Offensivspieler vom FC Schalke 04: Ist Sané Löws geheime Geheimwaffe?
Je länger Bundestrainer Joachim Löw der Öffentlichkeit Leroy Sané vorenthält, desto lauter werden die Rufe nach dem Angreifer von Schalke 04. In der K.-o.-Runde könnte Sané womöglich den Unterschied machen.
Leroy Sané hat definitiv keine Fehlpässe gespielt. Er brachte die Bälle sauber an den Mann, mal nach zwei Ballkontakten, mal nur nach einem. Der Schwierigkeitsgrad war allerdings auch überschaubar: Es gab keinen Gegner, der die Sache verkompliziert hätte. Neun Spielern der deutschen Fußball- Nationalmannschaft war eine Hälfte des Platzes im Stade Camille Fournier von Évian-les-Bains zugewiesen worden, sie hatten vier Bälle und sollten sich mit flachen Pässen ein wenig warm spielen für den Rest der Trainingseinheit. Sané ist auch locker leicht über wadenhohe Hürden gesprungen, hat ein paar kurze Sprints und zackige Hopserläufe vorgeführt. Dann war eine Viertelstunde rum, und die Journalisten mussten den Trainingsplatz leider wieder verlassen. So viel, immerhin, war noch zu erkennen: Sanés Trainingsgruppe gehörten mehr Ersatz- als Stammspieler an.
Man raunt sich sensationelle Dinge zu
Eine Überraschung wäre es nicht, sollte der Offensivspieler vom FC Schalke 04 auch am Sonntag im Achtelfinale gegen die Slowakei wieder nicht in der deutschen Startelf stehen. Man raunt sich zwar sensationelle Dinge zu über die Fähigkeiten dieses 20-Jährigen, an dem der alte Adel des europäischen Fußballs genauso interessiert sein soll wie die neureichen Emporkömmlinge. Aber wie gut Sané wirklich ist, weiß mangels Anschauung eigentlich niemand genau. Das letzte Mal, dass man ihn hat spielen sehen, ist fast drei Wochen her. Beim finalen EM-Test gegen Ungarn wurde er 20 Minuten vor Schluss eingewechselt. In Frankreich selbst ist er noch nicht zum Einsatz gekommen. Da können ihm die Journalisten alle paar Tage mal für 15 Minuten dabei zuschauen, wie er läuft, wie er sich dehnt, wie er sich streckt und ein paar belanglose Pässe spielt.
"Läufe, die dem Gegner wehtun"
Die sportliche Leitung des Teams lobt den Frischling ausdrücklich, seine Leistungen im Training, seine grundsätzlichen Qualitäten in der Offensive, die Schnelligkeit, das Gespür für die Tiefe, die Ballbehandlung. Erst vorige Woche hat der Bundestrainer wortreich und nachdrücklich den Mangel an Spielern beklagt, die in der Lage sind, sich in Eins-gegen-eins-Situationen durchzusetzen. Andererseits preist er Sané immer wieder dafür, dass der das Eins-gegen-eins suche. „Seine Laufwege und seine Schnelligkeit sind speziell. Er macht diese Läufe, die dem Gegner weh tun.“ Wenn man aber dann eins und eins zusammen gezählt hat, ist am Ende wieder nur 1,24 herausgekommen.
Sané ist nicht der einzige junge Spieler, den der Bundestrainer bei der EM noch nicht berücksichtigt hat. Julian Weigl, 20, und Jonathan Tah, 20, ist es bisher genauso ergangen, und Joshua Kimmich, 21, musste bis zum dritten Vorrundenspiel warten, ehe er zu seinem ersten Einsatz kam. „Man darf nicht vergessen: Ein Turnier ist eine besondere Drucksituation. Und solche Spiele, in denen es um alles geht, sind auch nicht immer so einfach“, sagt Löw. Bei Tah, der erst für den verletzten Antonio Rüdiger nachnominiert wurde, kann man das noch verstehen. Auch bei Weigl, auf dessen Position ausreichend erfahrene Konkurrenz vorhanden ist. Im Fall Sané aber schwindet das allgemeine Verständnis mehr und mehr.
Sportliche Gründe - schwer zu erkennen
Das liegt zum einen an den Erwartungen, die Löw selbst mit seinen Aussagen geweckt hat und die sich eher noch verstärkt haben, je länger der Bundestrainer Sané der Öffentlichkeit nun schon vorenthält. Es liegt aber auch an den bisherigen Darbietungen von dessen interner Konkurrenz. In allen drei Vorrundenspielen entschied sich der Bundestrainer für André Schürrle als offensive Wechseloption, als gäbe es eine geheime Uefa-Regel, die dem Bundestrainer genau das vorschreibt. Sportliche Gründe waren nur schwer zu erkennen. Das, was Schürrle nicht gebacken bekommen hat, hätte Sané vermutlich auch so hinbekommen.
Der Überraschungseffekt kann groß sein
Aber vielleicht folgt alles auch einem ausgeklügelten Plan des Bundestrainers. Vielleicht ist der junge Schalker die speziellste aller Spezialkräfte, die geheimste aller Geheimwaffen. Und warum, bitte schön, soll man das Potenzial Sanés in einem Spiel gegen Nordirland verschwenden, das die Deutschen mutmaßlich sowieso gewinnen? Der Überraschungseffekt, der sich mit ihm erzielen lässt, kann in einem K.-o.-Spiel viel größer sein.
Vor vier Jahren, bei der EM in Polen und der Ukraine, hat es einen ähnlichen Fall im deutschen Team gegeben. Damals hieß Leroy Sané noch Marco Reus. Reus war bei Borussia Mönchengladbach der überragende Spieler der gerade abgelaufenen Bundesligasaison gewesen, ein paar Wochen nach der EM wurde er zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt. In der Vorrunde spielte er keine einzige Minute, im ersten K.-o.- Spiel gegen Griechenland aber tauchte er plötzlich in der Startelf auf. Reus war an etlichen Offensivaktionen beteiligt und erzielte beim 4:2-Sieg das vierte Tor der Deutschen. Es war kein Fehler, Reus spielen zu lassen. Der Fehler war, ihn nach dem Sieg gegen die Griechen wieder aus der Mannschaft zu nehmen.
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