Kolumne: Fußball lieben: Ich als Verein muss liefern
Unser Kolumnist ist seit bald 15 Jahren Mitglied einer Fußball-Tipprunde. Momentan ist die anvisierte Meisterschaft allerdings ganz weit weg.
Der Verein steckt in Abstiegsnöten. Zum Glück ist das Umfeld ruhig. Und der Trainer auch. Umfeld und Trainer bin ich selbst. Denn frei nach dem legendären Jean Löring von Fortuna Köln bin ich der Verein. Beim Tippspiel, an dem ich teilnehme. Seit bald 15 Jahren. Andere Tippspiele habe ich aufgegeben, aber an diesem hänge ich sehr.
Das Besondere ist, dass es jeden Spieltag einen direkten Gegner gibt, wie im richtigen Fußball-Leben. Wer gewinnt, bekommt zwei Zähler (ja, das gab es auch mal in der Bundesliga!) in der Tabelle. Es kommt daher auch auf die Tipps des Kontrahenten an. Die Regeln haben es in sich: Richtig vorausgesagte Auswärtssiege bringen mehr Punkte, viele getippte – und dann tatsächlich gefallene – Tore auch. Der Clou: Wer beispielsweise 7:1 tippt, bekommt auch bei 0:1 einen Punkt, weil die hintere Zahl stimmt. Jedes Tor kann alles verändern. Verstanden? Nein? Keine Sorge, ging mir anfangs auch so.
Der Organisator hat die Tipprunde 1972 ins Leben gerufen, inzwischen wird in zwei Ligen gespielt. Je 18 Vereine, also Teilnehmer, mit Auf- und Abstieg. Neueinsteiger müssen sich qualifizieren. Ich hatte es im dritten Versuch geschafft. Seinerzeit habe ich mich für die Tippabgabe – nicht ganz der technischen Entwicklung entsprechend – in die Welt der Faxgeräte eingefuchst, weil der Zweitliga-Leiter keine Mailadresse hatte.
Mehrere Tipper haben über die Jahrzehnte die Lizenz zurückgegeben. Begründung: „Das machen meine Nerven nicht mit.“ Ich hatte oft einen Zettel mit den Tipps aller Spieler dabei und habe live mitgepunktet. Irgendwann habe ich es zwecks Nervenschonung aufgegeben. Fast jedenfalls. Wenn es richtig entscheidend wird, kommt der Zettel weiterhin zum Einsatz.
Aktuell bin ich Vorletzter der Ersten Liga. Alle vier Heimspiele (da darf man zwei Tippreihen abgeben, der Gegner eine) habe ich verloren. „Noch eine Niederlage und Du bist einsame Spitze. So eine Serie hat es bisher nicht gegeben“, hat mir Peter jetzt mitgeteilt. Er hat mich zum Spiel geholt. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar. Oder auch nicht. Das variiert je nach Tabellenstand. Meine momentane Gefühlslage dürfte klar sein. Dabei war ich vor Saisonstart zuversichtlich und habe mich als Meister getippt. Wie immer. Hat noch nie geklappt. Aber diesmal läuft es extrem mies. Ich als Verein stecke in Schwierigkeiten und muss liefern.