Hertha - Gladbach 1:2: Hertha verliert zu Hause trotz Führung
Hertha BSC unterliegt Borussia Mönchengladbach trotz einer 1:0-Führung. Marco Reus erzielt zwei Tore und bereitet Lucien Favre eine erfolgreiche Rückkehr ins Berliner Olympiastadion.
Das erste Duell des Tages entschied Lucien Favre um Längen für sich. 13:1 hieß es für den Trainer von Borussia Mönchengladbach gegen Markus Babbel, seinen Nach-Nachfolger als Coach von Hertha BSC. 13 Fotografen und Kameraleute hielten Favres Gang zur Trainerbank für die Nachwelt fest, auf der anderen Seite hatte sich ein einziger Fotograf postiert. Das Motiv Babbel im Olympiastadion gibt es ja auch alle zwei Wochen. Lucien Favre war zuletzt vor gut 26 Monaten in der Arena, damals noch als Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten. Bei seiner Rückkehr wurde der Schweizer von vergleichsweise freundlichen Pfiffen empfangen. Seine Sympathiewerte konnte Favre auch im weiteren Verlauf des Nachmittags nicht mehr entscheidend verbessern. Die Gladbacher siegten 2:1 (1:1) und konnten zum ersten Mal seit neun Jahren wieder in Berlin gewinnen. Herthas Trainer Markus Babbel bot vor 60.556 Zuschauern dieselbe Elf auf, die zuletzt 3:2 in Wolfsburg gewonnen hatte. Patrick Ebert und Änis Ben-Hatira schafften es nach ihrer Suspendierung zwar wieder in den Kader, mussten aber zunächst auf der Bank Platz nehmen. Ebert kam 25 Minuten vor Schluss beim Stand von 1:2 für Nikita Rukavytsya aufs Feld, um Herthas Spiel noch einmal einen neuen Kick zu verpassen. Von einem Lattenschuss Raffaels abgesehen wirkten die Bemühungen der Berliner um den Ausgleich aber insgesamt recht harmlos. Dabei hatte Hertha mehr als ordentlich begonnen. Babbels Mannschaft verteidigte sehr viel offensiver, als sie es sonst zu tun pflegt. Die Viererkette rückte bis an die Mittellinie vor, um den bespielbaren Raum zu verknappen und damit die scheinbar endlosen Ballstafetten der Gladbacher zu unterbinden. Das funktionierte meist sehr gut, barg aber auch die Gefahr, bei schnellen Vorstößen der Gladbacher regelrecht überrannt zu werden, so wie schon in der zweiten Minute, als Mike Hanke die Leerstelle in Herthas Viererkette erkannte, der Angriff aber bei Marco Reus versandete. Im Gegenzug verpasste Pierre-Michel Lasogga eine scharfe Hereingabe von Rukavytsya nur denkbar knapp. Statistisch gesehen hatte Hertha das Spiel nach etwas mehr als einer Viertelstunde eigentlich schon gewonnen: genau in dem Moment nämlich, als Adrian Ramos einen schneidigen Konter mit einem präzisen Schuss durch die Beine von Gladbachs Torhüter Marc-André ter Stegen zum 1:0 abschloss. In allen bisherigen Auswärtsspielen der Borussia war exakt ein Tor gefallen: Zweimal gewannen die Gladbacher 1:0, dreimal verloren sie 0:1.
Aber der Fußball hält sich nicht immer an die Statistik. So wie Hertha sich offensichtlich nicht an die taktische Vorgabe des Trainers hielt. Bis zum 1:0 hatte die Mannschaft mit ihrer Vorwärtsverteidigung und großer Entschlossenheit in den Zweikämpfen das Kombinationsspiel der Gäste lahmgelegt. Nach der Führung aber begaben sich die Berliner intuitiv in eine Verteidigungshaltung. Die Viererkette ließ sich etwas nach hinten fallen, die Gladbacher hatten mehr Platz, vor allem mehr Zeit – und holten sich nun die nötige Ballsicherheit. Nach einer halben Stunde hatte sich die Mannschaft von Lucien Favre ihren Gegner zurechtgelegt: Patrick Herrmann spielte im rechten Moment einen Pass in den Berliner Strafraum, Reus sprintete im Rücken von Mike Franz in den freien Raum und vollendete mit einem Schuss ins lange Eck zum 1:1. Franz hatte den Ball beim Versuch, mit einer Grätsche das Schlimmste zu verhindern, so abgefälscht, dass er sich knapp neben dem Pfosten ins Netz drehte.
Gladbachs Nationalspieler hatte Herthas Innenverteidiger in dieser Szene nicht besonders gut aussehen lassen. Franz revanchierte sich kurz darauf auf seine Weise. Im Mittelkreis grätschte er mit dem rechten Fuß nach dem Ball, mit dem linken räumte er Reus ab. Es fällt schwer, Franz bei dieser Aktion keine Absicht zu unterstellen. Schiedsrichter Tobias Welz, der ohnehin ein recht seltsames Maß bei der Bewertung von Zweikämpfen zeigte, ahndete die Attacke nicht einmal mit der Gelben Karte. Insgesamt wirkte Hertha etwas mutiger als beim jüngsten Heimauftritt gegen Mainz – nach der Pause vielleicht sogar etwas zu mutig. Babbels Mannschaft ließ sich auf ein erstaunlich offenes Duell ein und bot den Gladbachern damit noch ein bisschen mehr Platz. Geradezu exemplarisch war das in der 55. Minute zu sehen, als Filip Daems mit einem Diagonalpass von der Mittellinie Herthas komplette Defensive aushebelte. Juan Arango schnappte den Ball aus der Luft, scheiterte zwar noch an Torhüter Thomas Kraft, doch Marco Reus traf mit einem Volleyschuss zum 2:1 für die Gäste. Für den Nationalspieler war es der siebte Saisontreffer – und das vierte Tor hintereinander. Lucien Favre freute sich in der gebotenen Stille.