, „sondern auch bei 1:1 oder 2:1 für uns“. Für ihn ist das eine Form der Wertschätzung. „Ich bin so, wie es aktuell ist, nicht unglücklich“, sagt er. „Natürlich will ich spielen, auch möglichst viel. Aber man muss auch immer seinen Platz finden.“
In der Rückrunde will er wieder zu den ersten 18 gehören, Spielminuten bekommen und weiter wichtig für die Mannschaft sein. „Ich versuche, in der Vorbereitung der bestmögliche Johannes van den Bergh zu sein, der ich sein kann“, sagt er. Im Sommer läuft sein Vertrag aus. Vor ein paar Wochen noch hätte man gesagt: Okay, das war’s dann. Inzwischen muss es nicht zwingend so kommen. „Ich kann mir hier noch ein, zwei Jahre vorstellen“, sagt van den Bergh. „Und ich glaube, bei Hertha wissen sie auch, was sie an mir haben.“
Hertha ist für ihn erster Ansprechpartner, aber für einen Spieler auf seinem Niveau gebe es auch andere Möglichkeiten, zumal er auf einer Position spiele, „die ein bisschen stärker gefragt ist“. Johannes van den Bergh sagt, er mache sich keine Sorgen, „dass es für mich nicht weitergeht“.