Die Uefa erfindet einen neuen Wettbewerb: Inflation in der Eurozone
Der europäische Fußball-Verband beschließt die Einführung einer Nationenliga. Sie wird mehr Einnahmen bringen, ruft aber auch Kritik hervor.
Astana ist ein ziemlich weit weg. Etwa 4000 Kilometer östlich von Berlin liegt die kasachische Hauptstadt, aber die Fußballer des zentralasiatischen Landes spielen unter dem Dach des europäischen Verbandes Uefa, der dieser Tage in Astana tagte. So kam es, dass sich die Zukunft des europäisches Fußballs außerhalb Europas entschied.
Einstimmig beschloss der Uefa-Kongress am Donnerstag die Einführung einer Nationenliga. Ab 2018 ermitteln die europäischen Nationalmannschaften neben dem Europameister einen weiteren Champion, in einem Ligensystem mit Play-offs, Auf- und Abstieg. Die 54 Nationalteams des Kontinents werden auf 16 Gruppen in vier Divisionen verteilt und spielen aus, wer in ungeraden Kalenderjahren Meister der sogenannten Nations League wird.
Von einer „sehr wichtige Entscheidung für die Zukunft des Fußballs“ sprach Uefa-Präsident Michel Platini. Der Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) klang weniger euphorisch. Man habe trotz Bedenken gegen den Wettbewerb zugestimmt, „aus Solidarität“ zu den kleineren Mitgliedsverbänden, sagte Wolfgang Niersbach. „Wir hoffen, dass die Fans das neue Format unterstützen.“
Ausgerechnet Niersbach soll nun als Chef der Uefa-Kommission für Nationalteamwettbewerbe innerhalb eines Jahres ein Konzept für die Liga entwerfen. Denn bisher sind noch viele Fragen offen, wie der Wettbewerb aussehen soll.
So könnte das Konzept aussehen
Die Uefa teilte mit, dass nach der Weltmeisterschaft im Sommer 2018 in Russland nicht wie gewohnt im Herbst die Qualifikation für die nächste Europameisterschaft beginnt; diese wird nicht abgeschafft, sondern verschiebt sich ins Frühjahr. Stattdessen finden künftig von September bis November die Gruppenspiele der Nationenliga statt. Nach den Koeffizienten der Uefa-Rangliste werden die Nationalteams auf die vier Divisionen verteilt, die stärksten in die oberste Division A, die schwächsten in die unterste Division D. In jeder Division soll es vier Gruppen aus je drei oder vier Teams geben, jedes Land hätte also vier oder sechs Gruppenspiele. Deutschland käme nach dem aktuellen Ranking in die höchste Spielklasse, neben Nationen wie Spanien, Italien oder England, aktuell wären auch Bosnien, die Ukraine oder Belgien vorne dabei. Die vier Gruppensieger der Kategorie A sollen im folgenden Sommer ein Final-Four-Turnier spielen, vermutlich mit Halbfinale und Finale an einem neutralen Ort, erstmals im Juni 2019.
Die übrigen Teams spielen um Auf- oder Abstieg zwischen den Divisionen, der Modus ist unklar. Zudem sollen sich vier Nations-League-Teilnehmer für die EM 2020 qualifizieren – neben den 20 Plätzen, die weiter über die EM-Qualifikation vergeben werden. Aus jeder Division wird wohl ein EM-Teilnehmer ermittelt, womöglich mit Play-offs im März. Es könnten sich also auch Teams aus der schwächsten Kategorie wie Wales, die Färöer oder Gibraltar für die EM qualifizieren. Haben sich aus der stärksten Spielklasse bereits alle A-Teams regulär qualifiziert, gäbe es wohl zwei EM-Plätze für die Division B.
