Bundestrainer verlängert bis 2020: Joachim Löw und die Nationalmannschaft: Mehr als ein Projekt
Die Vertragsverlängerung bis 2020 zeigt, dass Bundestrainer Joachim Löw noch einiges vor hat. Trotz allem ist sie vor allem eine symbolische Handlung.
In knapp zwei Wochen wird Joachim Löw in seiner Trainerkarriere eine weitere Bestmarke aufstellen. Er wird dann mit Helmut Schön gleichziehen, der dem aktuellen Bundestrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in einigen Kategorien weiterhin voraus ist. Schön war von 1964 bis 1978 im Amt, er hat immer noch mehr Länderspiele (167) in seinem Lebenslauf stehen als Löw (141) und hat doppelt so viele Titel (zwei) gewonnen. In knapp zwei Wochen aber wird Löw zumindest in der Rubrik Papstaudienzen gleichziehen. Schön und seine Spieler wurden im Dezember 1967 nach einem peinlichen 0:0 in Albanien vom Papst im Vatikan empfangen, dem aktuellen Team wird diese Ehre nun ebenfalls zuteil. Nach dem WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino am Freitag kommender Woche wird die Nationalmannschaft nach Rom zu Papst Franziskus reisen.
Löw hat das am Montag quasi en passant bestätigt, als es eigentlich um die Verlängerung seines Vertrages mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) ging. Wenn sein neuer Vertrag 2020 nach der Europameisterschaft ausläuft, wird Löw an Amtsjahren (14) mit Schön gleichgezogen haben, er wird ihn an Länderspielen überholt haben – und idealerweise auch an Zahl der Titel. Die Aussicht, als erster Bundestrainer den WM-Titel erfolgreich zu verteidigen, dazu nach der Weltmeisterschaft möglicherweise auch die Europameisterschaft zu gewinnen, hat eine entscheidende Rolle gespielt, warum sich Löw auf das verzweifelte Werben des DFB eingelassen hat. Zeitlicher Druck bestand eigentlich nicht, der alte Vertrag lief ohnehin noch bis 2018. „Mir macht’s im Moment Spaß“, sagte der 56 Jahre alte Löw. Dazu kommt offensichtlich das Gefühl, dass er mit der Nationalmannschaft längst noch nicht fertig ist.
„Wir können bei Joachim Löw keinerlei Abnutzungserscheinungen feststellen“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. „Im Gegenteil: Der WM-Titel 2014 hat einen großen Motivationsschub bei ihm freigesetzt.“ Für Grindel ist Joachim Löw „der beste Trainer, den wir uns im DFB-Präsidium für die Nationalmannschaft vorstellen können“. Den Wunsch zur Vertragsverlängerung hat er schon im Frühjahr, unmittelbar vor der EM in Frankreich, auf die Agenda gehoben – um jetzt, nur ein paar Monate später, zu bedauern, dass sich die Debatte nicht mehr habe steuern lassen, dass Löw und alle anderen Beteiligten dauernd auf dieses Thema angesprochen würden und die Spekulationen wucherten: „Überflüssige Diskussionen dürfen nicht laufen gelassen werden.“
Kopf und Herz sagen gemeinsam ja
In der Vergangenheit hat sich Löw von solchen Nöten des jeweiligen DFB-Präsidenten wenig beeindrucken lassen. Vor der WM 2010 blockte er alle Versuche ab, seinen Vertrag zu verlängern. Insofern ist es schlichtweg falsch, „dass es nicht gut ist, ohne vertragliche Grundlage in ein WM-Turnier zu gehen“, wie Grindel behauptete. Zumal man ja auch noch hätte warten können, bis sich Löw mit seiner Mannschaft tatsächlich für die Weltmeisterschaft in Russland qualifiziert hat.
Dass der Bundestrainer Grindels Werben trotzdem schon jetzt nachgegeben hat, lässt auf eine hohe Jobzufriedenheit schließen. „Wenn Kopf und Herz gemeinsam ja sagen, gibt es nicht viel zu überlegen“, sagte Löw. Auf die Frage „Warum jetzt?“ entgegnete er: „Warum nicht jetzt?“ Er spüre das uneingeschränkte Vertrauen des DFB und sei sich sicher, dass man gemeinsam noch einiges erreichen könne. Das hat auch mit der Fülle an Talenten zu tun, die in der Bundesliga gerade an die Oberfläche streben. Der Durchbruch zu internationaler Klasse kommt nicht von einem Tag auf den anderen, die Talente brauchen Zeit, vielleicht zwei, drei Jahre. Diesen Prozess würde Löw gerne unterstützend begleiten – und anschließend davon profitieren.
Trotz allem ist die Vertragsverlängerung vor allem eine symbolische Handlung. Ob und wie lange ein Nationaltrainer im Amt bleibt, richtet sich nicht nach der Laufzeit eines Vertrages; darüber entscheidet vor allem das Abschneiden bei großen Turnieren. Joachim Löw weiß das natürlich auch. „Wir sind professionell genug, dass wir miteinander reden können, wenn es mal nicht so läuft“, sagte er. Wann dieser Fall denn eintreten werde, wurde der Bundestrainer gefragt. Löw antwortete: Falls seine Mannschaft das WM-Finale in zwei Jahren nur knapp gewinnen sollte. Es war nur ein Scherz.