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Beim Abschiedsspiel von Andrea Pirlo traf Buffon auf alte Weggefährten wie Filippo Inzaghi.
© Daniele Mascolo/Reuters

Abschied aus Italien: Himmel und Hölle mit Gianluigi Buffon

Im Alter von 40 Jahren verlässt mit Gianluigi Buffon einer der letzten großen Fußballer Italiens das Land. Der Torwart steht wohl vor einem Wechsel nach Paris.

Es ist purer Zufall und doch wirkt es wie geplant. San Siro, natürlich San Siro. Zum achtundvierzigsten Mal. Zwei Tage nach seinem letzten Spiel für Juventus Turin betritt Gianluigi Buffon am Pfingstmontag in Mailand vermutlich zum letzten Mal als Fußballprofi ein italienisches Stadion. Es ist nur das Abschiedsspiel von Andrea Pirlo, der sportliche Wert Nebensache – und doch schließt sich für Buffon ein Kreis.

Am 5. März 1989, Buffon ist gerade elf Jahre alt, spielt er mit einer Auswahlmannschaft seiner Heimatstadt Carrara im Vorprogramm von Inter. Bei den Mailändern ist damals Giovanni Trapattoni Trainer, im Mittelfeld führt ein gewisser Lothar Matthäus Regie und das San Siro wird für die WM 1990 umgebaut. Während bei der Heimweltmeisterschaft ganz Italien mit Roberto Baggio und Totò Schilacci fiebert, ist Buffon vor allem von einem afrikanischen Torwart fasziniert.

Im Auftaktspiel gewinnt Thomas N’Kono mit Kamerun in San Siro sensationell 1:0 gegen Argentinien um Diego Maradona, erst im Viertelfinale ist für das Überraschungsteam Endstation. Es ist ein Erweckungsmoment für Buffon, der bis dahin im Mittelfeld spielt. Er besorgt sich Handschuhe, stellt sich zwischen die Pfosten und wird zu einem der besten Torhüter der Fußballgeschichte.

Fast 30 Jahre nach seinem ersten Auftritt in San Siro verlässt Buffon Italien nun mit großer Wahrscheinlichkeit. Seinen Abschied von Juventus Turin hat er bereits verkündet, am Samstag stand er im letzten Ligaspiel noch einmal im Tor des Rekordmeisters – 6111 Tage und 18 Klubtitel nach seinem Debüt im August 2001. In der 63. Minute wird er ausgewechselt, natürlich ohne ein Gegentor kassiert zu haben. Das Spiel ist ewig lange unterbrochen, die Fans stehen und weinen, auch Buffon laufen ein paar Tränen über die Wangen. Alle wollen ihn noch mal anfassen. Für Mitspieler und Gegner gibt es Küsschen, dann geht Buffon auf eine schier endlose Ehrenrunde.

Verhandlungen mit PSG laufen

Er tritt ab als Meister und Pokalsieger und hat bei Juve eine der ereignisreichsten Phasen der Vereinsgeschichte wesentlich geprägt. Als frisch gekürter Weltmeister geht er nach dem Zwangsabstieg 2006 mit in die Serie B, muss fünf Jahre auf den nächsten Titel warten und wird für diese Treue zuletzt mit sieben Meisterschaften sowie vier Pokalsiegen in Folge belohnt. „Er ist mit uns durch Himmel und Hölle gegangen“, sagt Andrea Agnelli.

Juves Präsident hat Buffon einen Job im Management in Aussicht gestellt, vieles deutet aber darauf hin, dass die Torwartikone auch nach 23 Jahren noch nicht genug vom Profifußball hat. Einen Wechsel innerhalb Italiens hat er ausgeschlossen, die Verhandlungen mit Paris St. Germain sollen Medienberichten zufolge bereits sehr weit fortgeschritten sein.

Auch wenn Buffon mehrfach betont hat, dass die Champions League trotz dreier Finalniederlagen für ihn keine Obsession sei, wird die Hoffnung auf den letzten fehlenden Klubtitel bei seiner Entscheidung sicherlich eine große Rolle spielen. Auch im fortgeschrittenen Fußballeralter von 40 Jahren will Buffon seine Karriere nicht einfach ausklingen lassen, dafür ist er zu ehrgeizig. „In einer dritt- oder viertklassigen Liga würde ich mich nicht wohl fühlen“, sagt Buffon.

Vor allem der Mensch Gigi Buffon wird Italien fehlen

In Italien wird Buffon in jedem Fall eine große Lücke hinterlassen und zwar nicht nur im Fußball, sondern auch gesellschaftlich. In einer Phase der nationalen Verunsicherung, in der Populisten die Politik dominieren, jeder dritte junge Erwachsene arbeitslos ist und die Nationalmannschaft – natürlich in San Siro – erstmals seit 60 Jahren die WM verpasst hat, geht mit Buffon eine der wenigen Persönlichkeiten, die partei- und vereinsübergreifend respektiert wird.

Viel mehr noch als der Torwart wird der Mensch Gigi Buffon fehlen. Sein Charisma und sein fast immer vorgelebtes Fairplay haben ihn zum Elder Statesman des Weltfußballs gemacht, doch in Italien lieben sie ihn vor allem, weil er wie das Land und seine Bewohner Fehler macht und immer Mensch geblieben ist. „Ich bin eine Person, die sich von Zielen und Träumen ernährt“, sagt Buffon. Dem großen Traum von der Champions League jagt er künftig wohl in Paris nach.

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