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Felix Neureuther, 30, gewann in seiner Karriere elf Weltcuprennen und ist damit der beste deutsche Skifahrer der Geschichte.
© imago/GEPA pictures

Felix Neureuther vor seinem ersten WM-Start: „Ich bin eher der Watteplüschtyp“

Felix Neureuther erklärt vor seinem ersten Start bei der WM seinen Körper, den aggressiven US-Schnee und sein Duell mit Marcel Hirscher.

Herr Neureuther, Marcel Hirscher hat sich kürzlich im Stahlofen fotografieren lassen. Würden Sie sich auch gerne mal als harter Bursche ablichten lassen?

Ich bin sicher nicht der Stahltyp, vielleicht eher der Watteplüschtyp (lacht). Aber wenn man Marcel so sieht, muss man sagen, er stellt schon ziemlich was dar.

Waren Sie eigentlich überrascht, als Sie Marcel Hirscher zum ersten Mal in dieser Saison gesehen haben? Er ist ein richtiges Muskelpaket geworden.

Ja, schon ein bisschen. In den letzten Jahren war er ja auch immer gut beieinander, aber das jetzt ist schon noch einmal ein deutlicher Unterschied.

Im Riesenslalom scheint ihm die Muskelmasse zugute zu kommen. Aber ist sie für den Slalom nicht kontraproduktiv?

Ich hatte früher lange 87, 88 Kilogramm – und die letzten drei Jahre vier Kilo weniger. Das macht sich schon bemerkbar. Ich bin einfach spritziger und kann mich schneller bewegen zwischen den Toren. Ich fühle mich mit weniger Gewicht wohler. Außerdem glaube ich, dass es letztendlich egal ist, ob du mit 200 Kilo Kniebeugen machst oder mit 60 Kilo. Ich trainiere ohnehin sehr wenig mit Gewichten.

Das liegt bei Ihnen aber vor allem an Ihren chronischen Rückenbeschwerden.

Natürlich, auch daran. Wenn es vom Rücken her gehen würde, würde ich schon mehr mit größeren Gewichten trainieren. Aber das Schöne ist doch, dass es viele verschiedene Wege gibt, die ans Ziel führen. Der eine ist ein sehr kräftiger Typ, der andere mehr der schnellkräftige. Und bei mir sind die koordinativen Fähigkeiten sehr gut ausgeprägt. Für die Abfahrt brauchst du sicher mehr Kraft, aber im Riesenslalom und vor allem beim Slalom kannst du es mit Technik und mentaler Stärke wettmachen.

Warum haben Abfahrer wie Aksel Lund Svindal oder Kjetil Jansrud, die früher erfolgreich im Riesenslalom waren, mittlerweile Schwierigkeiten, in dieser Disziplin mitzuhalten? Liegt das alleine an den modifizierten Skiern?

Man muss mit den neuen Skiern im Schwung selbst wesentlich mehr Aufwand betreiben, damit du die Skier um die Ecke bekommst.

Aber an der Kraft dürfte es bei den Abfahrern nicht scheitern.

Aber mit den Skiern im Riesenslalom hast du nur eine Chance, wenn du mit einem extremen Aufkantwinkel fährst. Nur dann bringt man die Ski um die Kurven, vor allem bei der Kurssetzung, die wir mittlerweile haben.

An den Kurssetzungen gab es zuletzt häufig Kritik. Was hat sich da geändert?

Es ist schon komisch, denn vor der Materialumstellung wurden die Kurse viel weiter und gerader gesteckt. Aber da waren die Skier noch viel kürzer, also man bekam sie leichter um die Kurve. Mit den längeren Skiern sind sie enger und drehender, das passt doch nicht. Das ist auch ein Grund, warum die Slalomfahrer besser zurechtkommen als die Abfahrer.

Was bezwecken die Kurssetzer damit?

Sie wollen die Geschwindigkeit rausnehmen, ganz einfach.

Muss sich also die Kurssetzung ändern?