Ziemlich kompliziert - auch Spieler verstehen das System noch nicht
Alles in allem ein ziemlich unübersichtlicher Modus. England Ex-Nationalspieler Gary Lineker twitterte: „Ich wünschte, ich würde es verstehen!“ Entsprechend groß war die Kritik, vor allem aus Deutschland. „Wir sind sehr überrascht, dass dieses Thema in Astana ohne Vorankündigung auf die Tagesordnung gekommen ist und ein so weitreichender Beschluss getroffen wurde“, sagte Reinhard Rauball, der Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Vor allem von den Klubs gab es Kritik. „Wir glauben, dass es genug Wettbewerbe gibt“, sagte der Präsident des Hamburgers SV, Carl Jarchow. „Ich befürchte, dass der Fußball in Gefahr gerät, sich zu inflationieren“, sa
Spielergewerkschaft befürchtet mehr Stress für Topspieler
Trotzdem stimmte der DFB letztlich zu. „Ich verhehle nicht, dass wir im gesamten Verlauf der Diskussion die Bedenken des DFB gegen die Nations League hinterlegt haben“, sagte DFB-Chef Niersbach. „Letztlich aber akzeptieren und respektieren wir den erklärten Wunsch fast aller Uefa-Nationalverbände.“ Nationalteammanager Oliver Bierhoff warnte: „Wir alle stehen in der Verantwortung, die Schraube nicht zu überdrehen“. Doch nicht alle sind gegen den neuen Wettbewerb. Verständnis für die Pläne zeigte die Vereinigung der europäischen Spitzenklubs ECA. „Wir sind nicht gegen den Nations Cup“, sagte der ECA- Vorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern München. Die Nationenliga werde keine negativen Folgen haben für die Vermarktung der Uefa-Klubwettbewerbe, Champions League und Europa League. „Ein angenehmer Nebeneffekt des Konzepts ist, dass unsere Nationalspieler für Freundschaftsspiele nicht mehr um die Welt reisen müssen.“
Freundschaftsspiele wird es jetzt kaum noch geben
Die Nationenliga soll im bestehenden Rahmenkalender untergebracht werden, Freundschaftsspiele, vor allem außerhalb Europas, wird es daher kaum noch geben. Das war besonders der Wunsch kleinerer Nationen, die zuletzt für ihre Testspiele kaum noch Gegner und Einnahmen hatten. Zudem hoffen sie auf frisches Geld aus der Zentralvermarktung der Nationenliga. Ab 2014 veräußert die Uefa die Übertragungsrechte für Pflichtländerspiele, die einzelne Verbände können nur noch Freundschaftsspiele an die Fernsehsender verkaufen. Die Verbände schauten vor allem neidisch auf die Vereinswettbewerbe wie die Champions League, die einigen Klubs viel Reichtum beschert haben und wollten etwas dagegensetzen. Seit drei Jahren liefen die Diskussionen über das neue Format. Vorerst soll es von 2018 bis 2022 stattfinden, aber eine Verlängerung ist bei Erfolg nicht ausgeschlossen.
Für die deutsche Nationalmannschaft ändert sich vorerst nicht viel, sie spielte zuletzt schon meist gegen die größeren Fußballnationen, die mehr sportliche Qualität und höhere Einnahmen versprachen. Dennoch wirkte Bundestrainer Joachim Löw nicht besonders glücklich mit der Neuerung. Wenn man sich weiter mit großen Nationen messen dürfe, könne man aus „rein sportlicher Sicht damit leben“, sagte er. Aber Termine zu finden, um sich mit Nationen wie Argentinien oder Brasilien zu messen, werde nun nicht einfacher.
Die Spielergewerkschaft FIFPro befürchtet trotz gleichbleibender Termine mehr Stress für Topspieler. „Es sollte klar sein, dass es einen Unterschied zwischen einem Freundschaftsspiel und einem Pflichtspiel gibt“, sagte FIFPro-Direktor Tijs Tummers. Die Bundesliga sieht es ähnlich. „Es wäre doch schön gewesen, wenn man Spieler und Trainer miteinbezogen hätte. Der Körper ist nun mal bedingt belastbar“, schimpfte Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp.
Es war nicht die erste umstrittene Uefa- Entscheidung unter Michel Platini. In seiner Amtszeit wurde die EM-Teilnehmerzahl von 16 auf 24 erhöht und die Ausrichtung der EM 2020 in mehreren Ländern beschlossen. Im fernen Astana sprach der Franzose zufrieden von einer „sehr demokratischen Entscheidung“. (mit dpa).
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