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Bundesliga: "Jens Lehmann hat sich selbst diskreditiert"

DFB-Chefausbilder Frank Wormuth über Trainer ohne Lizenz, den Fall Markus Babbel und den Erfolg des neuen Fußballlehrer-Lehrgangs

Herr Wormuth, haben Sie eigentlich ein schlechtes Gewissen?



Wieso? Bei wem sollte ich das haben?

Bei Christian Hock zum Beispiel, der Ende des Jahres beim SV Wehen entlassen worden ist. Wehen sagt, Hock habe seinen Job nicht ordentlich machen können, weil er wegen der Ausbildung zum Fußballlehrer die ganze Woche in Köln ist.

Das ist mir zu billig. Mag sein, dass der SV Wehen das so sieht. Aber dann verwechselt er Ursache und Wirkung. Ich sage: Liebe Vereine, fasst euch an die eigene Nase! Die Ursache liegt darin, dass ihr einen Trainer eingestellt habt, von dem ihr wusstet, dass er noch den Fußballlehrer-Lehrgang absolvieren muss.

Sie müssten sich eigentlich freuen, dass die Trainerausbildung inzwischen so anspruchsvoll ist, dass man sie nicht mal eben nebenher abhandeln kann.

Das stimmt. Nebenbei wird es schwierig. Trotzdem können wir nichts dafür, dass Wehen in der Zweiten Liga unten steht. Holger Stanislawski und Christian Wück zeigen bei St. Pauli und Ahlen, dass sich beides, Lehrgang und Trainingsarbeit, miteinander vereinbaren lässt. Zum anderen gibt es auch Vereine, die in der Zweiten Liga unten stehen, obwohl der Trainer die ganze Woche bei der Mannschaft ist. Die Trainingsarbeit ist nur einer von vielen Mosaiksteinchen für den Erfolg.

Was bedeutet das für die Zukunft von Markus Babbel als Teamchef des VfB Stuttgart?

Das weiß ich nicht. Das müssen Sie den VfB fragen. Ich kann erst über Babbel reden, wenn er bei mir im Lehrgang ist.

Die Stuttgarter hoffen immer noch auf eine Ausnahmeregelung, eine Lex Babbel. Immerhin haben sie ihren U-23-Trainer Rainer Adrion zum DFB ziehen lassen.

Ich sehe da keinen Zusammenhang. Rainer Adrion übernimmt im Juli die U-21- Nationalmannschaft, Markus Babbel hat sich für den nächsten Fußballlehrer-Lehrgang beworben. Alles andere sind Spekulationen. Wir haben immer gesagt, dass es für Lothar Matthäus die letzte Sonderregelung gegeben hat. Man muss auch mal einen Schlussstrich ziehen. Das haben wir getan. Irgendwann werden die Vereinsmanager erkennen, dass sie sich den Vorgaben der DFL und des DFB anpassen müssen: Eines Tages werden sie nur noch Fußballlehrer einstellen. Da bin ich sicher.

Stuttgarts Sportdirektor Horst Heldt fordert, dass der DFB Rahmenbedingungen schafft, damit Babbel den Lehrgang machen und weiter als Trainer arbeiten kann.

Wir kommen den Profitrainern ohne Lizenz ja schon entgegen: Sie dürfen ihr Praktikum im eigenen Verein machen. Dadurch sind sie nicht elf Monate von ihrer Mannschaft weg, sondern nur 28 Wochen, und das auch nur von Montag bis Donnerstag. Mehr geht nicht. Eigentlich müssten wir sie in andere Vereine schicken, damit sie erfahrenen Trainern über die Schulter schauen.

Jens Lehmann sagt, er habe als Spieler bei Arsène Wenger so viel gelernt, dass er morgen eine Mannschaft trainieren könnte.

Grundsätzlich kann jeder eine Mannschaft trainieren. Ich kauf mir ein Buch, da steht drin, wie es geht. Aber kopiert ist nicht kapiert. Ein Assistenzarzt, der seinem Professor drei Jahre über die Schulter geschaut hat, kann auch nicht morgen eine Herztransplantation vornehmen. Jens Lehmann hat sich mit seiner Aussage selbst diskreditiert. Sie ist anmaßend den Trainerkollegen gegenüber, die sich alles über Jahre erarbeitet haben. Ich kenne viele, die den Kopf geschüttelt haben. Wir werden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht als Prinzen geboren.

Wie meinen Sie das?

Spieler und Trainer sind zwei verschiedene Berufe. Ein Trainer muss das Ganze sehen. Die wenigsten Spieler können das. Du hast deine Position, und du weißt, was von dir auf dieser Position verlangt ist. Wir sehen das sogar noch bei unseren Bewerbern. In der Eignungsprüfung lassen wir sie Fußball spielen, fünf gegen fünf, auf kleinem Feld. Da erkennen Sie, wer schon Trainer ist und wer noch Spieler.

Woran?

Der Trainer muss kein überragender Fußballer sein, aber er steht richtig zum Gegner, er versucht die Laufwege zuzustellen, er spricht mit seinen Mitspielern.

Jens Lehmann hat gesagt, er werde für die Ausbildung zum Trainer ganz sicher nicht elf Monate in Köln verbringen.

Vor nicht allzu langer Zeit haben alle gerufen: Unsere Trainerausbildung muss besser werden. Jetzt haben wir was verändert, und nun meckern wieder alle. Sollen sie doch jammern, wir ziehen unser Ding durch, weil wir davon überzeugt sind und gute Argumente haben. Ich bin erfreut, wie positiv der neue Lehrgang angenommen wird. Wir haben die Teilnehmer einen Bewertungsbogen ausfüllen lassen. Die Ergebnisse zeigen, dass wir absolut auf dem richtigen Weg sind. Natürlich gibt es auch welche, die sagen: Oh, muss ich so viel dokumentieren? Wozu muss ich eine Hausarbeit schreiben? Wir begründen das. Und wir zwingen manche zu ihrem Glück. Die meisten haben das geschnallt. Ein paar noch nicht.

Sind Sie als Trainerausbilder eigentlich froh über den Erfolg der TSG Hoffenheim?

Wieso sollte ich? Ich habe Ralf Rangnick nicht ausgebildet.

Weil die Hoffenheimer sehr stark die Bedeutung des Trainers für ihren Erfolg herausstellen – und weil sie ganz gezielt das trainieren, was im Spiel verlangt wird.

Das ist das Entscheidende. Sie haben immer wieder Spieler, die fragen: Trainer, warum müssen wir jetzt diese Übung machen? Weil wir im Training genau das trainieren, was wir im Spiel sehen wollen. Ein Trainer muss Methodiker sein. Das kann man lernen, und das bringen wir den angehenden Fußballlehrern bei. Ich weiß, dass viele Trainer in Deutschland so arbeiten. Nicht nur Ralf Rangnick.

Sehen Sie in der Bundesliga insgesamt einen Trend zu besserem Fußball?

Die Frage erübrigt sich eigentlich. Sie müssen sich nur die Torquote anschauen. Jahrelang haben die Vereine ihr Abwehrverhalten verbessert, auch weil es einfacher zu trainieren ist als das Angriffsverhalten. Jetzt wird die Offensive wieder stärker betont. Da haben wir eine Riesenentwicklung gemacht. Und das liegt hundertprozentig an den Trainern.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns.

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