U-21-Nationalspieler Marco Richter im Interview: „Jeder Spieler möchte das Turnier als Bühne nutzen“
U-21-Nationalspieler Marco Richter über seine starken Auftritte bei der U-21-Europameisterschaft, seine Ziele abseits der EM und Cristiano Ronaldo.
Marco Richter hat sich bei der U-21-Europameisterschaft in Italien mit drei Toren aus den ersten beiden Spielen in den Fokus gespielt. Er ist einer, der aus dem deutschen Team hervorsticht. Vor dem entscheidenden Gruppenspiel gegen Österreich haben wir mit dem Augsburger Bundesliga-Profi gesprochen.
Herr Richter, mit Ihren überraschenden Auftritten und drei Toren sind Sie in den Fokus der EM gerückt. Was können wir von Ihnen noch erwarten?
Ich bin mir bewusst, um was es hier bei der EM geht. Für mich waren es bisher nur meine ersten Vorrundenspiele. Dass es gleich so viele Tore wurden, ist schon ein einmaliges Gefühl.
Ein perfekter Start für Sie.
Kann man so sagen. Im Spiel gegen Österreich geht es nun um unser erstes Ziel, den Gruppensieg und den Halbfinaleinzug. Österreich könnte für uns ein unangenehmer Gegner werden. Aber wir wollen den nächsten Schritt gehen. Die Motivation im Team ist nach wie vor hoch.
Wie zeigt sich das?
Wir verstehen uns alle sehr gut, spielen oft zusammen Uno oder Fifa an der Konsole und versuchen uns durch gemeinsame Aktivitäten abzulenken. Letzten Dienstag haben wir uns im Golf ausprobiert und ein paar Bälle geschlagen. Mein Sport wird Golf zwar nicht werden, dafür hatten wir aber Spaß. Das stärkt den Teamgeist.
Nun, gegen Österreich, werden Sie auf Ihren Mannschaftskollegen vom FC Augsburg Kevin Danso treffen. Was erhoffen Sie sich davon?
Es ist immer etwas Besonderes, wenn Deutschland auf Österreich trifft. Auch für mich in diesem Fall. Sticheleien gibt es da schon zwischen uns beiden, aber Kevin und ich sind gute Freunde. Sobald wir auf dem Platz stehen, spielen wir für unsere Mannschaft. Jeder von uns möchte gewinnen, und das ist auch richtig so.
Der Österreicher Hannes Wolf erlitt einen Bruch des rechten Außenknöchels beim Spiel gegen Serbien. Wie gehen Sie mit dem Verletzungsrisiko um?
Zunächst einmal wünsche ich ihm alles Gute und dass er bald wieder auf dem Platz stehen kann. Sowas ist immer sehr unglücklich, gerade in so einem Wettbewerb wie der EM. Jeder Spieler möchte das Turnier für sich als Bühne nutzen, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dass ich mich verletzen könnte, spielt auf dem Platz für mich keine Rolle. Darüber denke ich in diesem Moment nicht nach.
Wie gehen Sie mit der medialen Aufmerksamkeit um?
Ich versuche mich vom medialen Druck nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Im Fokus steht für mich die EM. Ich möchte die EM genießen und ein erfolgreiches Turnier spielen. Die Unterstützung meiner Familie und Freunde hilft mir dabei enorm. Ich bemühe mich, auf alle Nachrichten und Glückwünsche zu antworten, und mich bei ihnen zu bedanken.
Was macht Sie so stark?
Meine Gewinnermentalität. Das war früher auch schon so.
Was genau meinen Sie damit?
Wenn ich auf dem Rasen stand, wollte ich immer gewinnen und den Ball behaupten. Egal, ob im Training oder im Wettkampf.
Wer ist Ihr Vorbild?
Mein Idol im Fußball ist Cristiano Ronaldo. Seine Beweglichkeit auf dem Feld inspiriert mich.
Und wie können Sie von ihm profitieren?
Von ihm kann ich mir viel für meine fußballerischen Fähigkeiten abschauen. Auf Youtube schaue ich mir ab und zu Videos zu seiner Schusstechnik an. Gerade für mich als Offensivspieler ist es wichtig zu sehen, wie er sich vor dem Tor verhält. Damit ich den Schritt in Richtung gesunde Ernährung gehen konnte, habe ich sehr viel über Ronaldos Schlafrhythmus und seine Ernährung gelesen. Es beeindruckt mich, dass er fünfmal pro Tag 90 Minuten schläft.
Verraten Sie uns, was es mit dem Thema Ernährung für Sie auf sich hat?
Das hängt damit zusammen, dass ich früher, während meiner Jugendzeit, kaum auf meine Ernährung geachtet habe. Da habe ich schon mal das Frühstück weggelassen. Seit sieben Monaten achte ich gemeinsam mit einem professionellen Berater auf meine Ernährung. Auch nach dem Training bleibe ich etwas länger draußen und schiebe Extraeinheiten auf dem Platz. Nur so kann ich mich weiterentwickeln.
Machen Sie dennoch mal eine Ausnahme?
Als Belohnung nach einem Spiel darf es am Abend auch mal ein Burger sein.
Beim FC Augsburg sind Sie zum Stammspieler aufgestiegen. Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus, abseits Ihrer Ziele für die EM?
Beim FC Augsburg bin ich groß geworden und mein Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2023. Bis dahin möchte ich nur möglichst viel spielen. Was nach dieser Zeit kommen wird, wird sich zeigen.
Viele junge Nachwuchstalente in Ihrem Alter träumen von der ganz großen Karriere in einem Profiverein wie Bayern München oder Real Madrid – auch Sie?
Einen solchen Traumverein hatte ich noch letztes Jahr. Hätte Cristiano Ronaldo noch bei Real Madrid gespielt, würde ich diese Frage ganz klar mit Real Madrid beantworten. Der Traum, jemals in der Champions League zu spielen, ist für mich noch ganz weit weg.
Da wäre noch die Sache mit dem Ritual. Haben Sie denn eines?
Ein richtiges Ritual, nach dem Motto „Den rechten Schuh als erstes anziehen oder mit dem rechten Fuß auf den Rasen gehen“, habe ich nicht. Allerdings hat mir mein Vater vor einigen Jahren einen Rosenkranz geschenkt, der ist kurz vor dem Spiel immer bei mir, genauso wie meine zwei Armbänder, die ich von meinen zwei besten Kumpels bekommen habe.
Kristina Smirnov