FC Bayern München: Ist Pep Guardiola mit dem Kopf schon woanders?
Pep Guardiola verlässt den FC Bayern am Ende der Saison. Das kann zum Problem werden. Weil ihm nun Dinge unterstellt werden, die so vielleicht nicht stimmen.
Man kann Pep Guardiola nichts vorwerfen. Einerseits, denn er verrichtet auf den ersten Blick seine Arbeit beim FC Bayern so engagiert, so fokussiert wie immer. Kein Wort verlor er in den vergangenen Wochen darüber, dass es sein letztes halbes Jahr in München sein wird, sein letzter Rückrundenauftakt an diesem Freitag beim Hamburger SV (20.30 Uhr/ARD live). Wenn er mit seinen Spieler rede, sagt er, gehe es nur um Fußball, nicht um seinen bevorstehenden Abschied. Und er hat zuletzt sehr viel geredet, so viel, dass er am Ende des umstrittenen Trainingslagers in Katar heiser gewesen war.
Trotzdem sind Veränderungen festzustellen, zum Beispiel, dass Guardiola in den vergangenen Wochen, seit dem Trainingsstart, öfter mal einen freien Tag gegeben hat als sonst. Er kam außerdem im Umfeld der leise Vorwurf auf, dass der Grund für die vielen Verletzungen, die die Münchner in den vergangenen beiden Jahren plagten, womöglich auch in der Trainingsmethode zu suchen sei. Zuviel Taktik, zu wenig Grundlagen und Regeneration. Vermutlich hat Guardiola deshalb vor dem Rückrundenstart mal eine mehr Pause gegeben. Daraufhin hieß es prompt, das Training sei zu lasch. „Drei freie Tage in der ganzen Vorbereitung ist wenig“, konterte der Trainer nun. „Für Training ist Regeneration mit einem freien Tag wichtig“, vor allem für eine Mannschaft, die international spiele.
In der Situation, in der Guardiola sich befindet, können aber schnell Spekulationen aufkommen, wenn es sportlich nicht läuft wie erwartet. Zum Beispiel die, dass er mit ein paar seiner Gedanken doch schon bei seinem neuen Job in der Premier League sei. Die Klubverantwortlichen sind darauf bedacht, das Wir-Gefühl zu stärken – obwohl, so ist zu hören, die Beziehung zum Trainer leicht abgekühlt ist, auf ein sehr geschäftliches Niveau. „Ich wüsste nicht, warum sich im täglichen Umgang etwas ändern sollte“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer. Man habe doch gute Erfahrungen mit Jupp Heynckes gemacht. Dessen Abschied stand vor drei Jahren ebenfalls bereits in der Winterpause fest und die Mannschaft holte danach das Triple. Aber einen Unterschied gibt es doch. Anders als einst Heynckes geht Guardiola ja nicht in Rente nach dieser Saison, sondern sucht eine neue Herausforderung, aller
Voraussicht nach bei Manchester City, oder auch nicht. Nun soll plötzlich Manchester United eine Rolle spielen. Wie die französische Sporttageszeitung „L'Equipe“ am Donnerstag berichtet, habe sich Guardiola in der vergangenen Woche mit den Verantwortlichen von Manchester United in Paris getroffen haben. Demnach soll das Treffen im Hotel Bristol stattgefunden haben.
Es fehlt noch das i-Tüpfelchen
Das Vermächtnis des Katalanen beim FC Bayern hängt stark von dieser letzten Rückrunde ab. Fünf Titel hat er in den ersten beiden Jahren geholt. Zweimal die Meisterschaft, und die dritte in dieser Saison ist sehr wahrscheinlich, einmal den DFB-Pokal, den europäischen Supercup und den Weltpokal. Eine stolze Ausbeute, aber es fehlt noch das i-Tüpfelchen. Deshalb wird nicht die Bundesliga, in der die Bayern mit acht Punkten Vorsprung in die zweite Hälfte starten, nicht der Pokal-Wettbewerb darüber entscheiden, was von der Ära Guardiola bleibt, sondern die Champions League. Zweimal scheiterte der Trainer mit den Bayern im Halbfinale, beim ersten Mal, gegen Real Madrid, nahm er die Schuld auf sich, weil er ein falsches System wählte, in der vergangenen Saison gegen den FC Barcelona, so die Meinung der Bayern, habe es an den vielen Ausfälle gelegen, dass sein Team chancenlos war.
Die Champions League ist die Trophäe, an der nun spätestens seit dem Triple mit Heynckes alle Trainer gemessen werden beim FC Bayern. Die Ansprüche, sagt Thomas Müller, hätten sich verändert, seit er 2009 zu den Profis gekommen sei. Damals „war ein Halbfinale in der Champions League noch nicht selbstverständlich. Heute ist das Pflichtprogramm“, stellt er fest. Zwar sind für Guardiola „Titel nur Ziffern“ und Zahlen für ihn eher langweilig. „Wenn ich am Ende den Spielern geholfen habe, ein bisschen besser zu werden, dann ist das das Wichtigste für mich.“
Aber mit den Bayern Europas Thron zu besteigen, wäre so etwas wie eine Bestätigung, in München etwas entwickelt zu haben. „Im Moment sind wir noch nicht bereit, die Champions League zu gewinnen, wir brauchen einen Schritt nach vorne“, sagte Guardiola am Ende des Trainingslagers von Katar und versprach: „Ich werde alles tun, um diesen Titel zu gewinnen.“ Wenn er es nicht schafft, würde die Ära Guardiola als unvollendet in die Klubhistorie eingehen, trotz einer Handvoll Titel.