Julia Görges scheitert an Serena Williams: Jan-Lennard Struff verzweifelt in Runde drei
Nach Julia Görges scheidet auch Jan-Lennard Struff in Wimbledon aus. Sein Match wird jedoch von einem Notarzteinsatz überschattet.
Jan-Lennard Struff zertrümmerte seinen Tennisschläger mit brachialer Gewalt. Drei-, viermal nacheinander drosch der 29-Jährige mit dem Racket gegen seinen Schuh. Letzterer erwies sich jedoch als stabiler. Der Wutausbruch nach dem Tiebreak im zweiten Satz half ihm am Ende auch nicht, Struff verlor sein Drittrundenmatch gegen den Kasachen Michail Kukuschkin 3:6, 6:7 (5:7), 6:4, 5:7. Weil bei den Frauen zuvor Julia Görges in ihrem Duell gegen Serena Williams nach einem 3:6 und 4:6 ebenfalls ausschied, ist in Wimbledon kein deutscher Profi in der kommenden Woche mehr im Einzel vertreten.
„Ich bin sehr enttäuscht, und das wird auch noch ein bisschen andauern“, sagte Struff nach dem Match auf Court No. 12, das durch einen Notarzteinsatz auf den Zuschauerrängen überschattet wurde. Eine 60-jährige Frau war zu Beginn des vierten Satzes kollabiert, konnte nach minutenlanger Behandlung aber reanimiert und zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus gefahren werden. Das Spiel war deshalb über eine Stunde unterbrochen, Struff und Kukuschkin mussten den Platz verlassen und betraten ihn erst nach 70 Minuten wieder.
„Das war natürlich eine schwierige Situation. Wir wussten anfangs gar nicht, was wir tun sollten“, erzählte Struff, der erst nach dem Match von deutschen Journalisten über den Zustand der Zuschauerin informiert wurde. Direkt nach Wiederaufnahme hatte er beim Stand von 2:2 einen Breakball und in der Folge noch viele weitere Chancen. Als er endlich eine davon nutzte, gab er danach prompt sein Service wieder ab. Kukuschkin, 13 Zentimeter kleiner gewachsen als Struff, erwies sich als menschliche Ballmaschine und brachte den Gegner mit seinen Defensivkünsten an den Rand der Verzweiflung. „Er spielt sehr unangenehm und hat wirklich jeden Ball zurückgebracht“, sagte Struff. Nur zwei seiner 15 Breakchancen konnte er nutzen. „Die Niederlage tut sehr weh“, sagte er deswegen hinterher, auch wenn er „alles gegeben“ habe. Zwei Matchbälle konnte der Deutsche beim Stand von 5:6 in Satz Nummer vier zunächst abwehren, der dritte war dann einer zu viel.
Mit einem Sieg hätte Struff sein bestes Ergebnis in Wimbledon erreicht, noch nie stand er hier im Achtelfinale. Das hatte Julia Görges im Vorjahr sogar gewonnen und war später erst an Serena Williams im Halbfinale gescheitert, auch damals in zwei Sätzen. Eine mögliche Revanche verpasste die 30-Jährige. „Der Aufschlag war heute der Unterschied. Wenn sie ihren ersten serviert, bleiben nicht viele Optionen“, sagte Görges. Die US-Amerikanerin hatte in dieser Hinsicht klare Vorteile, nicht einen Breakball musste sie im gesamten Match abwehren, je einmal pro Satz konnte sie Görges dagegen den Aufschlag abnehmen. „Ich glaube, ich spiele immer dann gut, wenn ich ruhig bleibe, aber trotzdem die nötige Intensität da ist“, sagte Williams nach dem Match und wirkte ziemlich zufrieden mit sich und der Welt.
Auch bei Görges hielt sich die Enttäuschung nach dem fünften verlorenen Duell mit Serena Williams ohne eigenen Satzgewinn in Grenzen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit der Leistung in der anderen Hälfte des Tableaus noch dabei wäre“, sagte sie und sprach von einem deutlich hochklassigeren Match als noch im Halbfinale 2018. Das Problem gegen Williams ist für die Deutsche wohl einfach ihre eigene Spielweise, die der Gegnerin entgegenkommt. Zwar schlägt Görges hart auf und kann fast von jedem Ort auf dem Platz direkte Punkte erzielen, lange Ballwechsel gibt es so aber nicht. Für Williams war das angenehm, weil sie so nur selten über den Londoner Rasen gescheucht wurde.
Für Julia Görges blieb letztlich nur die Erkenntnis, dass es ihr in den ganz großen Matches einfach noch an Erfahrung fehlt. 94 Spiele hat sie jetzt bei Grand-Slam-Turnieren bestritten, Serena Williams hat alleine bei den All England Championships 95 Einzelsiege erzielt. Bei der 37-Jährigen könnten noch einige weitere hinzukommen, deutsche Tennisspieler müssen in Wimbledon hingegen mindestens bis 2020 warten, bis sie wieder über Erfolge reden dürfen.