Im Slalom nicht, es sollte nur nicht ins Extreme gehen wie beim Weltcup-Finale in Lenzerheide, als der Trainer von Marcel Hirscher gesetzt hat und klar war, dass man bei dem Schnee damals ab Startnummer fünf keine Chance mehr haben würde. Aber beim Riesenslalom geht der Trend in die falsche Richtung. Denn es sieht auch im Fernsehen nicht mehr so gut aus – und das hilft dem Skisport nicht.

Wagen Sie einen Tipp: Wer holt bei der WM Gold im Riesenslalom und im Slalom?

Ted Ligety ist für mich immer im Riesenslalom Favorit, genauso wie im Slalom Hirscher Favorit ist.

Aber in dieser Saison hat Hirscher den Riesenslalom dominiert und Sie führen in der Slalomwertung.

Auf dem Schnee in Europa, der nicht so aggressiv ist wie hier in Amerika, musst du sehr viel selbst arbeiten, um den Ski um die Kurve zu bekommen. Da ist Marcel einen Schritt voraus. Aber auf dem Schnee hier in Beaver Creek, auf dem es vor allem darum geht, dass du den Ski immer auf Zug hältst und ihn nicht arbeiten lässt, hat jemand wie Ligety einen Vorteil. Das hat dann nichts mit der Kurssetzung zu tun.

Und wie kommen Sie mit dem aggressiven Schnee zurecht?

Mir ist das wurscht. Aber bei meiner Skifirma habe ich den Vorteil, dass wir nicht so viele verschiedene Skier haben. Andere Fahrer testen dagegen hin und her und betreiben einen irrsinnigen Aufwand.

Sie mussten sich hier in den USA also nicht mehr viel mit Skitesten beschäftigen?

Nein, da ging es mehr noch darum, wie man den Schwung aufbaut. Als ich noch bei einer anderen Firma war, habe ich einen riesigen Aufwand betrieben, um die richtige Abstimmung zu finden. Jetzt kann ich mich wieder auf meine Technik und aufs Skifahren konzentrieren.

Ihrem Konkurrenten Hirscher scheint das aber nichts auszumachen.

Marcel ist halt ein massiver Perfektionist.

Sie nicht?

Nein. Ich bin sehr ehrgeizig, aber diesen Drang nach Perfektionismus hat mir Marcel voraus. Für mich sind andere Sachen im Leben wichtiger als der Skisport.

Ein Funktionär hat mal gesagt, dass Hirscher sehr viel mit Athletik macht und Sie mit noch mehr Talent. Stimmen Sie zu?

Nein, so würde ich es nicht sagen. Marcel probiert es halt immer mit der Brechstange. Er muss unheimlich viel Energie reinstecken, ich bin eher der Gefühlsskifahrer. Ich fahre mit weniger Aufwand. In meinem Alter wüsste ich ja gar nicht mehr, wo ich diese Energie hernehmen sollte.

Sie schaffen es seit ein paar Jahren, mit weniger Trainingsaufwand als die Konkurrenz erfolgreich zu sein. Wie lange geht das noch gut?

Ich weiß es nicht. Das lasse ich auf mich zukommen. Aber nach einer Saison denke ich mir schon manchmal: Wie soll das gehen, dass ich das so weitermache?

Sie sind in Österreich extrem populär, obwohl Sie der große Konkurrent von Hirscher sind. Haben Sie eine Erklärung dafür?

In Österreich wird der Skisport anders gelebt, vielleicht deshalb. Dort ist es zum Beispiel wurscht, dass meine Eltern auch Skirennläufer waren.

Haben Sie denn noch immer das Gefühl in Deutschland, als Sohn von Rosi Mittermaier und Christian Neureuther gesehen zu werden?

Nein, das hat sich schon geändert. Aber in Österreich haben sie mich von Anfang als Felix gesehen und nicht als Sohn von … Das ist der Unterschied.

Ist das Duell mit Hirscher nur gut für die Popularität oder bringt Sie das auch sportlich weiter?

Es pusht ungemein. Wenn der Marcel schneller ist, dann denke ich mir, jetzt muss ich aber noch mehr Gas geben und attackieren. Und ich glaube, umgekehrt ist das genauso.

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