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Im Anflug. Manuel Neuer ist der neue Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.
© dpa

Neuer wird Kapitän der Nationalelf: Joachim Löw verzichtet auf Symbolik

Manuel Neuer wird Nachfolger von Bastian Schweinsteiger als Kapitän der Nationalmannschaft. Das ist logisch, wäre vor ein paar Jahren aber noch undenkbar gewesen. Ein Kommentar.

Seit zwölf Jahren arbeitet Joachim Löw inzwischen für den Deutschen Fußball-Bund. Im Fußball ist das eine kleine Ewigkeit. In dieser Zeit kommen und gehen komplette Systeme. Was gerade noch das heißeste Ding war, ist wenig später bereits hoffnungslos veraltet. Insofern ist es keine Schande, wenn man nach zwölf Jahren einfach mal seine Meinung um 180 Grad dreht.

Als Löw 2004 bei der Nationalmannschaft anfing, hat sein damaliger Vorgesetzter Jürgen Klinsmann als erste Amtshandlung verfügt, dass Oliver Kahn die Kapitänsbinde an Michael Ballack abzutreten habe. Viele haben darin den ersten Akt von Kahns Demontage gesehen, die offizielle Begründung aber lautete, dass ein Mittelfeldspieler wie Ballack von seiner Position aus viel stärker Einfluss nehmen könne als der Torhüter vom hinteren Rand des Feldes aus. Im Jahr 2016 spielen solche Argumente für Löw offenbar keine Rolle mehr: Er hat den Torhüter Manuel Neuer zum Kapitän ernannt und damit zum Nachfolger des Mittelfeldspielers Bastian Schweinsteiger gemacht.

Eine große Überraschung war das nicht mehr: Neuer hat die Mannschaft schon bei der EM aufs Feld geführt, als Schweinsteiger nur noch Ergänzungsspieler war. Er war sozusagen der Kapitän fürs Tagesgeschäft. Trotzdem wurde Löws Entscheidung von der Öffentlichkeit mit großer Neugier erwartet. Die Kapitänsbinde, erst recht die schwarzrotgoldene der Nationalmannschaft, gilt immer noch als Insignie der Macht und erhebt ihren Träger zu einer besonderen Figur in einer besonderen Mannschaft.

An Neuers Beförderung ist wenig auszusetzen. Seine sportliche Qualität ist über jeden Zweifel erhaben, er wird in der Mannschaft in hohem Maße geschätzt. Aber das hätte genauso für alle anderen Spieler gegolten, die als Kandidaten genannt worden waren. Auch an Jerome Boateng, Mats Hummels, Sami Khedira oder Thomas Müller wäre wenig auszusetzen gewesen.

Als der Bundestrainer vor zwei Jahren Bastian Schweinsteiger zum Kapitän ernannt hat, war das eine Entscheidung mit großer Symbolkraft. Darauf hat er diesmal, vermutlich bewusst, verzichtet. Joachim Löw hat das Amt, das er selbst für nachrangig hält, nicht auch noch politisch überhöhen wollen. Stattdessen hat er mit Manuel Neuer den Spieler zum Kapitän ernannt, durch den sich die anderen Kandidaten vermutlich am wenigsten brüskiert fühlen.

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